Kettenhemden, Schilde und Schwerter

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„Ich hab Angst..." wisperte Louis und Harry hielt ebenfalls inne. „Louis...ich habe auch Angst....aber wenn wir das überstehen, dann haben wir vielleicht Frieden und können in Ruhe auf dieser Burg leben." sagte er, wandte sich zu Louis um und streckte ihm auffordernd die Hand hin. „Wenn du dabei umkommst? Was, wenn sie dich töten?" Louis wagte es, seine Ängste laut auszusprechen und spürte, wie ihm beim bloßen Gedanken daran die Tränen kamen. „Ich werde nicht umkommen. Wir haben so viele junge Männer, die Kraft und Ausdauer für einen Kampf mitbringen. Ich bin mir sicher, dass wir es schaffen werden, Benjamin zu besiegen. Wir haben doch alle viel geübt. Und du warst heute wirklich gut, Louis." Weil Louis noch nicht sonderlich überzeugt aussah, ging Harry auf ihn zu, schloss ihn in die Arme: „Wir müssen uns dieser Gefahr stellen. Ich werde mich genauso schlicht kleiden, wie die anderen auch. Nichts, was ich trage soll darauf hinweisen, dass ich der König bin. Ich werde in Sicherheit sein. Das verspreche ich dir." sagte Harry entschlossen und löste sich von Louis. „Ich sehe in meiner Kammer nach, ob ich meine alte Kleidung noch auftreiben kann. Geh du schon mal in die Waffenkammer und sie zu, dass du ein Kettenhemd findest, das dir passt. Ich komme nach, sobald ich meine Sachen gefunden habe." Harry sprach ruhig und strich Louis dabei mit der Hand über die Wange. „Wir treffen uns dann spätestens mit den anderen im Hof." Er küsste Louis rasch auf die Lippen, lächelte ihn ein wenig nervös an und rauschte dann aus dem Thronsaal. „Wirst du uns begleiten? Ich glaube ich würde mich wohler fühlen, wenn ich dich an unserer Seite wüsste." Louis sah den Zauberer erwartungsvoll an und der nickte: „Ich komme mit. Aber ich werde mich aus dem Kampf heraushalten. Sicherlich kann ich euch aber auf andere Weise zur Seite stehen." Mittlerweile kannte er den alten Mann gut genug, um zu wissen, dass er ihm nicht verraten würde, wie er ihnen im Kampf beistand. Vielleicht hatte er einen Zaubertrick in einem Buch gefunden, der ihnen dabei half, den Kampf zu gewinnen.

Noch während sich Louis ausmalte, was Gwydion alles würde tun können, um ihre Gegner zu schwächen, ging er hinunter in die Waffenkammer. Zwar wusste er nicht genau, wo sie sich befand, denn er war noch nie dort gewesen, doch musste er einfach den Geräuschen folgen, die über den Hof wehten. Das Klirren von Schwertern und das Rasseln der Kettenhemden war schon von weitem auszumachen und lotste Louis eine Treppe hinunter, die auch zu den Kerkern und der Vorratskammer führte.

Die Tür zur Waffenkammer stand offen. Zayn stand neben Veland in der Mitte der schmalen Kammer und hielt ihm ein Schwert unter die Nase. Der Schmied nahm es in Augenschein, strich mit dem Daumen über die Klinge und nickte dann. Überall an den Wänden waren Schwerter und Schilde angebracht, die im fahlen Licht der Fackeln glänzten. Es gab kurze Schwerter, eher Dolche und lange Kampfschwerter, deren Klingen so breit wie eine Männerhand waren und Louis war sich sicher, dass sie so schwer waren, dass er sie kaum würde anheben können. „Jeder sucht sich das aus, was er gebrauchen kann und womit er sich wohl fühlt!" rief Zayn über das allgemeine Klirren und Rascheln hinweg. Die Merry Men durchwühlten die Waffenkammer nach allem, was sie brauchen konnten und veranstalteten dabei einen ziemlichen Lärm. Louis ging zu Leofwine hinüber, der vor einer geöffneten Kiste stand, in der eine Menge Kettenhemden, jedes in Leder eingeschlagen, gelagert waren. „Brauchst du eines, Louis? Hier habe ich gerade eines gefunden, das dir passen könnte." Er bückte sich und zog ein Kettenhemd heraus. Es schien recht schwer zu sein, denn er konnte es Louis kaum bis an den Kragen halten, um die Länge zu bestimmen. Seiner Meinung nach schien es jedoch zu passen, denn er nickte und drückte es ihm in die Hand. Noch nie zuvor hatte Louis ein Kettenhemd getragen, daher überraschte es ihn, dass es so schwer war. Rasch griff er mit der Zweiten Hand zu, um zu verhindern, dass der Stoff aus Eisenringen auf den steinernen Boden glitt. Er schleppte das Kleidungsstück zu einem Tisch und legte es darauf ab. „Kannst du mir zur Hand gehen? Ich glaube, alleine gelingt es mir nicht, mich anzuziehen." bat ihn Draca und hielt Louis auffordernd sein Kettenhemd hin. Mit viel Kraft und Gefluche, schafften sie es, ihm das Ding über den Kopf zu ziehen. Als Louis das Metall losließ und das gesamte Gewicht auf Dracas Schultern lastete, sank der regelrecht zusammen und blickte Louis mit hochgezogenen Augenbrauen an: „Wie soll ich damit denn kämpfen können? Ich kann kaum die Arme anheben." Zum Beweis versuchte er es, kam jedoch nicht weiter, als bis auf Schulterhöhe. „Soll ich dir in dein Kettenhemd helfen?" bot Draca an und Louis nickte dankbar.

Der verlorene KönigWo Geschichten leben. Entdecke jetzt