Keks-Oma

81 10 9
                                    

Man könnte es als dumm bezeichnen, wie ich versuche eine Freundschaft mit jemandem aufzubauen, der ganz offensichtlich mehr will als das. Wo doch meine Intressen in eine andere Richtung gehen (sollen). Gerne würde ich sagen, dass es dafür keine Indizien gibt, die mir auffallen. Würde liebend gerne sagen können -und das mit reinem Gewissen- er würde meine Hand nicht ein paar mal zu oft für Ausversehen streifen, würde seine Augen nicht länger, als nötig auf mir lassen, aber dann würde ich mich nur noch mehr selbst belügen und doch nur weiter falsche Schlüsse ziehen . Würde das berauschende Gefühl leugnen. Jedes mal ärgerte ich über das Kribbeln, was durch meine Adern rauschte, sobald seine Finger gegen die meine stießen. Bücher, Filme, Serien, all das und noch so viel mehr sprach von dem Glück, welches die Liebe mit sich brachte, aber ich fürchtete mich davor, wie ein kleines Kind vor dem Sand des Sandmanns. Ok ich habe schon bessere Vergleiche gebrachte, doch ich fühlte mich genau so. Hilflos dem Sand ausgeliefert, der mich in den Schlaf schickt, denn ich so brauche, und doch will ich mich wehren, halte die Augen mit den Fingerchen verdeckt, um auch ja nicht ins Bett zu müssen. Ich kämpfe an gegen das, was eigentlich gut für mich ist und dass ohne Einsicht. Liebe Veränderung Menschen. Ich will mich nicht verändern. Mir selbst treu bleiben. Und doch beginnt meine Doppelmoral, noch bevor ich es zulasse irgendwas zuzulassen. Fuck sind wir ehrlich, ich bin auf dem besten Weg in meinen Abgrund zu laufen -aka. Mich zu verlieben- und die Notbremse scheint irgendwie geklaut und der rote Stopknopf hat seine Funktion aufgegeben. Scheiße fühlt sich das alles gut an. Verflixt ich kannte das feeling nicht. Wollte es nicht kennen, damit ich nichts hatte, was ich vermissen könnte. Es hatte seine Gründe, warum ich so handelte. Ich reite mich immer und immer weiter in die Scheiße hinein und merke es irgendwie nicht einmal.

Verzweifelt stand ich vor meinem Kleiderschrank -welchen ich eigentlich auch noch fertig einräumen müsste. Beim Ersteneindruck gibt's keine zweite Chance, oder so. Naja bei 50% meiner Nachbarn hatte ich eh gefailt, aber es gab ja noch die andere Hälfte, welche sich eine Meinung über mich bilden würde. Ich erwartete eine alte, verbissene Frau, welche wie eine Hexe gebückt durch die Gegend humpelte und mit kratziger Stimme alles kritisiert, was irgendwie für oder gegen ihre Meinung ist. Als ich allerdings mit Bastian -der mich netterweise an meiner Wohnung abgeholt hatte, auch wenn ich eigentlich Abstand brauchte- die Tür geöffnet, bekam zeigte eine inehre gealterte Dame ihr schönstes Keksoma-Lächeln. Die Lachfalten und ihre jungen Augen ließen mich zurück strahlen und hoben meine Laune sofort ein wenig in die Höhe. „Guten Tag, ich bin Leonie." Sie breitete die Arme auf und lud mich so in eine Umarmung ein, welche mir ihren blumigen Duft entgegen brachte. Es war nicht dieses drückende, aufdrängte Parfüm, sondern etwas Angenehmes. Normal war ich nicht so happy, wenn mich andere Menschen einfach umarmten, aber hallo, Keks-Oma darf sowas einfach. Man klaut einen Baby ja auch nicht einfach seinen Schnuller. "Willkommen in der Nachbarschaft." begrüßte mich Emma in der Umarmung. Keine Ahnung wer ihr gesagt hatte, dass ich ihre Nachbarin war. „Danke" Gesprächig bin ich heute ja wieder super. Ironie aus.

Gemütlich sahen wir an einem Runden Kaffeetisch. Eine weiße, feingehäkelte Decke lag darauf und ich gab mir die größte müde, dass auch ja kein Schokokrümel meiner himmlisch leckeren Kekse das Weiß verschmutze. Es herrschte eine Idylle, welche ich am liebsten nie wieder verlassen hätte. Doch wie es mit den schönen Momenten nun einmal ist, so sind sie oft nur von kurzer Dauer. Tatsächlich war es einmal nicht mein Zeitplan, welcher mir den Moment nahm.  Emma war gerade in ein anderes Zimmer verschwunden um ihr Tablet zu holen -sie hatte ein technisches Problem und brauchte Bastis Hilfe dafür. Da rückte Bastian noch ein Stück zum auf und schrumpfte den eh schon geringen Abstand so sehr, dass sein Knie das meine streifte. „Da kann ich heute ja doch mit dir Essen." Zu erst verstand ich nicht, was er mir sagen wollte. Seine Nähe ersticktes jeden anderen Gedanken, als an ihn, im Keim. Der Moment des Realisierens dauerte so eine ganze Weile. Eine Zeit, die Bastian nutzte um mich verschmitzt, ja fast schon siegessicher zu beäugen. Das hier war für ihn der Gewinn. Er hatte es geschafft sein Ziel zu errichten und irgendwie schien er sicher ich hätte meine Meinung geändert. Hatte ich aber nicht. Zumindest wusste ich das noch nicht.
In diesem Augenblick, wo Basti so nah bei mir war rauschte Berlin aus einer anderen Perspektive an mir vorbei. Die Stadt lag immer noch wunderschön im Licht der langsam untergehenden Sonne, aber die Menschen schienen alle auf mich einreden zu wollten. Jeder wollte mich verändern und da erklangen verzehrt Jonas Worte in meinen Ohren:

Ich habe dich zur Vernunft gebracht!

Das bist nicht du! Wo ist meine Cousine hin, welche ihre Familie liebte und alles für sie tut?

Hier ist nur eine Elenora, die in einer wirren Welt lebt, fern ab der Realität.

Wach endlich auf, such dir richtige Arbeit und werd' wieder normal

In einer Heimat hat man Freunde, wen hast du dort.

Wie recht er doch eigentlich hatte. Ich war nicht mehr ich. Wie gerne ich jetzt in seinen Armen liegen würde. Jonas war mein Zuhause und ich vermisse ihn, egal wie sehr ich mir auch einreden will, dass er mich hasst, mich nicht sehen will und ich ihn einfach vergessen sollte. In meinem Herzen bleibt die Narbe, welche seine Worte in dieses gebrannt hatten. Das hier war nicht das Internet. Wie gerne würde ich den PC herunterfahrend und meine aktuellen Probleme hinter der Schwärze des Bildschirms abschirmen. Ein Knopfdruck und ich war wieder sorgenfrei. Hier musste ich nur ins Treppenhaus treten und wurde damit konfrontiert. Um wett zu laufen musste man sich den Sorgen erst stellen.

Ewig hatte sich die Zeit angefühlt, welche ich gegrübelt hatte, aber in Wirklichkeit waren es nur ein paar Sekunden. Nun erhob ich mich ruckartig. Der Stuhl unter mir knarzte unschön, als ich ihn über den Boden zog und energisch aufsprang. Bastians Miene wanderte von überheblich zu besorgt und irgendwie sah er plötzlich aus wie ein anderer Mensch. Seinen Ansatz einer Entschuldigung ignorierte ich. Mir trieb es bereits Tränen in die Augen die Stimme meines Cousins immer wieder zu hören.

Wach endlich auf, such dir richtige Arbeit und werd' wieder normal

Ich wollte ihn anschreien. Wollte ihm entgegen werfen er solle leise sein. Aus meinem Kopf verschwinden, aber da war nur Bastian. Bastian, der eine Verabschiedung Emma rief und mich aus der Wohnung in seine schob. Auf dem seinem Sofa saß also völlig abwesend und kämpfte gegen meinen Cousin an. Er hatte neben mir Platz genommen. Wusste ganz offensichtlich nichts mit mir oder sich anzufangen. Mit leicht schiefgelegten Kopf schaute er auf mich herab -er war neunmal ein Riese- und schien darauf zu hoffen, dass ich aufhören würde zu weinen. Wann ich damit so richtig begonnen hatte wusste ich nicht. Es war kein Wasserfall an Tränen. Alle paar Sekunden kroch ein einzelner Tropfen meine Wange hinunter auf meine Hose.

Was für *du hast mich zur Vernunft* gebracht? Du hast meine Arbeit zur Nichte gemacht und erwartest jetzt auch noch Dank

Das was du hier sieht bin ich und wenn dir nicht passt, wie ich bin, dann ist dort die Tür nach draußen. Ich brauche keine Menschen in meinem Leben, welche gegen mich sind.

Ich wollte mir selbst glauben. Wollte dazu stehen, wer ich war und wie ich wurde, aber Zweifel nagten an mir, egal wie gern ich sie auch auslöschen wollte. Langsam versiegten die Tränen. Mein Blick hob sich und scannte den Raum um mich nach dem Beweis aus, welcher mir die Zweifel nahm. Vorbei an der fast gleichen halboffenen Küche, wie bei mir, dem Wohnzimmer und zum Flur mir seinen offenen Türen.

„Ich mach dir einen Tee." , hörte ich einen verzweifelten Bastian, bevor er in die Küche verschwand. Ich sollte das nicht tun, aber etwas zog mich den Gang hoch zu den offenen Türen. Ich sollte das nicht tun. Es war seine Privatsphäre. Seine Wohnung. Es gab wenig so persönliches wie die eigenen Räumlichkeiten. Mein Weg führte in einen komplett von der Farbe Schwarz dominierten Raum. Eine der weißen Wände war mit schwarzem Schal-Schutz-Schaumstoff bedeckt. Auf dem hellen Holzboden lag ein langer dunkel grauer Teppich. An der dunklen Wand standen zwei voll aus gestattete Set Ups und ein Drucke -was für Drucker wie random. Dieser Raum war vieles, aber sicher nicht der Hobbykellerersatz eines Leihen.

Nein. Nein! Bitte nicht.

Stell dir mal vor, so du kommst mit irgendeinemStreamer zusammen, dann werdet ihr eine noch größere Familie mit ganz viellieben Chattern ~Jonas

Der schimmernde Play Button stand angelehnt an die Wand auf dem Sofa. Das Gold glänzte wunderschön in der Sonne und mir war plötzlich einfach nur spei übel...

1471 Wörter

Gamergirl: von Sims über Fall Guys zu MinecraftWhere stories live. Discover now