Kapitel 42

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Er mit seinen makellosen, schwarzen Haaren. Er strahlt mir entgegen und wirkt so unglaublich provokant, als wolle er mir mit meiner eigenen unverkennbaren Wut den Atem rauben. Und dann verschwindet er. Er kennt mich gar nicht, das zeigte er allen. Aber er weiß es, ich weiß es.

"Du bist heute echt nicht bei der Sache, Noah." Abgedriftet nicke ich. "Willst du dich nicht etwas hinlegen? Später schneidest du dich noch, Kleiner." Ja, am liebsten will ich das, aber wenn ich das mache, dann werde ich nur noch mehr an meine Eltern denken. Mir tut es unfassbar leid, einfach gegangen zu sein und dabei wissen sie noch nicht einmal weshalb.
Am meisten hat sich der Gedanke zu Maurice in mich eingegraben. Er ist mein großer Bruder, mein ältester Bruder, es könnte sogar sein, dass ich manchmal zu ihm aufsehe, und ich weiß dass ich ebenso ein wichtiger Teil für ihn bin. Schon allein die letzten Tage, als er mich ständig ziemlich aufdringlich ausfragte. Nun gut, er wollte wahrscheinlich nur etwas mehr von meinem Alltag erfahren, trotzdem gab mir das das Gefühl, als wäre es ihm wichtig gewesen. Insbesondere vorhin als ich packte.
Seinen Augen strahlten reinste Besorgnis aus und ich- würdigte ihm kaum einen Blick.

"Noah! Hörst du zu?" Erschrocken weiche ich zurück, als mich Basti zur Seite schubst. "Ich schneide - du machst Wasser in den Topf. Okay? Ich kann dich wirklich nicht verletzt gebrauchen." Wieder nicke ich, diesmal bringe ich aber ein dumpfes 'okay' über meine Lippen. 

Bevor ich nach dem Topf greife und Wasser reinfülle, stelle ich noch eben die Temperatur auf warm, damit er darüber nicht auch noch meckern kann. Zumindest meine Mutter würde das, denn sie legt stets wert darauf. Danach landet der Topf auf dem Herd. "Hier", schmunzelt Basti und blickt dabei für einen Augenblick zu mir. Dankend nehme ich das Öl entgegen. Ich versuche seine spöttische und wissende Art einfach mal zu verdrängen. Das Salz saust in den Topf, bis Basti nach meinen Schultern greift, mich aus der Küche drückt und schließlich auf das Sofa. "Deine Sendung läuft." Die Fernbedienung prallt etwas unerwartet und wuchtig auf meinem Brustkorb auf. Ich konnte Basti nicht mal ansehen, so schnell verschwand er zusammen mit seinem Schatten in der Küche.

Nichts desto trotz schalte ich RTL ein.

"Dieser Idiot", hauche ich in mein Kissen. Er hätte mich wenigstens richtig ansehen können. "Bin ich denn wirklich nur der Bruder von Maurice für ihn?" Nein. Was denke ich denn? "Er musste es machen. Ich bat ihn doch darum!" Er hat nichts falsch gemacht.

Es war nur Schauspielerei... Dennoch hat es mich verletzt. Und ich bin mir irgendwie relativ sicher, dass wenn er mich nur einmal anlächeln würde, ich diese Gefühlskacke unmittelbar verschlagen könnte. 

"Wir können heute nichts machen, mein Bruder besteht darauf", äffe ich ihn nach. Dass Maurice dabei ist, ist überhaupt schon riskant genug. Das passiert nun mal wenn er sich mit Leuten anfreundet. "Aber Maurice wird ihn sowieso nicht mögen." Er mag nur den anderen. Wie hieß er? "Fabian", wispre ich. 

Das Klingeln weckt mich auf. "Wieso ist das Telefon hier?", murmle ich. Lustlos raffe ich mich auf und gehe zu meinem Schreibtisch. "Hallo?"

"Hi, ich bins Maurice. Kannst du Mama sagen, dass ich erst morgen wieder komme?" Er schläft bestimmt bei Fabian. 

Hmh. Vielleicht werde ich sein Lächeln ja doch noch zu Gesicht bekommen! Aufgeregt beginne ich zu grinsen.

"Ja, wo bist du denn? Bei deinem Kumpel?", frage ich lächelnd. "Nein. Also ja doch irgendwie. Wir schlafen aber bei Edwin, seinem Bruder." Edwin? Aber-

"Rauchst du?" Verblüfft sehe ich auf. Um diese Uhrzeit ist es nicht besonders verwundernd, dass jemand vor meiner Nase aufkreuzt. Nur ist mir das bisher nie passiert. "Nein", antworte ich krächzig und stöpsle meine Kopfhörer zügig heraus. "Scheiße... trotzdem danke!" Der Typ verschwindet wieder. Er hätte es doch wissen müssen, besonders alt sehe ich nicht aus. Schon gar nicht so alt wie er. Na gut, er ist vielleicht ins Adams Alter. Nein, eher in Maurices.

Herr Doll... Zomdado & DadosaftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt