95. Die Schlacht von Asgard (I)

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Man würde niemals im Voraus wissen können, dass man jemanden das letzte Mal sehen würde. Man würde nie vorher wissen, dass man sein letztes Abschiedswort gesprochen hatte. Man würde erst dann wissen, dass man jemanden nie wiedersehen würde, wenn es längst viel zu spät wäre, erst dann würde man realisieren, wie viel es noch zu sagen gegeben hätte und dass es zu spät wäre so viel verschwendete Zeit richtig nachzuholen.

Ich fürchtete mich davor jeden das letzte Mal gesehen zu haben, wusste ja, dass jeden Augenblick der Krieg ausbrechen könnte und so erging es nicht nur mir. Egal wo man auch hinsah, sobald eine Person vorhatte nur das Zimmer zu verlassen, flogen Umarmungen und Küsse, man schrie einem fast schon nach, wie gern man einander hatte und ich wusste wirklich nicht, ob ich das mehr lustig oder traurig finden sollte. Jeden Morgen, wenn Loki trainieren ging, verabschiedeten wir uns so innig voneinander, als wären wir schon längst tot. Wenn ich Thor auf dem Gang traf, dann war es schwer ihn davon abzubringen mich nicht mindestens zehn Minuten lang zu umarmen, selbst Sif wurde von Fandral regelrecht dazu genötigt sich alle paar Minuten küssen zu lassen. Vermutlich war das Schlimmste an der ganzen Sache sowieso nicht diese Ungewissheit, denn die kannte ich nun schon zu gut, es war eher die Tatsache so hilflos und nutzlos zu sein.

Ich ertrug es nicht hier sitzen und warten zu müssen, unfähig zu sein mich selbst zu verteidigen, wenn es je hart auf hart kommen sollte. Ich war wie der Klotz am Bein eines jeden. Der arme Idiot, der bei mir sein müsste, wenn es so weit wäre, tat mir jetzt schon furchtbar leid.




„... erinnert ihr euch noch an das eine Mal, als Fandral glaubte gegen einen Bären anzukommen?", fragte Volstagg amüsiert, stopfte sich anschließend seinen Mund voll mit einem Bissen von dem Truthahn vor ihm.

„Ich habe beinahe gewonnen", erwiderte Fandral, der rot wurde und sich hastig was zum Trinken einschenkte, während wir anderen amüsiert auflachten. Es war einer der so selten gewordenen Abende, die wir alle gemeinsam verbrachten, wo alles fast so wirkte, wie früher und ich erinnerte mich nicht wirklich daran, wann wir das letzte Mal so unbeschwert zusammen Zeit verbracht hatten, nur in unserer kleinen Runde.

„Beinahe?", fragte Thor laut lachend nach, „Hätten Hogun und ich dir nicht geholfen, wärst du lange tot."
„Wie alt warst du da bitte?", fragte ich erheitert nach, denn so wirklich viel sagen tat mir diese Geschichte nichts und immerhin war ich mit ihnen zusammen aufgewachsen.

„Das war sogar noch vor deiner Zeit", antwortete Fandral, sah nachdenklich in die Ferne, als würde er sich lebhaft wieder an den Tag erinnern, „Wir waren als Kinder ja solche Idioten."

„Ihr müsst dann ja verdammt jung gewesen sein", warf ich ein, schließlich waren sie alle nicht sehr viel älter als ich und ich war sehr jung gewesen, als ich zu ihnen gekommen war.

„Sie sind immer noch kein Stück reifer geworden und das ist das traurige an der Geschichte", warf Sif ein, die gleich daraufhin von Fandral einen Kuss auf gezwängt bekam und schmunzelnd schüttelte ich den Kopf, sah sehnsüchtig zu der Türe mit der Hoffnung Loki würde endlich zu uns stoßen, doch ausgerechnet er musste sich ja dazu bereiterklären Heimdall für Neuigkeiten aufzusuchen. Mir gefiel es ganz und gar nicht, wenn er oder Thor alleine unterwegs waren, einfach weil jeder es am allermeisten auf genau die beiden abgesehen haben würde.

„Er wird schon kommen", flüsterte Cole mir zu, der meinen Blick bemerkte und seufzend sah ich zu ihm, weg von der Türe.

„Ich weiß. Ich glaube dieser Krieg macht einen ganz Verrückt langsam."
„Das auf jeden Fall. Mit dem Gedanken dem Ende so nahe zu sein, fange ich doch glatt an Ivanka wirklich zu lieben", erwidere er amüsiert und ich verdrehte meine Augen von der Aussage, als die Türe endlich aufging und ich erleichtert aufatmete bei Lokis unversehrtem Anblick.

Loki|| He will be the death of me ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt