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''Aha, hier bist du also! Und du kannst lachen. Warum bist du dann zu Hause immer schlecht gelaunt? Das kann ja wohl nicht sein Annie! Verarschen lasse ich mich nicht! Du kommst jetzt sofort mit und ab nächste Woche gehst du wieder zur Therapie. Wer ist das überhaupt?'' Mit offenem Mund starre ich meine Mutter an. ''Bekomme ich noch eine Antwort?'' ''Ja Mama. Das sind Luke, Ashton, Calum und Michael, meine Freunde und die einzigen, die für mich da sind, abgesehen von Emma.'' ''Achso. Natürlich.'' Meine Mutter scheint eingeschnappt. ''Kommst du dann jetzt mit? Wir müssen in einer Stunde in der Stadt sein. Mark hat uns zum Essen eingeladen. Er möchte dich kennenlernen.'' Meine Kinnlade fällt herunter. ''Ich möchte ihn aber nicht richtig kennenlernen!'' schreie ich meine Mutter an. ''Verstehst du es nicht Mama?'' ''Annie, es geht hier ausnahmsweise mal nicht darum, was du willst! Er ist mein Freund und wird in zwei Wochen bei uns einziehen. Dafür solltest du ihn vielleicht ein wenig kennen!'' schreit meine Mutter zurück. ''Ausnahmsweise? Wer hat denn entschieden, dass wir nach Sydney ziehen? Und er zieht garantiert nicht bei uns ein! Und wenn, ziehe ich aus!'' ''Du ziehst nirgendwo hin Fräulein! Nur weil du so tust, als wärst du depressiv, hast du keinen Sonderstatus!'' Ich weiß nicht mehr, was ich sagen soll. Wie kann sie nur? Glaubt sie wirklich, dass ich nur so tue? Bin ich ihr so egal? Plötzlich weiß ich ganz genau, was ich ihr sagen will: ''Ist das dein Ernst Mama? Glaubst du ich tue nur so? Glaubst du ich möchte so sein wie ich bin? Das erlebt haben was ich erlebt habe? Ganz sicher nicht! Und so langsam weiß ich auch, warum wir nach Sydney gezogen sind. DU wolltest dir endlich deinen Traum erfüllen! Du hast dir nie Sorgen um mich gemacht. Alles hat du mir vorgespielt und nur eine Ausrede gesucht! Wie kannst du nur?'' Unter Tränen brülle ich meine Mutter an. ''Annie.'' höre ich die Stimme von Luke und merke, wie ich mich in seine Arme zieht. Dann wendet er sich an meine Mutter: ''Ich glaube, es wäre besser, wenn Sie jetzt gehen.'' Seine Stimme ist leise, aber bestimmt. Sofort herrscht meine Mutter ihn an: ''Ich gehe nirgends hin! Und du lässt jetzt besser meine Tochter los! Wir müssen jetzt gehen! Komm Annie!'' ''Ich will nicht'' schluchze ich leise und sinke in Lukes Armen zusammen. Er verstärkt seinen Griff um meinen Oberkörper und sagt: ''Geben Sie mir fünf Minuten mit Annie. Dann können Sie sie mitnehmen.'' Meine Mutter lässt mich widerwillig mit ihm gehen. Die anderen drei folgen uns in den hinteren Bereich des kleinen Ladens. ''Annie, guck mich an.'' sagt Luke. Doch ich tue nichts. Ich habe nicht die Kraft, meinen Kopf zu heben. Luke legt einen Finger unter mein Kinn und drückt es hoch. Mit feuchten Augen schaue ich in seine. ''Geh mit deiner Mutter mit. Du musst ihn nicht mögen und du darfst auch sauer auf deine Mutter sein. Du darfst den beiden auch zeigen, dass du keine Lust darauf hast. Aber geh mit. Sonst machst du alles nur noch schlimmer.'' Langsam nicke ich, während eine Träne aus meinem Auge fließt und sich ihren Weg über meine Wange bahnt. Plötzlich spüre ich etwas warmes, weiches auf meiner Wange. Erst als Luke sich wieder von mir entfernt, realisiere ich, dass er die Träne weggeküsst hat. Unwillkürlich muss ich lächeln und umarme ihn. Er zieht mich an sich und sofort macht sich ein warmes Gefühl in meinem Körper breit. ''Du schaffst das Little.''flüstert er mir ins Ohr. Ich verabschiede mich von Ashton, Calum und Michael. Dann nimmt Luke meine Hand und bringt mich nach vorne zu meiner Mutter. Ich umarme ihn ein letztes Mal und gehe hinter meiner Mutter her. Natürlich ist sie mit dem Auto da. Warum sollte man die 200 Meter auch laufen?

Sobald wir zuhause sind, gehe ich hoch in mein Zimmer. Ich rede nicht ein Wort mit meiner Mama. ''Wir haben noch zwanzig Minuten!'' tönt es von unten. Ich ignoriere ihre Worte und gehe duschen. Als ob ich pünktlich da sein will... Als ich mit duschen fertig bin, ziehe ich eine schwarze ripped Jeans und ein leicht zerrissenes Nirvana T-Shirt an. Dann schminke ich mich wie immer, Mascara und Eyeliner. Zum Schluss schnappe ich mir noch mein Handy und meine Kopfhörer und laufe 15 Minuten zu spät die Treppen hinunter. Mama erwartet mich schon und fängt auch direkt an zu zetern: ''Du bist zu spät Annie!'' ''Und jetzt? Wenn du mich erst so spät abholst? Kann ich doch nichts für'' zicke ich zurück. ''Wie siehst du überhaupt aus? Dir ist schon bewusst, dass Mark einen guten Eindruck von dir bekommen soll. Wir gehen in ein teures Restaurant!'' ''Können wir. Aber ich halte nicht so viel davon, mich zu verstellen. Und mir ist auch scheißegal, was ich für einen Eindruck auf den ach so tollen Mark mache!'' Meine Mutter will etwas darauf erwidern, lässt es dann aber doch, zieht ihre Jacke und Schuhe an und geht nach draußen. Sie sieht mal wieder komplett lächerlich aus: helltürkises enges Kleid mit hautfarbener Strumpfhose und türkisen Lackpumps. Ihre beige Jacke toppt das Outfit. Garantiert wäre ich in so etwas nicht auf die Straße gegangen. Ich ziehe meine Lederjacke und meine schwarzen DrMartens an und folge meiner Mama nach draußen und ins Auto.

Sofort stecke ich meine Kopfhörer in die Ohren und 5 Seconds of Summer dröhnt in meine Ohren. Ich liebe die Musik von den Jungs. Seit Luke mir die CD seiner Band gegeben hat, höre ich sie rauf und runter. Viel zu schnell ist die Fahrt zu Ende und wir parken im Hinterhof eines riesigen Edelrestaurants. Ich lasse mir bewusst Zeit, aus dem Auto zu steigen und bringe meine Mutter damit zur Weißglut. ''Annie! Wir sind schon zu spät und du siehst aus wie ein Punk, also beeil dich jetzt wenigstens!'' meckert sie. ''Ich komme doch schon.'' provoziere ich weiter. Ich folge meiner Mutter zum Eingang des Restaurants. Ich ziehe die Blicke aller Gäste auf mich und merke, wie meine Mutter sich für mich schämt. Mit einem zufriedenem Grinsen setze ich mich an den Tisch, an dem Super-Mark schon sitzt. Meine Mutter zischt, ich solle ihn begrüßen, also murmele ich ein Hallo über den Tisch. Während dem Essen bemerke ich, wie meine Mutter mir zwischendurch einen tadelnden Blick zuwirft.

Mark scheint sich nicht daran zu stören, dass ich ihm nur knappe schnippische Antworten gebe. Als wir endlich dieses verdammt gestelzte Restaurant verlassen und im Auto sitzen, fängt Mama an, mir zu erzählen, was ich alles falsch gemacht und wie sehr ich sie blamiert habe. Das alles geht in ein Ohr rein und aus dem anderen wieder raus. Als würde es mich interessieren, was für eine schlechte Tochter ich doch bin. Meine Mutter interessiert sich ja auch nicht dafür, dass ich krank bin. Irgendwann stecke ich mir einfach die Kopfhörer in die Ohren und hoffe darauf, dass wir möglichst schnell wieder zuhause sind.

Gestern Abend bin ich schnell eingeschlafen, da der Tag sehr anstrengend war. Heute morgen fühle ich mich wieder einigermaßen fit, will aber nicht zur Schule gehen. Wer weiß, was mich dort erwartet...

Pünktlich um acht betrete ich den Klassenraum und freue mich, Emma auf ihrem Platz zu sehen. ''Du weißt gar nicht, wie sehr ich dich vermisst habe!'' sage ich, während ich sie umarme. ''Es war doch nur ein Tag'' lacht sie. ''Schlimm genug! Wenn du wüsstest, was die mit mir angestellt haben...Und dann kam meine Mutter und hat alles getoppt.'' ''Oh, was ist den passiert?'' fragt sie besorgt. Also erzähle ich ihr, was mir gestern alles passiert ist. Geschockt guckt sie mich an, kommt aber nicht dazu, etwas zu sagen, denn schon steht unsere Lehrerin im Klassenraum.

depressed. l.h. (Teil 1)Onde histórias criam vida. Descubra agora