3. Lokis andere Seite*

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Die nächsten Tage waren seltsam. Ich schaffte es eigentlich recht gut mich hier im Palast einzuleben und sogar genauso gut mich hier drinnen auszukennen, aber dennoch vermisste ich mein Haus, ich vermisste meine Familie und hatte das Gefühl eine unendliche Traurigkeit mit mir zu tragen. Meine neuen Freunde waren allesamt eine große Hilfe es mir hier erträglich zu machen und auch wenn sie mich eben wie ein kleines Kind behandelten, so waren sie alle toll. Frigga war mir schnell ans Herz gewachsen und sogar Odin schien nett zu sein, auch wenn ich ihn eher selten sah. Die Person, die mir aber am meisten zu schaffen machte, war ganz klar Loki. Er hatte etwas eigenartiges an sich und tat mir um ehrlich zu sein leid. Er war fast andauernd alleine und wenn er bei uns war, dann schenkte ihm keiner wirklich Beachtung, was ihm zwar offensichtlich nichts ausmachte, doch mir schon. Das war wahrscheinlich auch der Grund, weswegen ich heute nicht wie gewohnt bei den anderen war und ihnen zusah, wie sie trainierten, sondern unsicher vor Lokis Zimmertüre stand und tief durchatmete, ehe ich meinen Mut sammelte und leise klopfte. Ich wartete einige Sekunden und als ich keine Antwort erhielt, beschloss ich einfach trotzdem ins Zimmer zu gehen, denn so leicht würde ich mich nicht verscheuchen lassen.

„Habe ich herein gesagt?" Mit einem leichten Lächeln sah ich zu Loki, der auf einem Sessel saß und ein Buch las. Er hatte gar nicht erst aufgesehen, als ich eingetreten war und ich musste sagen, für sein Alter war er wirklich anders als andere. Ich hatte mir das selbe zwar auch schon anhören müssen, das sich mich für mein Alter zu erwachsen benahm, aber ich war es so gewohnt.

„Du hast nichts gesagt, also habe ich es als einen Einlass angenommen", erklärte ich und amüsiert blickte er nun endlich von seinem Buch auf und sah zu mir.

„Was willst du Kleine?", fragte er nach. Seufzend setzte ich mich einfach auf seinen weichen Teppich und blickte ihn so unschuldig wie ich nur konnte an, da der Blick laut Thor jeden schwach werden ließ.

„Dir Gesellschaft leisten", sagte ich und sah mich auf seine Antwort wartend um. Sein Zimmer unterschied sich nicht wirklich von meinem, bis auf dass es mehr eigene Dinge besaß, besonders seine Büchersammlung war enorm.

„Wenn ich etwas wie Mitleid in dir geweckt habe, dann kannst du dir das sparen, denn es hat schon einen Grund, dass ich alleine bleiben will", sagte er ein wenig sauer und ich sah wieder zu ihm.

„Das hat nichts mit Mitleid zu tun! Ich will lediglich Zeit mit dir verbringen." Ich hätte fast aufgelacht, als ich seinen verwunderten Blick daraufhin erkannte, denn anscheinend erstaunte ich ihn wohl doch.

„Reicht dir mein heldenhafter Bruder und seine kriegerischen Freunde nicht aus?", fragte er spöttisch und klappte sein Buch zu.

„Sie sind echt toll, aber wenn man nicht mitmachen darf bei allem was sie machen ist es langweilig", erklärte ich und schenkte ihm ein liebliches Lächeln, als er auflachte und aufstand.

„Na gut, dann komm mit", sagte er und zog mich auf meine Beine, ehe wir gemeinsam sein Zimmer und den Palast verließen.

Es war mit Abstand der tollste Tag seit langem, den ich gemeinsam mit Loki verbrachte. Hinter der Fassade des leicht arroganten, ruhigen Kerl verbarg sich auch eine offenere Seite und so viel gelacht hatte ich schon lange nicht mehr, wie mit ihm. Wir waren die ganze Zeit draußen, wo er mir seine ersten Versuche zeigte Trugbilder zu erschaffen, die zwar noch nicht wirklich die besten waren, aber es sicher mal sein würden. Er erzählte mir peinliche Geschichte über Thor, wobei er wirklich nicht ein einziges mal etwas lobenswertes über ihn sagen konnte und ich bastelte ihm im Gegenzug eine Blumenkrone, die er nur widerwillig und auch nur weil ich ihn traurig angebettelt hatte, aufsetzte.

„Ich wette mein Bruder sucht schon den ganzen Palast nach dir ab", sagte Loki leise, als wir auf dem Gras lagen und die Sonne anfing unterzugehen. Ich lag seitlich zu ihm gerichtet da und nahm vorsichtig einen Marienkäfer auf meinen Finger, der davor auf einem Blatt am Boden gekrabbelt war.

Loki|| He will be the death of me ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt