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L e v i

"Wenn ich dir gebe, was du willst, hörst du dann auf, Valerian wegen mir fertig zu machen?"

Amaya's viel zu sichere Stimme und die Bedeutung hinter ihren Worten lassen mein Herz aussetzen. Ich kann die Wucht direkt in meiner Brust spüren, so stark, dass ich den Atem anhalte.

"Und was denkst du, was ich von dir will?", fragt Adam, und ich schwöre, ich kann das Lächeln auf seinen Lippen vor mir sehen.

"Hilfe bei deinem Kunstprojekt."

Adam lacht so laut, dass ich mein Gesicht verziehen muss.

"Oh nein, Amaya. Denkst du wirklich, ich würde mich mit so wenig zufrieden geben?"

Ich weiß, was er von ihr will.
Ich weiß, was er von meiner Schwester wollte.
Und ich weiß, dass er es sich holen wird. Egal, was es kostet.

"Was willst du dann?"

"Alles."

"Alles?"

"Alles, Amaya."

Alles, Amaya. Alles, Amaya. Alles, Amaya.

Seine Stimme bohrt sich direkt in mein Gehirn. Seine Worte sind zu viel für meinen Körper, sodass ich mich schweratmend an der Wand abstützen muss. Dieser unfassbare Hass, der mich die letzten Monate angetrieben hat, überfällt mich jetzt innerhalb von ein paar Sekunden. Ich denke, die ganze Welt mit bloßen Händen in Zwei zerreißen zu können. Aber viel mehr ist da noch diese unaussprechliche Angst. Sie schießt durch meinen ganzen Körper, lässt ihn stark zittern und mich nach einer gefühlten Ewigkeit nach Luft schnappen. Ich scheitere. Realisierend, was genau in diesem Moment passiert, schafft es mein Körper nicht einmal, so etwas einfaches wie Atmen zu tun.

"Amaya", kommt es viel zu leise über meine Lippen. Natürlich hört sie mich nicht. Mir wird es jetzt bewusst, wie weit entfernt ihre Stimme war. Sie kann nicht wissen, dass Adam mich angerufen hat und ich ihr Gespräch mithören kann. Irgendwie macht es das noch so viel schlimmer.

"Und dann lässt du Levi in Ruhe?"

Ich bete, dass Adam nein sagt. Dass Amaya erkennt, wie sinnlos das alles ist. Aber es ist still, und ich denke, Adam nickt, denn darauf sagt Amaya nur, "Okay".

Ein einziges Wort. Ein einziges verdammtes Wort, und meine ganze Welt hört auf sich zu drehen.

Ich lasse mein Handy einfach aus meiner Hand fallen, vergesse auf dem Weg nach unten meinen Motorradhelm und meine Jacke und ignoriere die verwirrten, fast schon panischen Rufe meiner Mutter, als ich einfach auf mein Motorrad steige und davon rase, die Haustür noch immer weit aufgerissen.

Ich habe keine Ahnung, wie ich es durch die Straßen schaffe. Ich sehe keine Stoppschilder, keine roten Ampeln und keine wütenden Autofahrer. Ich höre kein lautes Gehupe, kein fassungsloses Gebrülle.

Ich sehe bloß Adam und Amaya. Ich höre bloß Alles, Amaya und Okay. Ich sehe mich, wie ich daran scheitere, die Person, die ich mehr als mich selbst liebe, zu beschützen.

Es wäre mir egal, wenn es hierbei um mich gehen würde. Es ist mir egal, dass meine Reifen bereits zum dritten Mal unkontrolliert über die inzwischen leere Straße rutschen, weil die Konsequenzen nur mich betreffen würden. Es ist mir egal, dass für mich innerhalb von ein paar Sekunden alles vorbei sein könnte.

StormWo Geschichten leben. Entdecke jetzt