Kapitel 38

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Eigentlich weiß ich nie so recht, was ich denken darf. Ist es richtig so zu handeln? Ist es gut?

Unruhig atme ich ein und aus und blicke das leuchtende Zeichen an, das vor mir immerzu aufblinkt. Ich hätte vielleicht- nein. Das was ich tat, war okay... sowieso hätte ich nicht gewusst, was ich tun sollte.

Zombey ist aus dem TS. Sie hätten mich durchlöchert, mich schlecht fühlen lassen. Sie hätten auf Zombey herumgehackt. Ich wollte mir das nicht anhören, also bin ich aus dem TS und habe unmittelbar meinen PC ausgeschalten. Nur das kleine, rote Licht meines Monitors blinkt mir entgegen. Aber jetzt ist selbst das aus. Ich habe auf den Knopf gedrückt.

Entfernt höre ich den Ruf meiner Mutter. Essen, blitzt es mir in mein Kopf. Als ich aufstehe, fällt mir mein Handy in den Blick, welches ich nach wie vor in meiner Hand halte. Zombey - zuletzt online 18:32 Uhr

Ach. Entnervt schnaufe ich aus und schalte mein Handy ebenfalls ab. Kurzerhand landet es in meiner Schublade, welche ich verschließe. Den Schlüssel lasse ich in meiner Jackentasche verschwinden. Das darf ich später nicht vergessen.

"Hallo", begrüße ich meine Mutter, die mich vorhin noch so eigenartig ansah. Sie lächelt knapp und bittet mich, mich zu setzen. Mein Vater sitzt neben mir. Er erschrickt mich aber etwas. Sein kühles und schier emotionsloses Auftreten eher gesagt. Was ist denn los? So hat er mich schon lange nicht mehr angesehen. Die beiden haben doch nicht Streit?

Ich sehe auf den gedeckten Tisch. "Wo sind die anderen?", frage ich mich umblickend. "Noch im Wohnzimmer", antwortet meine Mutter. Sie setzt sich mir gegenüber. Verwirrt sehe ich meine Eltern abwechselnd an. Sind sie sauer? Auf mich? Wieso...? Was- "Maurice." Langsam sehe ich auf. "Du kannst immer mit uns reden. Das weißt du", fährt mein Vater fort. Ich nicke selbstverständlich. "Gut", meint meine Mutter. "Bist du schwul?"

Überrascht und vollkommen aus dem Konzept gekommen, starre ich sie an. Ich spüre die Röte auf meinen Wangen, welche unmittelbar in mein Gesicht schoss. "Nein!", sage ich. Schwul? Aber- Wieso denken sie das? Ich... ich habe nie- na gut, ich kann sie irgendwie verstehen. Ich nahm noch nie ein Mädchen mit nach Hause. Aber genauso wenig einen Jungen. Zumindest nicht in ihrer Anwesenheit.

"Wieso denkt ihr das?", bringe ich mulmig heraus. "Deine Mutter hat mir von deinem Freund erzählt, der heute hier war." Freund...? "Killian?!" Entgeistert sehe ich mich um, bis ich erschrocken verharre.
Noah steht im Türrahmen und starrt uns an. Er wirkt sichtlich nervös und scheint einen Kloß hinunter zu schlucken. Unsere Eltern haben ihn jedoch noch nicht bemerkt. 

"Als er mit Noah redete, da schien er so, als wärt ihr beide ein Paar. Er sagte etwas- etwas dass du ein heißgeliebter Kerl bist und er dich abholen will, weil- eh. Ah ja, weil er etwas wichtiges mit dir zu erledigen hat. Aber das hat er dir sicher selbst erzählt", lächelt meine Mutter. "Ich war nur etwas überrascht, Maurice. Normalerweise redest du doch immer mit uns. Vor allem wenn es um so etwas geht. Und dass jemand wie er deinen Interessen entspricht, wusste ich auch nicht", lacht sie und wirkt dabei ein Stück überfordert mit der Situation.

Sie sehen mich so ermutigend an und wäre ich tatsächlich an Männern interessiert, dann würde mich das bestimmt freuen. Aber das bin ich nicht!
"Mama, ich- ich bin nicht mit Killian zusammen. Er-", stocke ich. Ich bin etwas sprachlos. "Er war nur da, weil er gemerkt hatte, dass sein Kumpel ein paar Probleme hat. Killian wollte mich bitten, vielleicht mal mit ihm zu reden."

Erst noch sieht sie mich durcheinander an, bis ihr Kopf urplötzlich nach rechts schießt und sie Noah erblickt. "Noah!", haucht mein Vater. Als sie anfangen entgeistert daherzublicken, sehe ich nun auch wieder zu meinem Bruder. Eine Träne fließt seine Wange hinab und hält bei seinem Kinn inne. "Noah!", schreie ich verdattert, ehe ich aufstehe und ihn sofort an mich drücke, wo er lauthals zu schluchzen beginnt. "Was ist los?", flüstre ich verblüfft.
"Es ist-", weint er. "Es ist nichts." Urplötzlich reißt er sich von mir los und rennt ohne uns eines Blickes zu würdigen die Treppen hinauf. Ich zucke zusammen, als seine Zimmertür laut zupoltert.

Konfus drehe ich mich um und durchlöchere meine Eltern. Sie scheinen aber genauso wenig Ahnung zu haben. Noah ist vorhin schon so empfindlich gewesen und selbst da sah ich nur Fragezeichen, genau wie jetzt. Könnte ihn der Gedanke erschrocken haben, dass ich womöglich an Männern interessiert bin? Aber wieso sollte er deshalb weinen? Außerdem hat er doch gehört, dass das nur ein Missverständnis war.

"Ich- gehe mal zu ihm", bringe ich starr heraus, bis ich mich umdrehe und selbst die Treppen hinauf laufe. Vor seinem Zimmer halte ich für einen Moment inne, klopfe dann aber doch an seine Tür. Er antwortet nicht, ich gehe aber trotzdem rein. "Was machst du denn?!", frage ich durcheinander. Er steht vor seinem Bett und scheint sein Rucksack zusammenzupacken. Gerade landet sein Ladekabel darin. Als er mich vernimmt, sieht er erschrocken auf und wischt sich gleich danach eine Träne aus dem Gesicht. "Nichts!", antwortet er. Seine Stimme ist fast schon wie ein schwaches Piepsen. Entschlossen laufe ich näher an ihn heran und beobachte ihn weiter dabei wie er seine Tasche packt. "Und wo willst du hin?" Diesmal versuche ich es ruhig anzugehen. Vielleicht verrät er es mir ja doch. "Das brauchst du nicht wissen, Maurice. Geh bitte."

Ich nicke verstehend, bewege mich aber dennoch kein Zentimeter. Dafür erhalte ich ein finsteren Seitenblick, ehe Noah auf sein Kleiderschrank zusteuert. "Haben Mama und Papa irgendetwas gemacht?" Noah verneint leise. "Habe ich irgendetwas gemacht?", frage ich mulmig. Energisch atmet Noah auf. "Nein!" Einen Augenblick lang sieht er mich sogar an. "Was ist dann? Wieso weinst du?"

Unmittelbar wendet er sich ab und dreht sich vollkommen zum Fenster. Ich höre ihn leise schluchzen. "Das brauchst du auch nicht wissen." Verzweifelt sehe ich ihn an. Ich möchte ihm unbedingt helfen.

"Ich bin eine Weile bei- bei einem Freund", murmelt mein Bruder. Er packt seine Tasche und sieht mich zögernd an. "Ich muss-" Mehr sagt er nicht... wie als würde er den Satz verschlucken. Ich möchte ihn aufhalten, doch er unterbricht mich sofort. "Keine Sorge, ich gehe in die Schule." Dass ich verwirrt bin, nutzt er aus, denn plötzlich rennt er aus seinem Zimmer. Als ich ihm hinterhergehe ist er schon unten im Flur und schnappt sich seine Schuhe. Dann ist er weg und ich sehe ihm durch die geschlossene Tür hinterher.

Herr Doll... Zomdado & DadosaftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt