Kapitel 30

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Davor lag auf dem Boden eine Gestalt mit dunklen Haaren und blutverschmierten Gesicht. Heiße Tränen schossen mir in die Augen und bahnten sich einen Weg über meine Wangen.

"Owen...", brachte ich flüsternd hervor. Doch er reagierte nicht. Er hatte nach wie vor seine Augen geschlossen und seine aufgeschürften Hände lagen neben seinen Kopf. Lediglich das sanfte Heben und Senken seiner Brust wies daraufhin, dass er noch lebte.

Ich stürzte auf ihn zu und ließ mich neben ihm auf den Boden fallen. Seine Lider flackerten als ich sanft mit einer Hand seine dunklen Locken aus dem Gesicht strich.

"Ach Schwesterherz. Du musst doch nicht weinen...", sagte Owen und öffnete langsam seine Augen. Plötzlich wurde er von einem heftigen Hustenanfall erfasst. Er drehte sich auf die Seite und versuchte sich auf seine Ellenbogen auf zu stützen.

"Warte, ich helfe dir", sagte ich und wischte mir die Tränen aus den Augen. Ich half ihm, sich aufzurichten, wobei ich die schwere Eisenkette bemerkte, die an seinem Knöchel befestigt war.

Geschockt starrte ich darauf. Ich merkte, wie sich langsam eine ungeheuere Wut in mir breit macht. Wut auf Alexander.

Wie kann er das nur zulassen?

Ich unterdrückte meine Wut. Schließlich konnte ich dann mit ihm darüber reden. Meine Angst war ersteinmal verrauscht.

Owen schaute mir liebevoll in die Augen, doch dann viel sein Blick auf etwas hinter mir. Oder besser gesagt: auf jemanden hinter mir.

Auf Owens Gesicht spiegelte sich blanke Abscheu wieder. Blanke Abscheu und ein überwältigenden Hass. Ich bin mir sicher, dass dieser Blick Alexander eingeschüchtert hätte, hätte er ihn gesehen. Doch er hatte die Augen geschlossen und lehnte an der Wand neben der Tür, was mir ein Blick über meine Schultern verriet.

Ich konnte mich schlecht mit Owen über unsere Abreise unterhalten, wenn Alec alles mithörte. Ich war mir sicher, dass er das nie zulassen würde. Doch da kam mir eine Idee.

"Wie geht es dir?", wendete ich mich in fließenden Spanisch an meinem Bruder. Ich war mir sicher Alexander sprach keins. Höchstens noch Französisch, aber sonst sprach er nur Englisch. Ich glaube, mich zu erinnern, dass es einmal in einer Zeitschrift gestanden hatte.

Owen schaute ein wenig verduzt, bevor er es dann jedoch Begriff und lächelte. "Den Umständen entsprechend... mein Schädel tut nur weh", sagte er ebenfalls auf Spanisch und griff sich an den Hinterkopf. Als er seine Hand wieder wegnahm, schimmerte sie rot.

"Ojee Owen! Lass mich mal sehen", befahl ich. Er zeigte mir die blutende Stelle, damit ich sie untersuchen konnte.

"Oh, also sie blutete nicht sehr stark, aber das sollte sich trotz mal jemand Erfahrenes ansehen", sagte ich sichtlich erleichtert, als ich bemerkte, dass sie nicht so groß war, wie zuerst angenommen. Ich riss ein Stück des dünnen Stoffes meines T-Shirts ab und wickelte es ihm einmal um seinen Kopf. "Was ist eigentlich passiert? "

"Tja, ich hab mich mit ihm da...", sagte er und deutete mit dem Kinn auf Alexander. "...geprügelt. Das hat anscheinend irgendeine Wache mitbekommen und hat mir dann von hinten eins über den Schädel gezogen."

Mir blieb tatsächlich die Luft weg. Ich öffnete meinen Mund, um etwas zu erwidern, aber sogleich schloss ich ihn wieder, da ich nicht wusste, was ich sagen sollte. Wieso um Himmels Willen haben sie sich den geprügelt?

"Frag erst gar nicht. Ich wollte mit ihm mal ein ernstes Wörtchen reden, aber er hat total überreagiert und tja... dann kam eins zum anderen. Du weißt ja, wie Männer sind", meinte er, als hätte er gemerkt, dass mir die Worte fehlen. Er erzählte mir, was passiert war mit einer Unbeschwertheit, so als wäre es das Normalste der Welt oder als wäre alles schon Jahre her und nicht der Rede wert.

My Beauty -Abgeschlossen-Where stories live. Discover now