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Als der Wecker klingelt schrecke ich hoch und frage mich, welcher Idiot den überhaupt gestellt hat. Doch dann fällt mir ein, dass wir ja heute nach London fahren wollen und sofort bin ich hellwach.

Grinsend mache ich mich fertig und rufe Luke, damit er mich nach unten bringen und wir frühstücken können. Lächelnd hebt er mich hoch und setzt mich im Esszimmer auf meinen Platz. Dann holt er Chris und stellt ihn neben mich.

Während dem Frühstück redet keiner von uns. Noch nicht einmal Liz, die gestern am aufgeregtesten war. Wir alle wollen einfach nur los und in London ankommen. Zum Glück schneit es bisher noch nicht.

Die Fahrt ist lustiger, als ich erwartet habe. Liz fährt, Celeste sitzt neben ihr und hat die Macht über die Musik. Luke und ich sitzen hinten und singen jedes Lied lautstark mit. Wir sind inzwischen kurz vor London und allesamt aufgekratzt, da wir gleich da sind. Auch wenn ich schon oft hier war, heute ist es etwas besonderes, denn ich mit mit Luke, seiner Mutter und Celi hier. Die drei sind einfach unglaublich wichtige Menschen für mich, seit meine Mutter und ich zerstritten sind.

Lachend kommen wir am Hotel an und als wir aussteigen fängt es an zu schneien. Luke hebt mich aus dem Auto und wirbelt mich herum. ''Wir sind in London!'' quietscht er und drückt mich an sich. ''Ja'' hauche ich ''Zusammen'' Ich lächele meinen Freund an und drücke einen Kuss auf seine Nasenspitze. Er zieht seine Nase kraus und grinst mich an. ''Zusammen'' wiederholt er meine Worte. Dann setzt er mich in meinen Rollstuhl und stellt seine und meine Tasche auf meinen Schoß. Liz und Celi nehmen sich ebenfalls ihre Taschen und gemeinsam gehen wir durch den großen Eingang des Hotels. Luke schiebt mich und als wir in der Lobby ankommen und ich mich umsehe, kann ich nicht anders als breit zu grinsen. Den anderen dreien geht es nicht anders. Der ganze riesige Raum ist festlich geschmückt und in der Mitte steht ein großer Weihnachtsbaum, der unglaublich schön geschmückt ist. ''Wow'' flüstert Liz und wir anderen stimmen ihr nickend zu.

Nachdem wir uns angemeldet haben, suchen wir unsere Zimmer und finden heraus, dass sie direkt gegenüber liegen. Liz und Celeste werden sich einen Raum teilen und Luke und ich.

Nachdem wir unsere Taschen im Zimmer abgelegt haben, machen wir uns direkt auf den Weg zum Hyde Park. Luke schiebt mich über die Wege und da es schneit ist eine wunderschöne Stimmung. Es fühlt sich so gut an, in London zu sein. Lächelnd genieße ich unseren Spaziergang und auch die anderen scheinen sich wohlzufühlen.

Inzwischen liegt schon eine dünne Schicht Schnee und die Bäume sehen aus wie gezuckert. Ich freue mich schon darauf, heute Abend ins London Eye zu gehen. Bis dahin wird noch mehr Schnee liegen und wenn die Weihnachtsbeleuchtung an ist, wird London einfach unglaublich schön aussehen.

Nachdem wir drei Stunden im Hyde Park unterwegs waren, machen wir uns jetzt auf, in Richtung Themse, da wir ja noch eine Rundfahrt machen wollen, bevor es dunkel wird.

Als wir auf der Fähre sind, ist es ziemlich kalt, aber trotzdem total toll. Es schneit noch immer und London sieht von der Fähre fast noch schöner aus, als wenn man durch die Straßen geht. Langsam wird es auch dunkel und ich freue mich noch mehr aufs London Eye. Um halb fünf steigen wir vom Boot und Luke schiebt mich das Stück bis zum bekannten Riesenrad. Zum Glück ist die Schlange gerade nicht so lang, sodass wir nur eine Viertelstunde warten müssen. Celeste hat ein wenig Höhenangst, weshalb sie ein bisschen nervös ist, aber Liz, eine gute zukünftige Schwiegermutter, nimmt ihr die Nervosität fast komplett.

Wir stehen jetzt ganz vorne in der Schlange und unsere Gondel hält gerade vor uns an. Mit einem breiten Lächeln heben Luke und ein Mitarbeiter mich und meinen Rollstuhl in die Gondel und Liz und Celeste folgen uns. Hinter uns steigen weitere Personen ein und reihen sich an den Glasfronten auf, um einen guten Blick auf die Stadt zu haben. Langsam schließt sich die Tür der Gondel und sie setzt sich in Bewegung. Stück für Stück gelangen wir höher und sehen immer mehr der beleuchteten Straßen. Es ist einfach wunderschön. Luke steht direkt neben mir und nimmt jetzt meine Hand in seine. Lächelnd sehe ich zu ihm hoch und er lächelt zurück. ''Ich liebe dich'' formt er mit dem Mund, ohne ein Wort laut auszusprechen. Ich antworte ebenso, ohne Stimme. Irgendwann wendet Luke den Blick ab, um wieder aus der Glasfront auf die Stadt zu schauen, denn inzwischen sind wir ganz oben angekommen und sehen total weit. Lächelnd beobachte ich meinen Freund, der verträumt auf die Lichter unter uns guckt. Er blinzelt und ich sehe, wie eine Träne aus seinem Auge über seine Wange läuft. Sofort ziehe ich an seiner Hand und drehe ihn zu mir. ''Was ist los?'' frage ich besorgt. ''Alles gut'' antwortet er mit erstickter Stimme. ''Wirklich?'' hake ich nach. ''Geht...'' flüstert er ''Ich erkläre dir das nachher im Hotel.'' fährt er fort und dreht sich von mir weg. Doch ich möchte nicht, dass er weint, also ziehe ich ihn wieder zu mir und auf meinen Schoß. Er sitzt quer auf meinen Beinen, sodass seine Beine auf einer Seite meines Rollstuhles sind. Traurig sieht er mich an und eine weitere Träne findet ihren Weg über seine Wange. Ich lege meinen Finger unter sein Kinn, um sie abzufangen und Küsse die Stelle, wo sie kurz gestoppt ist, bevor sie den Rest des Gesichts hinabgerollt ist. Er müht sich ein Lächeln ab und ich habe jetzt schon Angst davor, was er mir sagen möchte.

Nach einer halben Stunde sind wir eine Runde im London Eye gefahren und wollen jetzt noch kurz etwas essen gehen und dann zum Hotel. Weder Liz noch Celeste haben etwas von Lukes kleinem Zusammenbruch mitbekommen, da beide zu sehr damit beschäftigt waren, Fotos zu machen.

Da das London Eye am Anfang des Winter Wonderlands ist, schlägt Liz vor, morgen noch einmal hier her zu kommen und uns dann im Rest des wunderschönen, naja Weihnachtsmarkts umzusehen.

''Gute Idee.'' stimme ich ihr zu. ''Allerdings würde dann Madame Tussauds ausfallen...'' gebe ich dann zu bedenken. ''Ist nicht so schlimm. Da können wir ja immer noch mal hingehen.'' murmelt Luke, der anfangs unbedingt dort hin wollte. ''Okay, dann morgen Winter Wonderland.'' ruft Liz glücklich, während Luke traurig wegschaut. Ich nehme seine Hand und drücke sie. Was auch immer er hat, es scheint ihn ziemlich traurig zu machen. Deswegen bin ich froh, dass wir nur noch schnell eine Pommes an einer der Weihnachtsmarktbuden essen und dann nach Hause fahren. Luke ist die ganze Zeit ziemlich still und verschwindet direkt im Bad, als wir im Hotel ankommen. Nachdem er dort fertig ist, rolle ich mich ins Badezimmer und putze Zähne. Als ich nach zehn Minuten aus der Tür komme, sitzt Luke in Jogginghose auf unserem Bett, sein Gesicht in seinen Händen, und weint. Es zerbricht mir mein Herz, ihn so zu sehen. Deswegen ziehe ich mich aus meinem Rollstuhl und setze mich neben ihn. Ich lege eine Hand auf seinen Rücken und streiche sanft über seine Wirbelsäule. Sofort lehnt er sich an mich und schnieft leise weiter. Langsam rutsche ich ein Stück von ihm weg, lege mich hin und ziehe ihn zu mir hinunter. Dankbar kuschelt er sich an meinen Brustkorb und schlingt seine Arme um mich. Sein Körper bebt, von Schluchzern geschüttelt und ich merke, wie mein T-Shirt, eigentlich Lukes, langsam durchnässt wird. Ich drücke ihn noch mehr an mich und küsse sanft seine Haare. ''Shhhh'' flüstere ich, doch ich weiß, dass es nichts bringt.

Als er plötzlich ruhig atmet und nicht mehr weint, weiß ich, dass er eingeschlafen ist. Lächelnd sehe ich auf die blonden Haare meines Freundes und werde auch langsam müde. Trotzdem kann ich nicht ruhig schlafen, denn ich mache mir Sorgen um Luke und Gedanken darüber, was ihn so bedrückt.

depressed. l.h. (Teil 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt