Der verlorene König

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Den ganzen Tag verbrachten sie damit, sich im Schwertkampf zu üben. Wie Harry Louis bereits versichert hatte, war er keinesfalls der Schlechteste. Buck hatte durch seine verletzten Hände, die man ihm bei der Folter zertrümmert hatte, große Schwierigkeiten, das Schwert festzuhalten und es landete mehrmals im Gras. Veland, der ein steifes Bein hatte, konnte sich nicht so wendig und flink bewegen und Ed war einfach zu schwach, das schwere Schwert anzuheben. Es gelang ihm immer nur für wenige Momente, es in der Luft zu halten.

Cuthbert, Zayn und Harry schienen allesamt gleich stark zu sein und lieferten sich ziemlich harte Kämpfe, die sie irgendwann nur noch zu Dritt ausfochten, als alle anderen schwer atmend und außer Puste im Gras lagen. Alle machten den Eindruck, als könnten sie sich kaum mehr bewegen und beobachteten müde den Kampf von Zayn, Harry und Cuthbert aus dem Letzterer als Sieger hervorging, nachdem er Harry und Zayn schlussendlich hatte entwaffnen können. „Ich kann nicht mehr." keuchte Harry, fiel auf die Knie und stützte sich schwer atmend mit den Händen auf den Oberschenkeln fest, während er nach Luft rang. Seine Hand zitterte, als er sich über den Mund wischte, nachdem er einmal auf den Boden gespuckt hatte. Auch Zayn war kraftlos und lag im Gras. Seine Brust hob und senkte sich rasch und er atmete durch den Mund ein und aus. „Ich glaube, ich habe gewonnen, oder wie seht ihr das, meine Herren?" fragte Cuthbert, kniete sich neben Zayn und stützte sich auf seinem Schwert ab, während er ebenfalls schwer atmete und doch breit grinste. Flint, der auf dem Boden gelegen hatte, hob mit einem Mal alarmiert den Kopf und sagte: „Leute, ich höre Pferdehufe...." er klang alarmiert und rappelte sich auf, kniete sich hin und drückte ein Ohr an den Boden, lauschte kurz und sprang dann auf: „Los, auf die Bäume, es kommt ziemlich schnell in unsere Richtung." zischte er und alle beeilten sich, auf die Eiche zu klettern. Louis, der ahnte, dass er gerade nicht genug Kraft zum Klettern haben würde, versteckte sich eilig im Baumstamm der Eiche zusammen mit Liam und Flint.

„Was ist passiert?" fragte der Druide misstrauisch, stand auf und kam auf sie zu, als sie schwer atmend in den Baum gestürzt kamen. „Ich habe ein Pferd gehört, dass sich eilig auf uns zubewegt hatte." erklärte Flint und Gwydion zog alarmiert die Augenbrauen zusammen: „Die Wachen haben mich nicht vorgewarnt." sagte er, als bezweifelte er, dass sich wirklich Jemand auf einem Pferd nähern könnte. „Vielleicht waren sie zu langsam." überlegte Louis, fing sich dafür aber jedoch eine sehr verärgerte Miene des alten Mannes ein, der sagte: „Meine Krähen waren bisher noch NIE zu langsam mein Junge. Ich glaube, dass Jemand auf dem Weg zu uns ist, der schon einmal hier gewesen ist und den die Krähen kennen. Ansonsten hätte ich längst schon eine Warnung erhalten." Louis wich Gwydions empörtem Blick aus, während der Druide ihn beiseite schob und durch den Spalt nach Draußen lugte. Das dumpfe Trappeln von Pferdehufen näherte sich und hielt direkt vor der Eiche an. „Oh..." entfuhr es Gwydion und er klang erstaunt. Flint und Louis sahen einander fragend an und warteten dann darauf, dass der Druide handelte. Obwohl sie kaum etwas hören konnten, lauschten sie darauf, was Draußen passierte. Das Pferd hatte angehalten und schnaubte mehrmals, dann war zu hören, dass Jemand abstieg und sich eilig der Eiche näherte. „Nicht schießen!" rief Gwydion plötzlich und Louis zuckte zusammen, denn das hatte er nicht erwartet. Hastig schob sich Gwydion hinaus ins Freie und Louis lugte nun durch den schmalen Spalt. Der Druide unterhielt sich mit einer kleinen Person, die in grün-brauner Kleidung steckte und sich unter einem Umhang verbarg. Louis hatte keine Ahnung, wer sich unter der Kapuze befand, doch der alte Mann schien erkannt zu haben, wer da zu ihnen gekommen war, sonst würde er den Fremden nicht ansprechen. Er machte einen Schritt beiseite und Louis erkannte einen blonden Haarschopf. „Es ist Prinz Niall." flüsterte er Flint und Liam zu, die ihn noch immer neugierig anblickten. „Was? Wie kann das sein? Er ist doch erst auf dem Heimweg gewesen. Hat er so schnell etwas herausgefunden?" Louis zuckte mit den Schultern und wurde dann von Flint aus der Eiche geschoben. Über ihren Köpfen raschelte es und als er den Kopf in den Nacken legte, sah er alle anderen, die eilig nach unten kletterten. Leichtfüßig landeten sie neben Louis im Laub und alle umringten den Prinzen. Dieser schien noch ganz außer Atem zu sein, offenbar war er ziemlich schnell geritten. Das Fell des Pferdes glänzte vor Schweiß und es hatte die Nüstern gebläht, um Luft zu bekommen. Harry war einer der letzten, die vom Baum heruntergekommen waren und er ging direkt auf Prinz Niall zu. Er deutete eine Verbeugung an, bevor er sagte: „Ihr seid schneller zurück, als wir alle erwartet hatten." Der blonde Prinz nickte mit einem bedeutungsschweren Blick. „Er hat etwas herausgefunden, das uns alle einen großen Schritt voranbringen wird." sagte Gwydion, der dabei nicht minder geheimnisvoll aussah. Offenbar wusste er schon um die Neuigkeiten, die der Prinz brachte. „Ich habe den Thronfolger gefunden und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich mich nicht irre." sagte Prinz Niall und alle Merry Men schnappten nach Luft. Damit hatten sie nicht gerechnet und tauschten ungläubige Blicke, während sie darauf warteten, dass der Adelsspross weitersprach. „Ich bin nach Hause geritten und verlangte dort sofort, meinen Vater aufzusuchen. Doch er war auf der Jagd und mein Großvater besprach sich gerade mit einem seiner Berater. Ich war also gezwungen, mir die Zeit zu vertreiben und schlenderte in einem Korridor auf und ab. Dort hängen viele Gemälde unserer Vorfahren und Verbündeten. Ich kenne diese Bilder schon seit meiner Kindheit, doch habe ich sie mir wohl nie gut genug angesehen, denn als ich so an den Portraits auf und ab ging, fiel mit ein Gesicht ins Auge, von dem ich glaubte, es schon einmal gesehen zu haben. Neugierig las ich die kleine Tafel unter dem Gemälde und darauf stand: „Prinz Edward von Cheshire"

Der verlorene KönigWhere stories live. Discover now