Finale Juno

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Ich wollte tanzen, ich wollte frei sein, ich wollte leben. Ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, wie man mir hinter meinem Rücken das Herz gebrochen hatte. Und das ganz ohne Worte. Es schmerzte unglaublich zu sehen, wie der Kontakt immer weniger und die Begründungen häufiger wurden. Wenn Stegi sich rechtfertigte, so konnte man gewiss davon ausgehen, dass es von seiner Freundin handeln würde. Oft dachte ich daran zurück und überlegte, was zwischen diesen Menschen stand. Aber schlussendlich wollte ich nicht wissen, wen der Mann meines Herzens mir Vorzug. Fast könnte man sagen es fand alles wieder zu seiner alten Ordnung, als handele es sich bloß um einen schlechten Traum.

Doch dieser Traum sollte es nicht sein, der an dem besonderen Sommer Abend im Juli mein Denken vereinnahmte. Es war ein besonderer Tag, zumindest für den vermeintlich kleinen Jasper, der am heutigen Datum 20 Jahre alt wurde. Wie es sich für einen runden Geburtstag gehörte, hatte man das Fest zu ehren des neuen Lebensjahres größer gehalten, als die jährlichen Partys, sodass auch ich eingeladen wurde. Meine Eltern streunten zwar auch zwischen den Gästen umher, ich allerdings saß nicht bei ihnen. Umringt von der Mädchengruppe um Jasper durfte ich mir erneut das geschwärmt über den Blonden anhören. Mehr als ein genervtes augenverdrehen hatte ich für ihre Aussagen dabei nicht über.

Meine Rettung aus der Situation stand dann von dem einen auf den anderen Augenblick vor mir. Ich hatte schon gar nicht mehr an ihn gedacht, auch wenn es klar war, ihn hier anzutreffen. Stegi stand hinter meinem Stuhl, während ich an einem Weinglas nippte und hielt mir auffordernd eine Hand entgegen. „Würden Sie mir einen Tanz gestatten my Lady?", fragte er üblich charmant. Wie ich dieser Lächeln doch hasste. Doch ich konnte meinen Blick nicht von ihm abwenden , während es langsam für uns beide unangenehm wurde.

Doch mir war die Überlegung hinter seinem Handeln klar. Einerseits zeigte der Cousin des Geburtstagskinds so, dass ich immer noch Seine Dame war und andererseits gehörte es sich nicht einen Tanz abzulehnen, sollte man aufgefordert zu werden. Man brachte den Auffordernden eben nicht in Verlegenheit bringen. So griff meine Hand ich seine und ich lächelte ihn scheinheilig an. „Natürlich.", lächelte ich und blinzelte unschuldig mit den Augen. Stegi führte uns gekonnt auf die Tanzfläche, wo bereits einige Gäste tanzten. Bisher waren es Hauptsächlich die jüngeren. Ein neuer Titel, der mir sehr wohl aus dem Radio bekannt war, begann zu spielen und los lies ich mich in die Musik fallen und machte einfach das, was man auf einer Tanzfläche tat, nämlich Tanzen. Die übertriebene Höflichkeit, mit der ich aufgefordert worden war verging in Sekunden und wir hatten unseren Spaß. Der Bass machte es leichter zu verbergen, dass ich auf Antworten wartete. Denn, wenn Stegi nur mit mir spielen wollte, dann sollte er es mir sagen. Ich vertrug Ehrlichkeit. Nur die Frage ist, ob nicht ich viel mehr Log.

Die Musik wurde leiser gedreht und die Junggesellen schickten alle, die nicht zu ihnen gehörten von der Tanzfläche. Wie es sich gehörte dürfte Jasper sich vor allen zum Affen machen. So hatte man sich für ihm überlegt, dass er mir verbundenen Augen eine Pinata treffen musste. Irgendwie hatte keiner dabei so Recht bedacht, dass der Junge nicht nur nichts sah, sondern auch nicht mehr ganz nüchtern war. Für außenstehe, also mich, war es allerdings Unterhaltung pur, wie der nun 20 Jährige mehr seine Freunde mit dem Schläger traf, welche das pinke Einhorn fest hielten, als irgendwie die Pinata zu treffen. Vermutlich würden diese Schläge wunderschöne blaube Flecken ergebe. Du anderen Besucher lachten sich auf jeden Fall halb schlapp und so müsste, wenn auch ungeplant, das Geschenk der Jungen ein voller Erfolg gewesen sein. Mit Ende der Vorführung schlappte sich der Cousin der 20 Jährigen meine Hand und zog mich aus der Menge. "Wir haben etwas zu bereden, und ich weiß nicht wie es dir geht, aber ich will das nicht vor der ganzen Meute hier klären." Ich nickte nur und lies mich mitziehen. 

