T W E N T Y

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Sobald ich mich etwas beruhigt hatte, entschloss ich mich endlich schlafen zu gehen. Ich war fertig, völlig kaputt und wollte nichts mehr, als mich hinzulegen.

Gerade als ich aus dem Bad lief, beendete Lewis das Telefonat. Er sah mich an als ich um das Bett herum lief um mich auf die andere Seite zu legen. „Alles gut, mein Schatz?" Ein wenig Besorgnis lag in seiner Stimme, wahrscheinlich war ich vollkommen bleich im Gesicht. Ich hatte nicht mehr in den Spiegel geschaut, daher wusste ich es nicht. „Ja, ich bin einfach nur müde." Ich kuschelte mich ganz nah an ihn, momentan brauchte ich seine Nähe mehr als je zuvor. In meinem Kopf spukten all diese bösen Gedanken, nicht zu vergessen mein schlechtes Gewissen. Aber ich konnte es ihm einfach nicht sagen, ich brachte es nicht übers Herz. Währenddessen rannte mir die Zeit davon, wie feiner Sand, der mir immer schneller durch die Finger glitt. Und jetzt lag ich hier, in seinen Armen, und verschwieg ihm die Wahrheit. Das war absolut falsch und ungerecht, ich wusste das. Aber ich konnte es ihm nicht sagen, und ich hasste mich so unendlich sehr dafür.

Je länger ich darüber nachdachte, desto näher kam ich dem Schlaf, und als ich schließlich ganz weg war blieb nur ein Gedanke: Ich muss es ihm sagen...

*

Ein leichtes rütteln ließ mich langsam wach werden. Um der viel zu hellen Sonne zu entgehen, welche bereits in meiner Nase kitzelte, drehte ich mich um und zog mir die Decke über den Kopf. „Liv, komm schon." Drängte sich eine Stimme immer weiter in mein Verständnis, doch ich wollte nicht. Lewis zog die Decke von meinem Kopf, ich grummelt verschlafen. „Bitte nicht..."

„Doch, du musst aufstehen." Sagte er und ich spürte wie er mir die Decke vom Körper riss. Ich wollte danach greifen, war jedoch nicht schnell genug. Kälte kroch unter mein T-shirt, jetzt war ich wach, na danke.

„Na los. Ich hab schon Frühstück geholt..." Lewis nickte in Richtung Tür. Erst jetzt bemerkte ich, dass er bereits komplett angezogen war, ich hingegen lag noch im Bett. Wie in aller- Ich unterbrach meinen eigenen Gedankengang, als mich Lewis daran erinnerte, was wir heute noch vorhaben.

Ich beschränkte meine Morgenroutine aufs nötigste ehe ich nach unten ging, wo ich tatsächlich den Geruch von frischen Brötchen vernehmen konnte. „Du bist echt ein Schatz, danke." Ich schenkte Lewis einen morgendlichen Kuss und setzte mich dann an den Tisch. Geistig befand ich mich noch im Bett, schlief seelenruhig und träumte meinen Traum weiter. Dementsprechend sah ich auch aus. Ich starrte ins leere, während ich immer wieder von meiner Spinatstange abbiss, und dabei an nichts dachte.

Nach dem Frühstück war ich zwar immer noch nicht wirklich wacher, aber wir mussten uns trotzdem auf den Weg machen um nicht zu spät zu kommen.

„Willst du Musik machen?" Fragte Lewis, woraufhin ich eifrig nickte. Wir hatten nicht unbedingt den selben Musikgeschmack, trotzdem funktionierten unsere Autofahrten reibungslos, da wir uns beide auch mit der jeweils anderen Musik zufrieden geben konnten. Ich musste nur kurz überlegen, um mich für Pipe von Christina Aguilera zu entscheiden. Lewis wusste nicht, dass ich von seinem Part in dem Song wusste, und es war ihm sichtlich peinlich, als ich das Lied startete. „Denkst du, ich finde nicht heraus, dass mein Freund einen Song mit Christina Aguilera hat?" Grinsend sah ich ihn an.

Seine Hand umschloss das Lenkrad fester, nur für einen ganz kurzen Moment, bevor er sie löste und auf meinen Oberschenkel legte. Gänsehaut rieselte über meinen Körper, während die Haut unter meiner Jeans anfing zu brennen. Aber es war eines was schön war, denn es fühlte sich wirklich herrlich an. „Ich habe nie versucht es vor dir zu verstecken." Sagte er schließlich und sah dabei schon kein bisschen mehr so aus, als war es ihm je peinlich gewesen. Ich meine, nicht dass es einen Grund dafür gäbe, aber in Interviews leugnet er diesen Song immer noch...

Eine gute viertel Stunde später waren wir in Sindelfingen angekommen. Wir wurden von einem netten Mann mittleren Alters empfangen, der vor hatte uns, also eigentlich Lewis, durchs Werk von Mercedes zu führen. Ich wusste eigentlich nicht mal wirklich warum wir hier waren, wenn ich darüber nachdachte. Alles was mir Lewis zuvor gesagt hatte, war, dass wir von einem Kamerateam begleitet werden und irgendwas für den YouTubekanal von Mercedes AMG F1 drehen. Und so war es auch.

Während der Mann vom Empfang, der sich später als Hannes Frey vorgestellt hat, über alles mögliche sprach und uns durch die verschiedenen Abteilungen führte, beschäftigte ich mich mehr damit mir alles anzusehen. Ich verstand zwar nichts von dem hier, aber es war unglaublich zu sehen wie Autos entstehen.

Meine Augen wanderten durch die riesigen Hallen. Überall waren Leute die uns beobachteten, ihre Arbeiten kurz unterbrachen um einen Blick zu erhaschen. Und manchmal, wenn Lewis mit jemand von ihnen sprach, konnte ich die Nervosität der Menschen spüren. Aus irgendeinem Grund hatte ich selber das Gefühl nervös zu sein. Ich sah in die Augen der Menschen und realisierte Dinge, über die ich noch nie zuvor nachgedacht hatte. So zum Beispiel die Tatsache, dass diese Welt auf der wir leben so unglaublich riesig ist, es so viele Menschen gibt, und ein Leben nicht im entferntesten reicht, um überall gewesen zu sein. Jeder hat sein eigenes leben, seine eigene Geschichte und lebte in seiner eigenen kleinen Welt. Irgendwie fand ich das komisch, auch wenn es im Moment überhaupt nichts zur Sache tat und komplett aus dem Kontext gerissen war. Aber in meinem Kopf ergab das einfach keinen Sinn.

Es ergab keinen Sinn, dass es so privilegierte Menschen wie uns gab, die sich keine Sorgen um Geld machen mussten und für die der Ruhm normal war, während andere ums überleben kämpften. Und es ergab keinen Sinn, dass es Menschen gibt die hundert werden, und manche nichtmal zwanzig. Für mich war das die Definition von unfair. Deshalb verstand ich nicht, warum es still wurde, wenn wir den Raum betraten, warum manche Leute zitterten, wenn sie Lewis sahen. Wir waren doch alle irgendwie gleich...

Ich wurde schlagartig aus dem Meer an Gedanken gerissen, als jemand meine Hand fester drückte. Ich sah zu Lewis, der mir augenscheinlich keine Beachtung schenkte und sich voll und ganz auf das konzentrierte was vor uns passierte. Trotzdem hatte er bemerkt wie ich langsam aber sicher abdriftete und nicht mehr bei der Sache war, während ich nicht mal wahrnahm, dass er meine Hand hielt. Er kannte mich einfach viel zu gut, und das war auf eine gewisse Weise sogar beängstigend. Wie er meine Körpersprache las, ohne mich anzuschauen. Wie er mich verstand, ohne dass ich überhaupt etwas sagen musste. Und trotz dessen, übersah er das offensichtlichste von allem, nämlich den Fakt, dass ich früher oder später sterben würde. Er konnte es nicht leugnen, ich hatte es ihm schließlich gesagt, er hatte es praktisch aus mir rausgequetscht an diesem Abend auf der Party. Aber irgendwie hatte ich das Gefühl, er würde versuchen es zu ignorieren, mit aller Kraft irgendwie überspielen. Denn er war nicht dumm, ganz im Gegenteil sogar, aber das versuchte er irgendwie zu verdrängen...

Ich wusste nicht an was es lag. Vielleicht konnte er mit der Wahrheit doch nicht umgehen oder er hat es einfach nicht realisiert. Aber eins war klar, wir werden nicht zusammen alt, und das wusste er.

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Oh gott Leute, wenn ich das hier Korrektur lese find ich's selber echt traurig...

Vergesst wie immer nicht zu Voten und zu kommentieren, das ist mir eine wertvolle Rückmeldung <3

Toxic Love - the beginning of the end (Band 2) | Lewis Hamilton FFWhere stories live. Discover now