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Als ich diesen Abschnitt zu Ende gelesen hatte, fühlte ich mich schlecht. Einerseits aus schlechtem Gewissen in seinem Tagebuch oder was auch immer es war, reingelesen zu haben, ohne Harrys Einverständnis zu haben und andererseits war mir schlecht. Denn das was ich gerade gelesen hatte, klang gar nicht gut.
Absolut gar nicht.
Und ich war mir auch sicher, dass diese Stelle bestimmt noch zu den 'Harmlosesten' gehörte.

Heute war es zugegebenermaßen eigentlich ziemlich angenehm 《

Ich wusste, dass dieses Büchlein das Schlüsselchen zu all' meinen Fragen über Harry sein könnte, dennoch fand ich es nicht richtig einfach heimlich in seinem Buch zu lesen. Die Wahrscheinlichkeit das ich Dinge erfahren würde, die mein Verhalten ihm gegenüber verändern würden, war ziemlich hoch und Harry war nicht auf den Kopf gefallen. Er war ja sogar bewiesen ziemlich schlau, wenn man Maras Worten Glauben schenkte, was ich mit Sicherheit tat.
Dementsprechend würde es dann auch nicht lange dauern bis Harry bemerken würde, dass etwas nicht stimmte und wenn er dann rausgefunden hat, dass ich einfach, ohne zu Fragen, in seinen Sachen rumgeschnüffelt hätte, wäre er bestimmt verletzt und hätte das Vertrauen zu mir verloren. Zumindest würde ich so reagieren und ich ging davon aus, dass es bei Harry nicht viel anders war.
Und Harry brauchte - gerade jetzt - eine Vertrauensperson und genau die wollte ich sein.

Ich hörte wie im Bad das Wasser eingestellt wurde und überlegte was ich mit dem Buch machen könnte - ohne das es aussah als hätte ich darin gestöbert. Wenn ich sie einfach irgendwie zurück in die Tasche legte und nichts dazu sagte, könnte das auffällig wirken, falls er das Buch in ein bestimmtes Fach in seiner Tasche getan hatte und es jetzt da liegen würde, wo es ganz bestimmt nicht von alleine hätte hinkommen können.
Es einfach so in der Hand halten, kam auch komisch. Zurück auf den Boden legen auch, da das Buch auf eine Stelle gefallen war, die man kaum übersehen konnte. Allgemein konnte man auf meinem weißen - mit der Zeit jetzt eher grauen - Teppich nicht viel übersehen, es sei denn es war unaufgeräumt. Aber gerade war es (dummerweise) ausnahmsweise aufgeräumt.
Als ich hörte wie die Tür vom Bad langsam aufging, entschied ich mich dazu das Buch einfach zugeklappt auf den Schreibtisch zu legen und warf mich dann auf mein Sofa, wo ich nach meinem Laptop griff und Alibiweise auf Facebook online ging.

Ich hatte zwar meine Augen auf meinen Laptopbildschirm gerichtet, aber als Harry mein Zimmer betrat, bemerkte ich aus dem Augenwinkel, dass er sein Buch auf meinem Schreibtisch direkt erfasst hatte.

Okay, Tomlinson. Jetzt sind deine schauspielerischen Fähigkeiten gefragt.

,,Na? Hat's Spaß gemacht beim Duschen?", fragte ich ihn lachend und wackelte mit den Augenbrauen.
Harry antwortete mir nicht. Egal, weiter machen.
,,Ach übrigens! Ich habe deine Tasche vorhin wohl mit etwas zu viel Elan auf dein Bett geworfen und dabei ist das Buch wohl rausgefallen." und nickte zu seinem Buch.
,,Und du hast nicht reingelesen?", fragte er zögernd und sah mich dabei gespannt an.
Ich schüttelte den Kopf.
,,Nein, warum sollte ich?"
Harry musterte mich noch eine Weile, nickte dann aber zufrieden, packte das Buch in seine linke Hand und verstaute es wieder in seine Tasche.

,,Keine Ahnung. Manche Menschen machen das ja."
,,Ne, sowas ist doch doof. Ich würde es ja auch nicht wollen."
Harry lächelte mich schüchtern an und kletterte dann die kleine Holztreppe hoch zu seinem Bett, wo er sich im Schneidersitz hinsetzte und mich von dort aus beobachtete.

Ich schmunzelte.
,,Seh ich von da oben gut aus?", fragte ich ihn.
,,Ja.", nickte Harry und wurde im nächsten Moment knallrosa im Gesicht.

,,Also ich meine nicht- also doch- natürlich- ich- du siehst-"
Als ich dann noch in schallendes Gelächter ausbrach, versteckte Harry sich hinter seinen - immer noch feuchten - Locken und sah aus als würde er am liebsten jeden Moment im Boden versinken wollen. Ich ging sogar ziemlich davon aus, dass er genau das sich jetzt wünschte.

,,Harry, alles gut. Ist doch gut, dass du findest, dass ich gut aussehe."
,,Ich- jaaa."
,,Du bist echt süß.", erwiderte ich lachend und wollte mich gerade wieder Facebook zuwenden, als mein Handy klingelte.

Es war Hannah. Wahrscheinlich rief sie an, weil sie wissen wollte, wann ich wieder zurückkam. Aber ich konnte und wollte Harry jetzt nicht einfach hier alleine lassen und ihn mitnehmen, ging auch nicht, weil ihn dann wahrscheinlich jeder zweite erkannt hätte, vor allem jetzt, da er Gesprächsthema unseres Dorfes war.

,,Willst du nicht rangehen?", fragte mich Harry und deutete mit einem Kopfnicken auf mein bimmelndes Handy.

Ich schüttelte den Kopf.
,,Das ist nur Hannah."
,,Nur? Ich dachte sie ist deine Freundin?"
,,Ehm... jaaa", erwiderte ich zögernd und aus einem mir unerklärlichen Grund war es mir irgendwie unangenehm, das vor Harry zuzugeben. ,,Aber sie wollte wahrscheinlich eh nur wissen wann ich wiederkomme."
,,Ach, stimmt ja. Heute ist doch dieses Festtrinken."
Ich sah Harry an und legte meinen Kopf schief.
,,Warum hast du mir nicht gesagt, dass du auf meine Schule gehst?"
,,Ich hatte nicht die Möglichkeit dazu."

Ich erinnerte mich, dass Mum mich nach unten gerufen hatte.

,,Mich wundert es sowieso, dass du mir nie aufgefallen bist. Vor allem, weil du nur eine Stufe unter mir bist."
,,Warum hätte ich dir auch auffallen sollen?", nuschelte Harry, ,,Ich bin bloß ein stiller Elftklässler, während du... naja du bist einfach... sagen wir mal wie die Sonne, umringt von Planeten. Du bildest den Mittelpunkt von allem und jedem, alles dreht sich um dich und du strahlst von allen am hellsten"
,,Das hast du aber schön gesagt.", hauchte ich und ich bemerkte wie schon wieder eine leichte Röte Harrys Wangen überzog.
,,und ich bin nur ein Pluto.", murmelte Harry und sah dann auf seine Bettdecke.
Ich stand auf und kletterte zu ihm aufs Bett. Er rutschte etwas nach hinten, sodass ich mehr Platz hatte. Jedoch rückte ich ihm trotzdem so nah, dass sich unsere Knie berührten.

Ich griff nach seinen Händen, die leicht zitterten und erwiderte: ,,Nein, Harry. Du bist nicht wie Pluto - vielleicht scheinst du von außen wie einer, aber weißt du was ich glaube?"

Harry schüttelte seinen Kopf, sodass seine Locken nur so flogen und ich einige Wassertropfen ins Gesicht bekam.
Aber das störte mich nicht.

,,Du bist eine Sonne, die einfach nur ganz weit entfernt von den anderen ist. Und du bist viel stärker und hast viel mehr Energie als ich, die Sonne, die du beschrieben hast und weißt du was? Ich glaube, auch wenn es so scheint, als käme die Energie - von meiner Sonne - von mir selbst, denke ich doch, dass sie von einer anderen Sonne stark abhängig ist. Von deiner."

Ich redete voller Inbrunst und fragte mich gleichzeitig was für einen Schwachsinn ich da eigentlich laberte. Aber irgendwie... irgendwie schien es zu passen.
Was weiß ich, was mich geritten hatte.

Harry wurde noch röter im Gesicht und murmelte etwas, das ich nicht verstanden hatte.
Gerade wollte ich etwas erwidern, auch wenn ich selbst nicht wusste was, als mein Handy wieder anfing zu klingeln.

Harry schielte auf mein Handy, während ich einfach nicht meinen Blick von ihm lösen konnte.
Ich wusste nicht warum, aber es schien mir gerade total unmöglich von ihm wegzukommen.

,,Willst du nicht antworten und dann gleich zurück zu den anderen gehen?", fragte mich Harry und sah dann zurück in meine Augen.

Dieses grün.

,,Louis-"
,,Aber was ist, wenn ich lieber bei dir bin, als bei den anderen?", flüsterte ich und hatte das Gefühl mich komplett in seinen Augen zu verlieren.

Das Klingeln hörte auf.

,,Louis-"
,,Was ist, wenn die Zeit mit dir viel angenehmer ist, als die mit den anderen?"

,,Louis? Hannah ist da!", hörte ich Fizzie rufen, aber ich war so benebelt, dass ich zuerst gar nicht reagierte.

Gott sei Dank schien Harry noch bei Sinnen, schubste mich von ihm weg und stieg vom Bett runter.

Ich wusste nicht, wo er hingegangen war.

Aber das nächste was ich wahrnahm, war Hannah, die in meiner Zimmertür stand und mich aufgebracht fragte:
,,Warum ignorierst du meine Anrufe?!"

________
Désii xx


Rette Mich || LarryWhere stories live. Discover now