Zum stehen kam der Blonde, als wir in einem etwas ungestörten Bereich des Balkons ankamen. Kurz wurde es ruhig, bis ein merkwürdiges Knacken ertönte. Erschrocken sah ich zu dem Feuerzeug, was nun eine Zigarette entzündete. "Du rauchst?!", kam es viel zu hoch von mir und ein entschuldigenes Lächeln legte sich auf seine Lippen. "Partyraucher. Dumme Angewohnheit ich weiß, soll ich weg gehen?" Ich verneinte seine Aussage geschwind, denn einerseits war ich es gewöhnt von Raucher umgeben zu sein und andererseits wollte ich endlich Antworten. Oder besser gesagt etwas klären. Erneut wurde es ruhig. Ich lehnte mich an die Wand. Sah zu ihm. Tief Luft holen. Ein und ausatmen. "Ich hab dich belogen." "Ich kenne deine Streams und auch deine Videos."  Damit lagen die Karten offen. Es lag nun an ihm zu entscheiden, ob er genauso eine Karte umdrehte, oder ob er die Partie beendete.  

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Wann sollte ich aufhören die Sekunde zu zählen?

Auch er, neben mir, atmete tief durch. "Ich hätte es mir bei deiner Reaktion wohl denken sollen." Dazu sagte ich nichts. Ja, es hätte es wohl bemerkten können. Hätte. "Was macht man in einer solchen Situation?", fragte er mit einem fast schon flehenden Unterton. "Ich weiß es nicht."

Seine Augen schlossen sich, als wollte er sich vor der Welt verstecken. "Meine beste Freundin hat unerwartete ein Kind bekommen und war damit sehr überfordert, deswegen war ich weg." Stegi schluckte hart. Das war ein klarer Vertrauensvorschub. Er drehte sich ab und schien trotzdem auf meine Reaktion zu waren. Zwischen seinen Fingern die lodernde  In mir keimte ein schlechtes Gewissen von unmessbarer Größe auf. Ich log ihn an und mein Gegenüber vertraute mir so etwas persönliches an. Und auch wenn die Wahrheit inzwischen meinen Mund verlassen hatte, so blieb das erleichternde Gefühl aus. Die Last meiner Worte ruhte auf meinen Schulter. 

"Ich meine es ernst. Das hier tue ich nicht, weil ich ein Fan von dir bin, sondern da die echte Person plötzlich vor mir stand und mich gut fühlen lies. Ohne das Wissen, dass ich dich bereits irgendwie kannte. Bitte glaub mir das.", ein Flehender Unterton legte zum ende in meine Stimme. 

"Und wie soll ich dir das glauben." Sein Blick versuchte verzweifelt in der Ferne und nicht auf meinen Lippen, oder Augen zu ruhen. Sehr vergebens, denn aufgefallen war er mir selbst und auch meiner rutschte immer wieder zu seinen Lippen, die regelmäßig nicht mehr als die Zigarette küssten. 

"Vertrauen! Das was du bereits mit deiner Erklärung begonnen hast erneut aufleben zulassen. Und glaub mir ich kann mehr als gut verstehen, wenn du es nach meinen Taten nicht mehr kannst, aber mir bleibt keine andere Möglichkeit, als dich um Vertrauen zu bitten. Ich verspreche es nicht zu missbrauchen. Nicht ein weiteres Mal." Und er lehnte sich vor und küsste endlich nicht mehr das glühende Stäbchen, sondern mich. Federleicht, als wäre es nur eine Illusion, aber so fern der Realität es auch klang. Das hier war echt. Und diese Realität könnte nicht besser sein. Die Zigarette erlosch unter seinem Schuh und erstarb zeitgleich, wie das Lodern und Brennen in mir zu explodieren begann. Vertrauen, der Schlüssel zum Glück, egal welche gefahren es mit sich bringen konnte zu vertrauen.

Gamergirl: von Sims über Fall Guys zu MinecraftWhere stories live. Discover now