Kapitel 5

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Oh mein Gott, war das peinlich!

Wie konnte ich nur einfach mitten in den Vortrag hineinplatzen? Ich hätte ja auch ohne Jacke in den Garten gehen können... Aber dann wäre Owen sauer geworden.

Ich ging nun durch die langen Flure des Schlosses mit den runden Bögen und den vielen Verzierungen. Hübsche Kronleuchter waren in regelmäßigen Abständen an der Decke angebracht worden.

Ich lief durch die riesige Tür, die nach draußen in den Garten führte. Zwei Wachmänner standen davor und starrten stur geradeaus. Ich stand auf einer Terrasse, die aus dem selben hellen Stein wie das Schloss bestand. Eine breite Treppe führte in den Garten und ging in einem wunderschönen weißen Kieselsteinweg über.

Es wurde nun langsam finster und der Sonnenuntergang spiegelte sich in dem etwas entfernten See wieder.

____

Ich lief ein wenig umher und ehe ich mich versah, war es auch schon dunkel. Ich beschloss zurück ins Schloss zu gehen. Mein Bruder würde zwar noch ein Weilchen brauchen, aber ich konnte ja vor der Tür warten. Denn ganz sicher würde ich nicht nocheinmal anklopfen, einmal hatte mir gereicht.

Ich griff in meine Manteltasche und tastete nach meinen Handschuhen, als ich ein Geräusch hörte. Ich zuckte unwillkürlich zusammen und schaute mich um. Ist da etwas ins Wasser gefallen?

Ich drehte mich in Richtung See und sah nur ein kleines, blondes Köpfchen, welches stockend nach Luft schnappte und auch schon wieder unterging.

Ohne nachzudenken, rannte ich auf dem kleinen Steg zu. Währenddessen zog ich mir meinen Mantel sowie meine Schuhe aus und schon sprang ich ins eiskalte Wasser.

Ich hatte furchtbare Angst vor dem Wasser und schwimmen konnte ich auch nicht richtig. Meist bekam ich nach zwei Minuten im Wasser Panik und schrie nach meinen Bruder.

Nun dachte ich nur an die kleine Person und tastete hektisch um mich, bis ich eine kleine, zierliche Hand ergriff. Diese zog ich nun mit mir nach oben und ich holte zitternd Luft. Das Wasser war Gott sei Dank nicht so tief, so dass ich immerhin stehen konnte.

Ich hob das kleine Wesen auf den Steg und kam kurze Zeit später auch schon hinterher.

Ich drehte die besagte Person um und schaute in die großen, blauen Augen eines kleinen Mädchens. Sie konnte nicht älter als vier oder fünf Jahre sein.

"Alles okay mit dir?" fragte ich und klopfte ihr auf dem Rücken, bis sie aufhörte zu husten.

Mit weit aufgerissen Augen starrte sie mich an und im nächsten Moment schlang sie die Arme um mich und fing an zu weinen, "Es tut mir... leid. Es ...tut mir leid. Ich mach... das ...auch nie wieder... versprochen!"

Ich streichelte ihr über den Kopf und versuchte sie zu beruhigen, "Schhh schhh, alles ist gut, Kleines."

Als sie aufgehört hatte zu weinen, stand ich auf, zog mir meine Schuhe an und wickelte sie in meinen Mantel.

"So ist es besser, nicht? Sag, wie heißt du überhaupt und was hast du denn hier draußen getrieben?" fragte ich, nahm das Mädchen auf dem Arm und trug sie ins Schloss. Für ihre Größe und ihr Alter war sie erstaunlich leicht.

"Ich bin Alice. Ich wollte nur ein bisschen spielen..." sagte sie mit ihrer piepslich kindlichen Stimme.

"Alice? Prinzessin Alice?"

Ihre Miene hellte sich bei diesen Worten sofort auf und ein ein Lächeln erschien, "Jaa! Genau! Mein Daddy ist nämlich ein König!"

Ich lachte und wir traten ins Schloss, wo uns schon eine panische Zofe entgegenrannte.

"Oje, Prinzessin! Was ist geschehen! Das ganze Schloss sucht Sie schon!"

"Sie ist in den See gefallen. Es wäre besser, wenn wir ihr erstmal etwas Trockenes zum Anziehen besorgen würden," meinte ich.

"Aber gewiss doch," sagte sie und führte uns durch das Labyrinth aus Gängen und Treppen. "Wir haben vorsichtshalber dem Prinzen noch nichts über Ihre Abwesenheit erzählt, Hoheit."

Ich fand es sehr amüsant, dass ein kleines Mädchen 'Hoheit' genannt wurde. Alice hat aber anscheinend nichts dagegen, dass ich sie nicht mit ihrem Titel angesprochen hatte.

"Nichts sagen! Er wird sonst böse sein," sagte die Prinzessin und schaute beschämt nach unten.

Ihre Wortwahl beeindruckte mich, da sie für eine Vierjährige doch schon einen großen Wortschatz hatte, aber ich bin mir sicher, dass sie bestimmt speziellen Sprachunterricht bekam. Allerdings machte sie trotzdem noch viele Pause zwischen ihren Wörtern und ihre Stimme war einfach zu niedlich.

Sie sprach auch die Wörter ganz anders aus. Beispielsweise sagte sie 'Könis' statt 'König' oder 'is' statt 'ich'.

"Wie Sie wünschen. Aber wir müssen ihm noch heute darüber unterrichten."

Alice murmelte leise etwas Unverständliches und damit war das Gespräch beendet.

My Beauty -Abgeschlossen-Where stories live. Discover now