103. Alles muss enden

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Loki

Mein Kopf fühlte sich so leer und doch auch so merkwürdig voll an, als ich mit dem Vorsatz mich zu töten, es zu beenden, meinen Qualen ein Ende zu bereiten, durch die leer wirkenden Gänge des Palasts schritt. Ich nahm meine Umgebung dabei kaum wirklich wahr, ließ mich von meinen Füßen wie in einer Art Trance tragen und führen, versuchte an etwas zu denken, was die Sache einfacher machen würde, doch in meinen Gedanken war einfach dieses Chaos, das versuchte die Leere in mir auszufüllen und mich wahnsinnig werden ließ. Ich wollte vermutlich den ganzen Schmerz einfach nur enden lassen. Ich hatte genug gelitten gehabt in meinem Leben, genug für tausende von Leben und es würde so schnell auch kein Ende geben, weswegen es der einzige Weg für Besserung wäre. Ich wollte und konnte nicht mehr Leben mit dem Wissen, was ich getan hatte, nicht wenn ich immerzu an sie denken musste, ihre Stimme in meinem Kopf hallte, ich überall, wo ich auch hinsah, Erinnerungen erkennen konnte.

Ich hielt mit meiner Hand das Fläschchen voll Gift feste umschlossen, während ich durch den wie ausgestorbenen Gang lief, glaubte es eigentlich bald zerbrechen zu müssen, so viel Druck wie ich dagegen ausübte, doch ich durfte nicht schwach werden, nicht zögern, mich nicht einer einzigen verdammten Sekunde meiner eigenen Unsicherheit, wie richtig das hier war, hingeben. Marcy war fort, unser Kind war fort und es würde nichts geben, was diesen Schmerz nehmen, was dieses Leben noch lebenswert machen könnte. Was sollte es auch sein? Thor als Diener zu dienen? Ein Teil der Avengers werden? Fast hätte ich von diesem absurden Gedanken aufgelacht, aber nur fast.

Zittrig atmete ich durch, versuchte meinen Kopf weiter leer von Gedanken zu halten, von Erinnerungen, die in diesen vertrauten Wegen nur so über mich hereinbrachen, doch ich wollte nicht mehr eine einzige Träne vergießen müssen, das hatte ich schon weitaus genug getan innerhalb der letzten paar Stunden. Ich hatte gar nicht mehr die Kraft zu weinen, zu schreien, um irgendwas wirklich zu machen. Das war vermutlich auch der Grund, weswegen ich mehr als nur erleichtert ausatmete, als vor mir um die Ecke Fandral gebogen kam, der alles andere als gesund wirkte, sich an den Wänden abstützte und gekrümmt versuchte sich seinen Weg weiter zu erkämpfen, doch seine Anwesenheit würde mich kurz wenigstens ablenken können, auch wenn ich das eigentlich gleichzeitig gar nicht wollte. Augenblicklich verschwand meine Erleichterung jedoch auch wieder, als ich daran dachte, dass er vermutlich nur meinetwegen so fertig war, was mich gleich wieder daran denken ließ, wie ich nur seinetwegen herausgefunden hatte, wo Marcy sich befand, um sie letztendlich...

„Solltest du nicht in einem Bett liegen?", fragte ich nach und war erstaunt darüber wirklich noch die Kraft aufgetrieben zu haben, um herablassend, fast spöttisch dabei zu klingen. Fandral sah fast schon angewidert zu mir auf, schien mich bis dahin nicht einmal bemerkt zu haben und wirkte allgemein so, als würde er Fieber haben müssen, so benebelt wie er wirkte.

„Loki", brachte er schwach und dennoch voller Abscheu hervor, „Ich habe keine Zeit mich mit dir abzugeben. Ich muss zu Sif...ich muss sehen, dass es ihr gut geht."
„Sehe ich, aber du wirkst auch nicht so, als würdest du in deinem Zustand noch sehr weit kommen!", erwiderte ich, verstand nicht, wieso ich überhaupt stehen geblieben war, wieso ich nicht weiter lief, es enden ließ, doch egal wie sehr alles in mir auch danach schrie mich umzubringen, so schrie immer noch ein Teil in mir, ein winzig kleiner Teil, dass Marcy niemals gewollt hätte, dass ich das mache. In mir zog sich alles schmerzvoll zusammen, als ich nur an sie dachte, glaubte mal wieder ihre Stimme, ihr Lachen in den Gängen widerhallen zu hören und obwohl ich wusste, dass es nicht echt war, sah ich mich panisch davon geleitet um, fühlte mich heimgesucht in diesen zu vertrauten Mauern, was Fandral zu bemerken schien.

„Du kannst mir gar nichts vormachen, Loki", bemerkte dieser nämlich und riss mich wieder zurück in die Realität, „Du spielst dich wie ein Arschloch hier auf, hast dieses falsche Lächeln aufgesetzt, doch die Schuld zerfrisst dich bei lebendigem Leib."
„Du hast doch keine Ahnung!", zischte ich abfällig, zitterte vor Wut und hatte das Verlangen ihn erneut abzustechen, doch ich war unbewaffnet und was brachte es mir schon? Ich hätte nicht stehen bleiben sollen, ich hätte einfach weiter gehen sollen.

Loki|| He will be the death of me ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt