Schwertkampf am Morgen

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„Wo bist du denn gewesen? Und wo ist Harry? Wir haben euch überall gesucht." Mit diesen Worten wurde er von Zayn empfangen, als er den Thronsaal betrat. Alle Merry Men saßen gemeinsam an der langen Tafel und hatten ihr Abendmahl schon fast beendet. Gwydion war auch bei ihnen und sah Louis nur mit einer hochgezogenen Augenbraue an. Er gab ihm mit Blicken zu verstehen, dass es funktioniert hatte. „Ich war bei Harry." antwortete Louis schlicht und klang dabei so bestimmt, dass Niemand weitere Fragen stellte. Er ging an der langen Sitzbank entlang und suchte sich einen Platz. Zwischen Leofwine und Veland war noch etwas frei und er setzte sich. Auf dem Tisch standen noch ein wenig Brot und Gemüse war auch noch übrig. Louis schnitt sich mit einem Messer eine Scheibe Brot ab und biss hinein. „Wir haben heute viel geübt. Die Soldaten werden immer besser. Du solltest uns morgen begleiten und ebenfalls den Schwertkampf üben." riet ihm Zayn, der Louis direkt gegenüber saß und ihm beim Essen zusah. „Ja, ich bin gerne dabei." sagte Louis und nickte. Jetzt, wo er sich leichter und deutlich freier fühle, freute er sich fast ein wenig darauf, morgen zusammen mit den anderen draußen auf der Wiese zu trainieren und sich zu stärken. Sie mussten jetzt zusammenhalten und als eine Einheit hinter Harry stehen und Louis würde ein Teil davon sein wollen.

Die Seitentür ging auf und Harry betrat den Thronsaal. Er hatte sich die Haare zusammengebunden und wirkte in Gedanken, während er auf den langen Tisch zuging und sich ans Kopfende setzte. „Wo bist du gewesen?" fragte Cuthbert. „Bei meiner Frau." antwortete Harry trocken und Draca warf Leofwine einen vielsagenden Blick zu, der ihm jedoch ernst ansah, woraufhin er sich zusammennahm und den Kopf senkte.

Auch Harry bediente sich nun an den Resten, die noch auf dem Tisch standen und fragte dann Gwydion: „Haben wir schon eine Nachricht von unseren Spielmännern?" - „Nein, aber ich sehe das als gutes Zeichen an, dann sind sie sicherlich noch am Leben." antwortete der Zauberer. „Oder schon tot und nicht mehr in der Lage eine Nachricht zu schicken." flüsterte Zayn und blickte den Zauberer reumütig an, weil er einen solchen Gedanken geäußert hatte. Der alte Mann legte ihm die Hand auf die Schulter und sagte: „Ich werde erfahren, wenn ihnen etwas zugestoßen sein sollte. Mach dir keine Gedanken. Kümmere dich lieber darum, die Soldaten so gut, wie möglich vorzubereiten."

Zayn nahm sich die Aufforderung des Zauberers zu Herzen, denn er löste die Tischgesellschaft rasch auf und schickte sie alle ins Bett. Louis war der letzte, der Harry noch Gesellschaft leistete, während dieser aß. „Ist Thomas bei ihr?" fragte er unvermittelt und Harry nickte: „Ja. Ich habe ihn aus seinem Zimmer holen lassen. Ganz ergeben ist er an mir vorbei in ihre Schlafkammer geschlichen. Es wird ihr gut tun, dass er bei ihr ist. Sie war doch sehr durcheinander." - „Wie geht es dir denn selbst damit?" fragte Louis und legte eine Hand auf Harrys. Der König sah auf und versank kurz in seinem Blick, bevor er antwortete: „Ich bin dankbar, dass du dabei warst. Das hat es sehr viel leichter gemacht." - „Hat es sich...anders angefühlt?" fragte Louis. Er selbst war einer Frau noch nie so nahe gekommen und obwohl er es nicht vorhatte, interessierte es ihn doch. Harry biss von einem Stück Brot ab und runzelte nachdenklich die Stirn, während er kaute. „Nun, ich würde sagen, es war ein wenig weicher...aber weich hin oder her. Wenn einem dabei das Herz nicht bis zum Zerbersten schlägt, dann ist es nicht schön. Und mein Herz schlägt nur bei dir so schnell. Ich kann dich also beruhigen. Du hast keine Konkurrenz bekommen." Rasch setzte er einen Tonkrug an die Lippen, leerte ihn und erhob sich: „Ich muss jetzt ins Bett. In der nächsten Zeit werden wir den Tag damit zubringen, uns im Kampf zu üben. Da sollten wir ausgeschlafen sein." Sie ließen die Teller und Becher so stehen und gingen mit leisen Schritten aus dem Raum.

„Ich werde heute Nacht gut schlafen. Mit diesem Ehevollzug ist mir ein großer Stein vom Herzen gefallen, muss ich sagen. Ich habe das Gefühl, endlich wieder freier atmen zu können." Harry schloss Louis in seine Arme und der ließ es nur allzu gerne zu. Die Felle und Decken wärmten sie und er schon ein Bein zwischen Harrys Oberschenkel, um sich ein wenig zu wärmen und sich noch näher an ihn heran zu schmiegen. In der Burg war es still und zum ersten Mal seit langem, rüttelte kein Wind an den Fenstern der königlichen Gemächer. Der Winter würde sich in den nächsten Wochen in den Frühling verwandeln und sie damit endlich in eine bessere Zeit entlassen, die hoffentlich weniger anstrengend war. Louis mochte den Anblick von Schnee immer sehr gerne, doch wenn die Tage so kurz waren und man selten die Sonne auf der Haut spüren konnte, wurde er betrübt und nach einer gewissen Zeit fiel es ihm immer schwerer, Gedanken zu fassen, die einen glücklich machten. Wenn der Frühling jedoch ins Land zog und die Bäume wieder Knospen trieben, man Flüsse und das Gras auf den Wiesen riechen konnte, dann war Louis glücklich. Wenn sie sich nun noch diesem König Benjamin stellten und ihn besiegten, dann würde er vielleicht auf dieser Burg glücklich werden können. Mit einem Lächeln auf den Lippen, küsste er Harry auf die Stirn, kuschelte sich an ihn und schloss nach diesem ereignisreichen Tag die Augen.

Der verlorene KönigTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon