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Kaum habe ich die Haustür aufgeschlossen und stehe im Flur, kommt meine Mutter aus dem Wohnzimmer und fängt an zu schreien: ''Wo zum Teufel - ach hab ich es mir doch gedacht! Was fällt dir ein, bei diesem Punk zu übernachten? Wer weiß, was er dir hätte antun können!'' ''Mama? Dieser Punk, wie du ihn nennst, heißt Luke und ist mein bester Freund! Außerdem: Seit wann kümmert es dich, wo ich bin und was ich tue?'' schieße ich zurück. ''Schon immer interessiert es mich, wo sich meine Tochter herumtreibt!'' ''Ach ja? Und warum ist es dir dann egal, dass ich ständig Panikattacken bekomme und weinend zusammenbreche? Luke ist da für mich, im Gegensatz zu dir!'' ''Verdammt! Verstehst du es immer noch nicht Annie? Deine Krankheit ist Einbildung! Es kann einem gar nicht so lange schlecht gehen! Und ich möchte nicht, dass du dich weiterhin mit ihm abgibst!'' Ich möchte etwas sagen, aber Luke unterbricht mich: ''Okay das reicht! Annie ist ernsthaft krank! Sie macht keine Witze! Ich weiß, wie es ist, ein vor weinen zitterndes Mädchen in den Armen zu halten, dass mir zufälliger Weise ziemlich viel bedeutet! Es bricht mir das Herz, Annie so zu sehen. Ich weiß genau was Sie wollen, warum Sie nicht wollen, dass Ihre Tochter Zeit mit mir verbringt!'' ''Und das wäre?'' ''Weil Sie ihrem Scheißkerl eine perfekte Tochter zeigen wollen, eine billige Kopie von Ihnen selbst! Sie zeigen keine Gefühle, Sie wollen Geld und glücklich sein. Und weil Annie depressiv ist, haben Sie sie aufgegeben! Es interessiert Sie nicht, wie dreckig es Annie geht! Hauptsache Sie sind zufrieden und führen ein teures Leben! Und weil ich nicht makellos bin, sondern einen Lippenpiercing habe und mich anders kleide, denken Sie, ich wäre ein schlechter Mensch, der Ihre Tochter auf eine schiefe Bahn wirft! Das ist der verdammte Grund!'' Meine Mutter möchte etwas erwidern, schließt ihren Mund aber wieder. ''Eines will ich Ihnen sagen: Ich sehe vielleicht in Ihren Augen aus, wie jemand, der es nicht weit bringt, der später auf der Straße lebt, aber ich bin nicht blöd! Ich habe einen Schulabschluss und lebe mit meiner Familie. Und größte Unterschied zu Ihnen ist nicht mein Aussehen, sondern mein Herz!'' endet Luke seinen Vortrag. Inzwischen steht Mark hinter meiner Mutter, tritt nun aber einen Schritt vor und steht jetzt direkt vor Luke. ''Wie kannst du Dreckskerl dir nur erlauben, so über eine Frau zu reden, die gebildet ist und einen hohen Status in der Gesellschaft hat?'' brüllt er Luke an. ''Schmieren Sie sich ihren scheiß Status sonst wo hin! Was bringt einem Geld, wenn man nicht lieben kann? Wenn man kein Mitgefühl hat?'' erwidert Luke. Ich sehe, wie Mark ausholt und schaue weg. Dann höre ich ein lautes Klatschen und weiß, dass Mark Lukes Wange getroffen hat. Sofort schaue ich auf und laufe zu Luke. ''Alles okay?'' frage ich ihn. ''Ja'' antwortet er mit schmerzverzerrtem Gesicht und ich weiß, dass es verdammt wehtut. Ich drehe mich um und schreie Mark und meine Mutter an: ''Wie kannst du es wagen Mark? Und du Mama, wie kannst du nur so herzlos sein?'' Ich nehme Lukes Hand, drehe mich um und wir laufen gemeinsam die Treppen hinauf, in mein Zimmer. Er hält sich noch immer mit der anderen Hand seine Wange. ''Setz dich auf mein Bett.'' sage ich leise aber bestimmt zu ihm. Er gehorcht mir und setzt sich auf die Bettkante. Ich knie mich vor ihn und nehme vorsichtig seine Hand von seinem Gesicht. Seine Wange ist gerötet und ich sehe genau den Umriss von Marks Fingern. Sanft streiche ich mit meinen Fingern über die empfindliche Haut und lege meine Lippen vorsichtig auf seine Wange. Er lächelt und küsst meine Stirn. ''Ich hole dir etwas zum kühlen.'' sage ich zu ihm und laufe nach unten in die Küche. Aus dem Eisfach hole ich einen Kühlakku und wickele ihn in ein Handtuch. Dann renne ich die Treppen wieder hoch und gebe Luke das Eis. ''Danke Little.'' sagt er und fährt dann fort: ''Wenn du möchtest, kannst du ein paar Tage oder Wochen bei mir wohnen...'' ''Echt? Das wäre echt schön.'' ''Also kommst du mit?'' ''Ja'' hauche ich und hole eine große Tasche aus meinem Schrank. Dann packe ich mehrere Oberteile, Hosen, Socken und Unterwäsche hinein. Dazu lege ich ein paar CDs, meine Kopfhörer und einige weitere Dinge. Ich ziehe den Reißverschluss zu und schnappe mir noch meine Handtasche und meine Jacke. Luke steht vom Bett auf und folgt mir die Treppen hinunter.

Im Flur stelle ich meine Tasche ab und gehe noch einmal ins Wohnzimmer. ''Ich gehe mit zu Luke. Wartet nicht auf mich. Ich weiß nicht, wie lange ich bei ihm bleibe...'' ''Solange du zu unserer Hochzeit wieder da bist.'' sagt meine Mutter und grinst höhnisch. ''WIE BITTE?'' meine Stimme ist eher ein Kreischen. ''Ach ja, das weißt du ja noch gar nicht. Mark und ich heiraten in drei Wochen.'' Ungläubig schüttele ich meinen Kopf, drehe mich um und gehe zurück in den Flur. Dort breche ich in Tränen aus. Sofort umarmt Luke mich und streichelt über meinen Rücken. ''Shhh.'' flüstert er und legt sein Kinn auf meinem Scheitel ab. Ich löse mich von ihm, nehme meine Tasche und krächze: ''Ich will so schnell wie möglich weg von hier!'' Hand in Hand laufen Luke und ich aus dem Haus und zu seinem Auto. Schnell steigen wir ein und fahren los. Mit jedem Meter, den wir uns von meiner Mutter und Mark entfernen, werde ich ruhiger und entspanne mich. Luke merkt das und fragt: ''Besser?'' ''Ja'' antworte ich und lege meine Hand auf seine, die auf dem Schaltknüppel liegt. ''Hast du mitbekommen, um was es ging?'' frage ich mit noch immer zittriger Stimme. ''Ja...Es tut mir so leid.'' ''Ist schon okay...''sage ich und schaue nach unten. ''Annie. Ich weiß, dass es für dich nicht okay ist. Aber es ist okay, wenn du sagst, dass es dir nicht gut geht.'' Ich nicke. ''Wirklich Annie. Ich meine das genau so, wie ich es sage.'' ''Ich weiß, Luke. Aber ich will dich nicht belasten.'' ''Du belastest mich nicht. Ich verbringe gerne Zeit mit dir.'' ''Luke, ich bin ständig am weinen. Wie kannst du gerne Zeit mit mir verbringen?'' ''Annie. Ich mache so viel mit dir. Und immer, wenn wir etwas zusammen machen, lachst du unglaublich viel. Du hast nicht nur die traurige Seite. Das ist der kleinste Teil von dir.'' Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Deshalb drehe ich meinen Kopf zur Seite und schaue aus dem Fenster. ''Ich weiß auch, dass du mir nicht glaubst. Aber ich meine jedes Wort so, wie ich es sage.'' ''Danke.'' flüstere ich, sehe ihn aber nicht an. Den Rest der Fahrt verbringen wir, ohne ein einziges Wort zu sagen.

Auch der Rest des Tages vergeht, ohne viele Worte. Luke und ich liegen eng umschlungen in seinem Bett. Luke weiß genau, dass ich nicht reden möchte und er respektiert das. Irgendwann fängt er leise an zu singen. Ich merke, wie meine Augen zufallen und schneller, als gedacht falle ich in einen unruhigen Schlaf.

***Hi,***
MADE IN THE AM IST DRAUßEN DKFNEKDJD
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depressed. l.h. (Teil 1)Where stories live. Discover now