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Die Woche im Krankenhaus geht schnell vorbei und schon ist wieder Samstag. Um 14 Uhr soll mein Rollstuhl kommen und dann werde ich entlassen. Ein bisschen Angst vor dem Rollstuhl habe ich schon, aber wer würde das nicht? Ich werde jetzt mehrere Monate, vielleicht für immer, nicht mehr laufen können. Die Ärzte sagen zwar, die Chance ist da, dass meine Muskeln wieder mitmachen, aber wer weiß was passiert. Und davor habe ich Angst, verdammte Angst.

Als um 14 Uhr der Arzt mit meinem Rollstuhl ins Zimmer kommt, fange ich an zu weinen. Luke nimmt mich in den Arm und flüstert: ''Baby, nicht weinen. Du schaffst das. Ich bin für dich da. Immer.'' Traurig nicke ich und er hebt mich aus meinem Krankenhausbett. Ich kralle mich in seine Arme, denn ich möchte nicht, dass er mich loslässt. Ich schließe meine Augen und Luke geht langsam in die Knie. Als ich die Polsterung des Rollstuhles spüre, überkommt mich Panik. Ich weiß nicht warum, aber ich beginne plötzlich zu zittern. Sofort hebt Luke mich wieder hoch und drückt mich an sich. Der Arzt steht daneben und wartet geduldig darauf, dass ich endlich sitze - und sitzen bleibe. ''Annie.'' sagt Luke leise ''Es ist alles gut. Wir schaffen das. Es ist nur ein Rollstuhl.'' Ich atme tief durch und lasse mich von Luke in den Sitz heben. Noch immer sind meine Augen geschlossen. Als ich sie wieder öffne, kniet Luke vor mir und lächelt mich an. Eine Träne rollt über meine Wange und sofort streckt er seine Hand aus, um sie weg zu wischen. Mit der anderen Hand greift er meine und streichelt sanft mit seinem Daumen über meinen Handrücken. ''Ich liebe dich Annie'' Durch meine tränenverschmierten Augen sehe ich Luke an. ''Ich liebe dich Luke.'' antworte ich und spüre seine weichen Lippen auf meinen. Der Arzt räuspert sich und ich muss kichern. ''Tut mir leid.'' sagt Luke und wird rot. ''Ist schon okay, aber ich muss noch einmal kontrollieren, ob alles passt.'' antwortet der Arzt. Luke steht auf und tritt zur Seite. Nachdem mein Rollstuhl durchgecheckt wurde und alles passt, kann ich endlich nach Hause.

Luke schiebt mich aus der Tür und sagt auf dem Flur: ''Wir müssen ihm einen Namen geben.'' ''Du willst meinem Rollstuhl einen Namen geben?'' lache ich. ''Ja. Er wird ein ziemlich großer Teil deines Lebens sein, zumindest in der nächsten Zeit. Er hat einen Namen verdient.'' antwortet Luke ebenfalls lachend. ''Okay...wie wär's mit Chris?'' schlage ich vor. ''Hört sich gut an. Also, hi Chris'' sagt mein Freund. Wir sind inzwischen am Auto angekommen und Luke hebt mich vorsichtig aus meinem Rollstuhl ins Auto. Dann packt er Chris in den Kofferraum und steigt ein. ''Wie fühlst du dich?'' fragt er. ''Ich weiß es nicht...'' sage ich und sehe ihn traurig an. ''Oh Little, alles wird gut. Mach dir keine Sorgen.'' Er legt seine Hand auf meinen Oberschenkel und lächelt mich mitfühlend an. ''Ich weiß'' flüstere ich ''Aber ich muss mich schätze ich erst einmal dran gewöhnen...'' ''Das ist ja auch ganz klar. Es ist eine große Veränderung in deinem Leben.'' Ich nicke und dann fährt Luke los. Auf dem Weg nach Hause hören wir All Time Low und Luke ist überrascht, als ich anfange zu mitzusingen.

Als wir ankommen, steigt Luke aus, holt meinen Rollstuhl aus dem Kofferraum und öffnet meine Tür. Vorsichtig hebt er mich aus dem Auto und setzt mich ab. Dann schiebt er mich zur Haustür und schließt auf. ''Hi Mama'' ruft er durch den Flur. Sofort kommt Liz aus der Küche und begrüßt uns. ''Na ihr zwei?'' ''Hey'' sage ich leise. ''Wie geht es dir, Annie?'' fragt sie. ''Ganz okay'' antworte ich und zwinge mich zum lächeln. Eigentlich geht es mir nicht gut. Ich bin am Boden zerstört und habe keine Kraft mehr. Ich habe Angst davor, nie wieder laufen zu können. ''Du siehst nicht gut aus, Süße'' bemerkt Lukes Mutter. Ich seufze. ''Kommt erst einmal rein. Ich mache gerade Abendessen.'' fährt sie fort. Langsam ziehe ich meine Jacke aus und Luke hilft mir bei den Schuhen. Dann schiebt er mich ins Wohnzimmer und hebt mich aufs Sofa. Er setzt sich neben mich und zieht mich auf seinen Schoß. Ich kuschele mich an seine Brust und lege meine Arme um seinen Körper. Ich bin unglaublich froh, jemanden wie Luke zu haben. Er bedeutet mir unendlich viel.
Seitdem ich wieder wach bin geht es ihm besser. Inzwischen hat er seinen Schlaf nachgeholt und wieder zugenommen.

Luke schaltet den Fernseher an und zappt durch die Sender. Bei irgendeiner Autosendung bleibt er hängen und starrt gebannt auf den Bildschirm. Ich glaube, er denkt, ich wäre eingeschlafen. Das stört mich aber nicht weiter, denn ich genieße die Ruhe und liebe es, meinen Freund zu beobachten. Lächelnd schaue ich ihn von unten an und merke, wie ich langsam an seinem Bauch herunter rutsche. Irgendwann liege ich nur noch mit meinem Kopf in seinem Schoß. Luke schaut zu mir hinunter und lächelt, als er sieht, dass ich wach bin. ''Ich dachte, du schläfst.'' murmelt er. ''Ist doch nicht schlimm. Es ist schön, einfach nur hier zu liegen.'' antworte ich und strecke meine Hand aus, um seine Wange zu streicheln, doch er fängt sie vorher ab. Er führt meine Hand zu seinem Mund und drückt einen Kuss auf meinen Handrücken. Ich lächele und versuche mich an seinem Körper hochzuziehen, aber ich bin zu schwach. Als Luke das bemerkt, beugt er sich zu mir hinunter, sodass ich seine Wange küssen kann.

Den Rest des späten Nachmittags verbringen wir gemeinsam auf dem Sofa und als Andrew um sieben von der Arbeit kommt, liegen wir noch immer eng umschlungen unter einer Decke. Leider müssen wir dann aufstehen, denn Liz hat das Essen fertig. ''Kannst du mir helfen?'' frage ich Luke verzweifelt. ''Na klar, Süße.'' antwortet er und hebt mich hoch. Doch anstatt mich in meinen Rollstuhl zu setzen, trägt er mich direkt zum Tisch.

Auch Ben und Jack kommen die Treppen hinunter und setzen sich an den Tisch. Dann stehen sie aber beide noch einmal auf, um mich zu begrüßen. ''Wir haben dich echt vermisst, Annie'' gibt Ben zu, als er mich umarmt. ''Ich euch auch.'' antworte ich leise. ''Willkommen zurück.'' flüstert Jack. ''Danke.'' murmele ich lächelnd und frage dann: ''Wo ist Celeste?'' ''Die kommt erst morgen wieder. Sie hat im Moment viel zu tun.'' sagt Jack traurig. ''Achso.''

Das Essen war echt lecker. Liz ist eine  gute Köchin. Den Abend verbringen wir alle zusammen mit Gesellschaftsspielen und ich genieße es, wie immer, Zeit mit den Hemmings' zu verbringen. Wenn ich bei ihnen bin, geht es mir immer gut, egal was in meinem Leben gerade alles passiert

Ich merke, wie ich müde werde und frage Luke, ob er mich hochbringen kann. ''Ja klar, Annie.'' antwortet er und steht sofort auf. Sanft nimmt er mich auf den Arm und ich klammere mich an seinem Hals fest.

Als wir in seinem Zimmer ankommen sage ich: ''Es tut mir so leid. Ich nehme so viel Zeit von dir in Anspruch...'' Traurig sehe ich auf meine Hände, denn ich sitze inzwischen auf Lukes Bett. Er nimmt mein Gesicht zwischen seine Hände und sieht mir in die Augen. ''Annie, ich genieße jede Sekunde mit dir. Du bedeutest mir die Welt und es ist mir egal, wie oft und wie weit ich dich tragen muss. Ich möchte, dass es dir gut geht. Dann geht es mir auch gut.'' Seine Augen sind feucht und ich merke, dass seine Unterlippe zittert. ''Nicht weinen Luke, bitte.'' flehe ich ihn an. ''Es ist nur so schwer für mich Annie. Ich liebe dich unendlich und würde alles für dich tun. Und du fühlst dich so schlecht für Dinge, für die du nichts kannst. Fuck keiner kann diesen Unfall rückgängig machen... Es tut mir so leid. Ich hätte für dich da sein müssen.'' Er legt seinen Kopf auf meine Oberschenkel, während er vor mir kniet. Ich fahre mit meinen Fingern durch die Haare. ''Du machst dir immer noch Vorwürfe? Luke, es ist nicht deine Schuld. Du kannst nichts dafür. Du warst doch da, immer.'' sage ich leise. Lukes Körper bebt inzwischen, weil er so doll weint. Er sieht zu mir hoch. Plötzlich steht er auf, reibt sich über die Augen und sagt: ''Scheiße man, ich sollte für dich da sein. Sollte dich trösten, nicht du mich. Ich bin so ein Idiot!'' ''Luke, warum denkst du das immer noch? Es ist alles okay. Es ist für uns beide schwer im Moment, aber wir kriegen das hin, zusammen!'' Seine Gesichtszüge werden sanfter und er sieht mich an. ''Okay'' flüstert er ''Wir schaffen das!'' wiederholt er und kniet sich wieder vor mich. Ich nehme sein Gesicht zwischen meine Hände und lege meine Lippen auf seine. Ich lächele in unseren Kuss und weiß, dass wir es schaffen, egal wie schwer es wird.

Langsam lösen wir uns voneinander und machen uns bettfertig. Müde und erschöpft lege ich mich unter die Decke und warte auf Luke. Allerdings, bekomme ich gar nicht mehr mit, wann er kommt, denn ich schlafe direkt ein.

depressed. l.h. (Teil 1)Where stories live. Discover now