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A m a y a

Es ist diese absolute Furcht in Levi's Augen, die mich realisieren lässt, was ich getan habe. Und dass es wahrscheinlich nicht zählt, weil es Adam nicht dazu bringen wird, sein Versprechen zu halten.

Ich lasse meine Hand von Levi's Wange fallen, um mit meinen Fingern den Schluchzer abzufangen, der mit warmen Tränen aus mir heraus bricht.

Ich dachte, ich könnte wieder geradebiegen, was ich verbockt habe. Stattdessen habe ich alles nur noch schlimmer gemacht.

Weil ich genau das tue. Weil ich versuche, das Richtige zu tun, und immer wieder versage.

Wie kann alles, was ich tue, so verdammt falsch sein? Wie kann es sein, dass ich Levi schade, wenn ich in seinem Leben bin, und wenn ich mich raushalte? Wie kann es sein, dass ich ihm nur noch mehr Probleme und Sorgen bereite, wenn ich ihm doch eigentlich helfen wollte, sie loszuwerden?

Wieso zur Hölle kann ich mich nicht endlich loswerden? Wieso muss ich so anhänglich sein, so nervig, so stur und so laut und viel zu leise? Wieso muss ich ich sein?

Ich will das nicht mehr. Ich will nicht mehr ich sein. Aber dann legt Levi seine Arme um mich und zieht mich zu sich, diese vertraute Wärme sich um meinen Körper schmiegend, und ich will im Moment nirgends lieber sein, als genau hier. Ich will niemand lieber sein, als ich.

"Ist schon in Ordnung", flüstert er, die Tränen auf seine Wangen auch aus seiner Stimme rauszuhören.

Ich habe keine Ahnung, was passiert ist oder wie er von meinem Gespräch mit Adam erfahren hat, aber ich weiß, dass es so viel schlimmer ist, als alles, was wir jemals zusammen durchstehen mussten. Wir konnten einander unsere Wunden heil küssen, jede Träne auffangen und den Schmerz des anderen annehmen, aber kein zarter Kuss, keine sanfte Hand und kein geöffnetes Herz werden hier helfen können.

Es liegt in der Art und Weise, auf die Levi sein Gesicht in meiner Halsbeuge vergräbt. Sein Versuch, sich vor der ganzen Welt zu verstecken. Vielleicht auch vor sich selbst. Und ich will nichts lieber, als ihm diese Zuflucht zu bieten.
Weil ich sie selbst auch so sehr brauche.
Mit meinen Armen um seinen Nacken geschlungen und meiner Stirn auf seiner Schulter lehnend finde ich das Schutzschild für meine Seele.

Ich denke nicht an das, was zwischen uns passiert ist oder daran, wie kompliziert das alles ist. Für einen Moment vergesse ich sogar, in was für einer Klemme wir stecken. Ich halte einfach nur meinen besten Freund in meinen Armen und denke an die Versprechen, die wir einander vor sieben Jahren gegeben haben. Mit dem Eingehen einer Freundschaft versprechen zwei Herzen sich, einander zu beschützen. Und ein Herz vergisst so etwas nicht einfach. Egal, wie viel Zeit vergangen ist.

Bereit, für die Sicherheit unserer Herzen zu kämpfen halten wir einander fest, als würden unsere Leben davon abhängen. Weil es so ist. Weil unsere Leben gerade von genau diesem Moment abhängen. Dieser Stärke, die wir ineinander suchen. Die Hilflosigkeit, die wir miteinander teilen.

"Hat er dir wehgetan?", fragt Levi, seine Stimme noch immer leise, doch die Angst in ihr nicht zu überhören. Ich schüttle meinen Kopf.

"Hat er dich zu etwas gezwungen, was du nicht wolltest?" Ich nicke fast. Dann schüttle ich meinen Kopf erneut.

"Ich wollte es", versuche ich uns einzureden. Ich kann spüren, dass Levi die Luft anhält.

"Amaya-"

"Ich wollte es", weine ich. "Er hat mich nicht gezwungen. Es war meine Entscheidung."

Ich habe nicht nein gesagt. Ich habe mich nicht gewehrt. Wie sollte er wissen, dass ich es eigentlich nicht wollte?

Aber vielleicht sollte er es wissen, oder?

StormWhere stories live. Discover now