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Ich war wie eine Maschine, die ohne zu denken tat, was man von ihr verlangte. Jegliche Überforderung, die ich empfand, versuchte ich pausenlos zu überspielen und schauspielerte insgesamt ein Bild, welches eine perfekte frisch gebackene Mutter zeigte. Egal wie wenig schlaf man mir lies. Das aufgesetzte Lächeln verrutschte nicht und die Tränen blieben aus. Ob Stegi es bemerkte wusste ich nicht. Vielleicht hatte ich auch einfach ein Talent dafür meine Körpersprache lügen zu lassen.

Nur leider war es nicht genauso möglich mich selbst zu belügen.

Ich hatte diese unendliche Sehnsucht. Nicht nach Schlaf, oder einer Ruhigen Minute, sondern nach dem Menschen, dessen Augen mich plötzlich anblicke, wenn ich auf das Baby in meinen Armen hinunter sah. So goldig das kleine Mädchen auch, sobald ich die sicheren Wände der Klinik verlies konnte ich sie nicht ansehen, ohne von Schuldgefühlen geplagt zu werden. Mein Herz brach unter den Schmerzen und ich wollte mich verstecken und weinen, Tage lang.

Längst war es zu spät um selbst zu Basti zu gehen, dass stand für mich felsenfest. Verachtung würde ich nicht mehr ertragen. Viel zu sehr war ich gebrochen. Einen weiteren Stoß würde ich nicht ertragen, ohne die Schlucht hinab zu stürzen.

Eine leichte Briese schlich sich durch das geöffnete Fenster in mein Gesicht, was sich bei der angenehmen Temperatur zu einem leichten Lächeln verzog. Der Sommer war eine schöne Jahreszeit, solange es nicht zu warm wurde. Beinahe wanderte mein Blick träumerisch zu dem Mädchen in meinem Arm, was sein schönstes Baby lächeln zauberte, doch sobald die dunklen Strählen des Flaums zu sehen waren zuckten meine Augen weg, als hätten sie sich verbrannt.

Kalina war so winzig, so schutzbedüftigt. Hatte all meine Gefühle ihr gegenüber nicht verdient, denn egal wie sehr ich sie liebte, der Schmerz überwigte zu viel. So sehr ihr Lächeln auch mein Herz erwärmte, seine Lippen und seine Augen zu sehen lies es weinen.

Parallel traf ich wohl den dümmsten Schluss, welchen ich nur irgendwie finden konnte. Meine Stütze, welche ich neben mir wusste, wurde für mich zu etwas anderem. Wo zuvor Stegis prüfender Blick mir Sicherheit gab, da schien er nun die ein Bündel der brennenden Blicke, die sich hungrig auf mich stürzten. Alle Ablehnung, die mir gesellschaftlich entgegen gebracht wurden schienen nun dauerhaft in meiner nähe zu sein und es setzte mich nur noch weiter unter druck. So sehr, dass ich seien Präsenz nicht mehr ertrug. Keine Sekunde länger konnte ich seine Fürsorge, die mich schlechter fühlen lies, ertragen. Und so bat ich ihn gehen. Es fiel mir so schwer, wie lange nicht mehr etwas, aber es musste besser so sein. Immer und Immer wieder versuchte ich es mir einzureden. Es ist besser so. Wirklich. Aber ganz schaffte ich es nicht, ohne dem schlechten Gewissen Nährboden zu schenken.

Er hatte es akzeptiert, auch wenn seine Augen im ersten Moment Tennisbällen geähnelt hatten, so groß waren sie geworden, als ich ihn darum bat. Der achtundzwanzig Jährige tat mir leid, immerhin tat er all diese Dinge für mich und dann schickte ich ihn nahezu davon. Oh nein, allein bei dem Gedanken daran wurden meine Augen ganz glasig. Eigentlich wollte ich ja nur niemanden verletzte, aber mein Weg führte dadurch vielleicht sogar über noch mehr gebrochene Herzen und Wunden der Gefühle.

Das wenige Tage alte Mädchen mit dem außergewöhnlichen Namen Kalina werte sich nicht, als ich sie in einen anderen -sauberen- Strampler einpackte. Plan war es mit ihr im Kinderwagen in den kleinen Park vor dem Haus zu gehen und etwas frische Luft zu schnappen. Der leichte Wind würde dort sicher noch angenehmer sein.

Irgendwie hatte ich dabei unterschätzt, wie klein die Grünfläche war, und so fiel die Wahl schnell auf einen größeren, der allerdings einige Häuserblöcke entfernt lag. Keine unendliche Strecke, aber ein wenig durch die Straßen musste ich den Wagen doch schieben. Dafür war der Blick Atem beraubend, als der von Bäumen umgebene Platz vor uns lag. Die Kirschen trugen zwar noch keine roten Früchte, doch ihr Blätterdach erfreute die jungen und alten Besucher bereits zu dieser Jahreszeit.

Einmal dachte ich nicht nach, sondern schob mein Mädchen durch das Grün und genoss meine Außenwelt in vollenzügen. Und als die kleine Maus Hunger bekam setzte ich mich unter einen Baum, wo es sich noch niemand bequem gemacht hatte und lies sie trinken, bis sie gesättigt war. Den Blick auf einen Springbrunnen gerichtet und meine Tochter hin und her wiegend, damit sie einschlief, hockte ich dort. Ein wenig fühlte es sich an, als würde ich eine warme Puppe in meinen Armen halten, als Kalinas Atem flacher wurde und sie langsam einschlief. Als zu lange war es bei mir ja nun auch nicht her, dass ich ähnliche Kleidung, wie sie nun das Baby trug, für Spielzeug besessen hatte. So klein und leicht sie war unterschied sie bloß das regelmäßige heben und senken des winzigen Brustkorps von einer Puppe.

Kurz erlaubte ich mir selbst den Blick in das Blau der Augen, welches unter den Liedern schlummerte. Sie sah ihrem Vater so unglaublich ähnlich. Auch wenn die Haare dunkler und die Nase feiner war. Mund Augen und Gesichtskonturen sahen bereits jetzt wie aus dem Gesicht ihres Vaters geschnitten aus. Der Gedanke an ihn lies mich gut fühlen, egal wie sehr Bastian mich auch verletzt hatte. Vielleicht würde ich irgendwann wirklich heilen, aber dafür bräuchte es mehr Zeit, als jene, die bisher vergangen war. Wir alle brauchte noch unseren Frieden, bevor man von vorne beginnen konnte, Erneut.

Gamergirl: von Sims über Fall Guys zu MinecraftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt