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"Du sollst endlich erwachsen werden." "Meine Stiefvater hat mich ja schon mit 18 herausgeworfen." "Ich gab dir dieses Zeit um dich von dem Tod zu erholen." "Du liegt ja nur auf der faulen Haut und trägts nichts bei." "Mit 20 musst du ausziehen"

Tief atmete ich die Luft in meinem Zimmer ein, in welches ich mich nach dem Gespräch verzogen hatte.

Vor Problemen weglaufen. Sehr erwachsen Leo.

Ich hatte mir nur einen Tee holen wollen, da ich mich zwar wieder fit genug fühlte um meinem normalen Alltag nachzugehen, aber der eine Tag im Bett hatten nicht gereicht, um alles auszukurieren. Ich konnte ja von Glück reden, dass die Bauernregel einmal nicht zutraf und ich keine nein Tage flach lag. Mein Vater saß wie so oft am Tisch und lass seine Zeitung und trank den viel zu starken Kaffee komplett schwarz. 

Ich hatte ihn sogar freundlich begrüßt, wobei man an meiner Stimme noch merkte, dass ich eben nicht zu 100% gesund war. Anstatt mich ebenso zu begrüßen hatte er aber tief durchgeatmet -unglaublich künstlich- und hatte angefangen mir zu verkünden, dass ich bin ich 19 war ausgezogen sein müsste. Sein Stiefvater, mein Opa, hatte das selbe wohl mit ihm gemacht, nur mit 18 und er war fest davon überzeugt, dass es ihn zu den richtigen Werten, wie Selbstständigkeit und Manieren, verholfen hatte. 

Ein Jahr mehr gab mein Vater mir, da ich ja erst meine Mutter betrauern musste. Ach wie ehrenwert von ihm. Eigentlich sollte ich nicht traurig deswegen sein. Wollte ich doch eigentlich auch nur weg von hier. Fort in eine Großstadt, wie Köln, Berlin oder Frankfurt. Einfach einer von Millionen sein, die in einer offenen, modernen Gesellschaft lebten und wo doch jeder einzelne egal war. Ich liebte das Dorfleben, aber ich wollte frei sein in der Unendlichkeit der großen Städte Deutschlands. 

Und doch tat es weh, meinen Vater so reden zu hören, einerseits über meine Mutter und anderseits über mich selbst. Ich war nicht unselbstständig, mir fehlte teils nur der Grund es nicht andere machen zu lassen. 

Vielleicht tropfte eine Träne meine Wange hinunter. Vielleicht war ich eine Heulsuse, da ich wegen den Worten dieses Mannes verletzt war, aber ich schwör mir diese Träne die letzte, wegen ihm vergossenen, sein zu lassen. Ein schwer umsetzbarer Vorsatz, wenn ich daran dachte noch länger hier zu wohnen. Und so faste ich den umsetzbaren Vorsatz für diesen Tag. Komisch das dieser erreichbarer war, als nicht zu weinen. Ich würde noch vor meinem 19.Geburtstag ausgezogen sein und mein Leben ohne ihn leben und würde jetzt schon beginnen etwas passendes zu suchen.

Gegen 16 Uhr hatte ich einen Plan für die restliche Woche und einen Aufnahmetermin. Stegi jointe nur Sekunden nach mit dem Channel. Wie begrüßten uns. Er erkundigte sich nach meinem Gesundheitszustand. Ich sagte es ginge mir besser und doch schwan die Trauer in meiner Stimme mit, etwas, das mein Gesprächspartner bemerkte.

"Stress mit deinem Vater?", fragte er einfach heraus und traf damit ja genau ins Schwarze.

"Wenn ich mit 20 nicht ausgezogen bin schmeißt er mich raus.", faste ich zusammen, was er gesagt hatte. Es war nicht mehr viel Zeit, bis ich hier weg sein musste. Ausdiesem Zimmer, was ich in den letzten Jahren in mein Herz geschlossen hatte. 

"Da hast du nicht mehr viel Zeit, oder?" 

"Etwas über drei Monate."

