Kapitel 6

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Die Zofe führte uns in den dritten Stock und wir hielten vor einer weißen Tür mit goldenen Türknauf. Okay, eigentlich hatte jede Tür im Schloss einen goldenen Türknauf, aber dieser hatte die Form einer Rose.

"Das ist mein Zimmer," sagte Alice stolz und wir betraten den Raum.

Wie ich erwartet hatte, waren die Wände rosa gestrichen und das Bettzeug mit rosaner Bettwäsche überzogen. Auf dem Fußboden lag ein langer, kuscheliger, rosa Teppich und die rosafarbenen Vorhänge reichten bis zum Boden, der zudem mit unzähligen Babies in rosanen Kleider und Einhörnern mit rosaner Mähne übersät war.

Man sah, dass dies das Zimmer einer Prinzessin war. Vollkommen übertrieben viele Spielsachen und Puppen lagen auf dem Boden verstreut.

Keine zwei Schritte in den Raum und ich stolperte schon fast über einen rosanen Stoffhasen.

"Ach, der ist ja niedlich!" rief ich entzückt aus, "Der sieht ja fast so aus wie meiner!"

"Den hab ich von meiner Oma bekommen," sagte sie stolz und ging durch eine Tür am anderen Ende der rosanen Halle.

Mich überraschte es nicht, als sie mit einem rosanen Kleid in der Hand wieder heraus kam. Ich schaute mich nach der Zofe um, musste jedoch feststellen, dass sie mich allein gelassen hatte.

"Solltest du dich nicht lieber bettfertig machen?" fragte ich und beäugte misstrauisch den Haufen aus Tüll.

Sie zog eine Schnute, hing das Kleid wieder in ihren Schrank und ging zum Bett. Nun war ich doch verblüfft, als sie einen weißen Schlafanzug hervorzog. Sie drehte ihn um und ich sah, dass er mit einer kleinen, rosanen Prinzessin bestickt war. Ich hätte mich sonst gewundert...

"Hm, du musst auch etwas anziehen." sagte sie und ging zu einer Kommode und zog dann etwas heraus.

Oh, bitte nichts Rosanes!

Meine Gebete wurden anscheinend erhört, denn als sie sich umtrete, hatte sie einen grau, schwarz, weiß gemusterten Pullover in der Hand.

"Der gehört meinen Bruder. Du kannst ihn aber anziehen, er hat sicher nichts dagegen."

Ich half ihr, ihr Kleid auszuziehen und das Nachthemd drüberzustreifen, bevor ich selbst meine Kleidung gegen den Pullover tauschte, während Alice ins Bad hüpfte.

Wieder einmal wunderte ich mich über die Ausdrucksweise der Prinzessin. Ihre Aussprache war zwar sehr kindlich, aber ihre Wortwahl war ziemlich beeindruckend.

Der Pulli war sehr groß und verdeckte -Gott sei dank- einen Großteil meiner Oberschenkel. Es war nur ein wenig ungewöhnlich, von anderen einfach so die Sachen anzuziehen. Ich konnte ja später einfach meinen Mantel drüber ziehen, dann würde man nicht sehen, was ich darunter trug.

Ein seltsam herber Geruch stieg mir in die Nase. Irgendwie nach Mann... und nach Herbst, aber keinesfalls unangenehm. Ich schaute mich um, um zu sehen woher der Geruch kam. Dann viel es mir ein: Der Pullover!

Wow Prinz Alexander riecht echt gut!

Alice trat aus dem Bad und hielt einen Föhn in der Hand, "Kannst du mir die Haare föhnen?"

"Aber gerne doch, Prinzessin."

Sie setzte sich im Schneidersitz zu meinen Füßen und steckte den Föhn an.

Während ich ihr und dann mir die Haare föhnte, fing ich an zu summen.

"Was ist das für ein Lied?" fragte sie, als meine Haare getrocknet waren.

"Ein Schlaflied. Das sang mir meine Mutter immer vor. Soll ich dir eine Frisur vorm Schlafen gehen flechten?" versuchte ich erfolgreich sie abzulenken. Ich sprach nicht gern über meine Familie.

"Oh ja!" rief sie. Mein Haar waren mittlerweile wieder lockig. Toll. Der ganze Aufwand umsonst.

"Wir heißt du?" fragte sie mich.

"Belle," sagte ich, worauf Alice kicherte und anfing, ihre eigene Version von Jingle Bells zu singen.

Als ich Alice ein paar rosane Bänder ins Haar geflochten hatte -obwohl es eigentlich Schlafenszeit war-, kam die Zofe von vorhin hereingestürmt. Böse schaute ich sie an, da sie mich mit der Prinzessin, ohne eine Wort zu sagen, allein gelassen hat. "Der Prinz verlangt nach Ihnen, Prinzessin. Wir haben ihn gerade über ihr Verhalten unterrichtet. Ich soll Sie unverzüglich zu Ihm bringen. Er ist sehr in Sorge."

"Er ist nicht böse? Belle soll mitkommen. Wir können ihm meine neue Frisur zeigen!" sagte Alice, schnappte sich meine Hand und zog mich erbarmungslos zur Tür.

My Beauty -Abgeschlossen-Where stories live. Discover now