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''Nein, Annie schläft noch.'' höre ich Liz' Stimme, als ich aufwache. Luke liegt schlafend neben mir und schnarcht wie immer leise vor sich hin. Ich setze mich auf und versuche herauszubekommen, mit wem Liz spricht. ''Können Sie sie nicht wecken?'' höre ich die Stimme meiner Mutter. Warum ist sie hier? Seufzend beuge ich mich zu Luke hinunter, drücke ihm einen Kuss auf die Schläfe und ziehe mich in meinen Rollstuhl. An der Treppe bleibe ich stehen und beobachte kurz meine Mutter und Liz. Dann räuspere ich mich. ''Ach, Annie schläft noch?'' zickt meine Mutter. ''Das das wusste ich nicht'' stottert Liz. ''MUM! Sei freundlich zu ihr.'' ermahne ich meine Mutter. ''Wenn mir jemand runter helfen würde, könnte ich auch mit dir reden'' fahre ich fort. Sofort kommen beide Frauen hoch und Liz hebt mich aus meinem Rollstuhl. Meine Mutter trägt Chris die Treppe hinunter. Im Wohnzimmer setze ich mich aufs Sofa und Mama kommt zu mir. ''Ich lasse euch mal ein bisschen Zeit. Ich glaube, ihr habt einiges zu bereden'' sagt Liz freundlich. Meine Mutter guckt sie nur böse an. ''Was willst du hier Mama?'' frage ich sie. ''Was ich hier will? Ich möchte mich mit meiner Tochter vertragen, mich entschuldigen.'' Ich nicke. ''Es tut mir leid Annie.'' sagt sie, aber ich merke, dass sie es nicht ernst meint. ''Schön'' antworte ich knapp ''Und jetzt?'' ''Kommst du wieder mit zu mir..zu uns?'' ''Nein, das geht nicht so schnell! Du hast mich seit über zwei Jahren komplett verarscht. Eigentlich schon immer. Du warst mit Papa nur verheiratet, weil er Geld hatte. Und du hast dich nicht für mich interessiert. Nie. Und jetzt denkst du ein Entschuldigung macht das alles wieder gut?'' schreie ich wütend. ''Warum sollte es nicht? Ich meine, ich kann nichts rückgängig machen.'' antwortet sie bissig. ''Mit Gefühlen hast du es nicht so oder? Mama ich kann dir nicht einfach so verzeihen. Ich weiß auch, dass du mich nur wieder bei mir haben willst, damit ich nicht bei Luke bin. Du willst nicht, dass es offensichtlich ist, wie schlecht unser Verhältnis ist. Wie immer...'' gebe ich zurück. ''Das stimmt doch gar nicht!'' ruft meine Mutter empört. ''Warum denn?'' schreie ich zurück. ''Weil, weil..'' ''Eben!'' ''Wo ist Luke überhaupt?'' will sie auf einmal wissen. ''Oben. Er schläft noch. Wobei inzwischen vielleicht nicht mehr, so wie wir hier herumschreien.'' murmele ich. ''Warum liebst du ihn? Ich meine guck ihn dir mal an. Er rennt herum, als hätte er ein Drogenproblem oder so'' ''Wie bitte? Erstens sieht Luke gut aus und zweitens kommt es darauf eigentlich nicht an. Was bringt es einem, perfekt auszusehen, wenn man kein Herz hat, so wie du?'' wütend antworte ich auf die Frage meiner Mutter. ''Wie kannst du es dir nur erlauben, so mit mir zu reden?'' ''Du redest nicht anders mit mir! Und du behandelst mich noch schlimmer!''

In dem Moment geht die Wohnzimmertür auf und Luke kommt rein, in Jogginghose und ohne Oberteil. Meiner Mutter bleibt der Mund offen stehen. ''Morgen Little'' lächelt Luke und kommt auf mich zu. Sanft legt er seine Lippen auf meine und ich erwidere den Kuss. ''Okayy, es reicht. Könnt ihr mal aufhören, euch hier abzulecken?'' Angewidert dreht meine Mutter sich von uns weg. ''Entschuldigung'' sagt Luke und grinst mich an. Dann verlässt er das Wohnzimmer wieder.

''Was war das denn gerade'' fragt Mama mich. ''Er hat mir guten Morgen gesagt. Ich denke mal, dass es bei dir und Mark nicht gerade anders abgeht also stell dich nicht so an!'' motze ich.

''Du vergibst mir also nicht?'' ''Nein, zumindest noch nicht. Kommt darauf an, wie du dich in nächster Zeit anstellst.'' gebe ich zurück. ''Möchtest du mit Mark am 27. vorbeikommen? Die Hemmings' waren so nett und haben vorgeschlagen, euch einzuladen.'' gebe ich die Einladung weiter. ''Warum nicht?'' ''Okay, dann wünsche ich dir frohe Weihnachten und wir sehen uns am 27.'' sage ich unfreundlich und verlasse das Wohnzimmer. Für heute habe ich genug Lorraine Briggs. ''Ja'' antwortet sie spitz und geht zur Haustür. Schnell läuft sie die Einfahrt in ihren lächerlich hohen Schuhen hinunter und steigt in den nagelneuen BMW.

Erleichtert, dass sie weg ist, atme ich tief durch und werde dann von Luke umarmt. ''Alles klar?'' fragt er mich leise. ''Jetzt ja.'' antworte ich grinsend. ''Kommt sie am 27.?'' ''Ja.''

Abends liegen Luke und ich nebeneinander im Bett und unterhalten uns über Weihnachten. ''Ich bin so glücklich, dass ich Weihnachten hier feiern darf. Aber es wundert mich echt, dass meine Mutter sich nicht beschwert hat.'' sage ich ehrlich. ''Stimmt. Aber vielleicht hat sie wenigstens verstanden, dass sie nicht alles einfach bekommt, nur weil sie es möchte. Ich finde es echt gut, wie sehr du dich gegen sie wehrst.'' antwortet Luke. Ich kichere leise ''Aber es ist echt hart manchmal. Ich meine, sie ist meine Ma.'' ''Das glaube ich dir.'' Es wird ruhig zwischen uns und nach einigen Minuten höre ich das vertraute Schnarchen meines Freundes. Lächelnd ziehe ich ihn enger an mich und streiche ihm seine Haare aus dem Gesicht. Er stöhnt leise im Schlaf und drückt sein Gesicht an meinen Hals. ''Ich liebe dich'' flüstere ich und drücke einen Kuss auf seine Haare.

Dann versuche ich auch zu schlafen, aber zu viele Gedanken über meine Mutter kreisen in meinem Kopf. Ich würde ihr ja vergeben, aber ich kann das alles nicht einfach vergessen. Sie hat nicht nur Papa und mich hintergangen, sondern auch noch einen draufgesetzt, indem sie mich ignoriert und nicht ernst genommen hat. Was soll ich machen? Abwarten? Ich kann ihr aber auch nicht für immer böse sein? Oder doch? Was sie getan hat ist einfach unfassbar, aber sie ist meine Mutter...Ach keine Ahnung, es wird schon irgendetwas irgendwie passieren. Ich lasse es einfach passieren, wie es kommt.

Trotzdem kann ich noch immer nicht einschlafen. Also nehme ich mein Handy in die Hand und scrolle durch weheartit und instagram. Aber auch das hilft nicht. Irgendwann gebe ich es auf und kuschele mich einfach nur eng an meinen Freund, der noch immer schnarcht. Eigentlich ist das ja eine ziemlich nervige Angewohnheit, aber bei ihm ist es irgendwie süß. Er schnarcht auch nicht wirklich laut, es ist eher wie lautes Atmen.

depressed. l.h. (Teil 1)Where stories live. Discover now