"Hast du schon Pläne, wo du hinwillst." Stegi klang mitleidig. Ich tat ihm leid, etwas was ich bei fast jedem anderen unglaublich hasste tat bei ihm seltsam gut. 

"Ich will nicht zurück in die Pampa. Mich zieht es eher in die Großstädte. Einfach in der Hauptstadt in den Millionen von Menschen verschmelzen. Problem wird halt nur in so kurzer Zeit eine Wohnung zu finden, welche ich mir leisten kann." Ich konnte Stegi vertrauen. Und deswegen kam ich mit diesen Unsicherheiten zu ihm. Andere in meinem Alter hätten vielleicht ihre Eltern gefragt, aber meine Ansprechpartner waren zwar ein paar Jahre älter als ich, aber lange nicht meine Eltern, sondern meine Freunde.

"Nen Kumpel von mir wohnt in Berlin. Er meinte letzten sein Nachbar würde bald ausziehen, vielleicht kann ich ihn  ja mal fragen.", schlug Stegi vor und in diesem Moment wäre ich ihm am liebsten um den Hals gefallen. Eine Wohnung in Berlin. Vielleicht doch nicht so unmöglich für mich. Mehr als nur ein Traum, den man vor den Schlafengehen träumt und bei dem man sicher weis, dass er eh nie real wird.

"Würdest du das wirklich für mich tun?", fragte ich von Freunde überrumpelt und meine Augen strahlten glücklich den Bildschirm an.

"Klar. Das machen Freunde für einander." Mein Lächeln wurde wenn möglich noch breiter. Womit hatte ich so einen tollen Freund verdient.

"Danke!" Ich wusste nicht, wie ich meinen Dank ausdrücken konnte, so überwältigt war ich von der Entwicklung dieser Unterhaltung.

So schrieb Stegi seinem Kumpel doch tatsächlich wegen der Wohnung und dann streamten wir und es machte solch einen Spaß. Der Minecraft Grind ging weiter und man merkte, dass ich langsam besser wurde. Naja auf dem Level, dass ich inzwischen das Rezept für Tools und andere häufig benötigte Sachen auswendig konnte und allgemein die einfachen Basics. 

Ich fühlte mich als wäre ich der beste Spieler einen Irongolem mit Pfeil und Bogen zu töten und Stegi gab mir auch noch das Gefühl, als wäre ich wirklich gut.

So wurde es später und wir beendeten gemeinsam den Stream, wobei Stegi mir extra noch schreib er hätte noch etwas zu erzählen. 

"Was gibt es den noch?", fragte ich und gähnte leise auf. Kein Wunder es war schon wieder halb 3 und ich war noch etwas nageschlagen, da konnte man auch mal langsam müde werden, sobald das Adrenalin vom Stream langsam verschwand. 

"Mein Kumpel hatte mir geschrieben wegen der Wohnung. Er hat mal gefragt und das wollen die eh eher so intern weiter vermieten, also kann er da für dich einen Besichtigungstermin vereinbaren, wenn du willst." Es alles so einfach. Ich sagte Stegi, dass es mir sehr helfen würde, wenn sein Kumpel das machen würde und nur Minuten später hatte sich alles geklärt. Vorteil an YouTube ich konnte immer. 

Normal war sowas viel schwerer, aber scheinbar musste man nur die richtigen Kontakte haben und schon ging es kinderleicht. Ok, eigentlich ließ ich die ganze Arbeit andere machen, aber wenn sie es mir schon anboten?

So sollte es in einer Woche für zwei Tage nach Berlin gehen. Etwas die Stadt kennenlernen wollte ich nämlich auch. Den Namen von dem Freund von Stegi erhielt ich leider nicht, aber ich bat Stegi diesem doch bitte meinen Dank auszurichten. 

So hatte ich um ein Stunde später um halb 4 nicht nur einen Termin, sondern auch Adresse und Kontaktdaten meiner womöglich ersten eigenen Wohnung.

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Gamergirl: von Sims über Fall Guys zu MinecraftWhere stories live. Discover now