Kapitel 50

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"Irgendwie hängt mir immer alles hinterher. Ich habe da diesen Klos am Bein und der will einfach nicht weg-", schluchzt mein Bruder. "Ich versuche alles, wirklich alles. Ich habe keine Ahnung, was ich noch... was-" Wieder entrinnt ihm ein leises Schluchzen, als er sich bestürzt mit dem Kopf in seine Knie vergräbt.
Unsicher lege ich meine Hand auf seine Schulter, "Hey, jetzt-", doch er bleibt ungerührt und erhöht sein Gejaule. "Mama ist doch gar nicht so arg. Sie ist doch eine gute... Mutter."
Wortlos nickt er.

"Ich will sie doch überhaupt nicht verurteilen. Ich weiß, dass sie toll ist, okay?", sagt er irgendwann. "Trotzdem zog sie schon oft über Dinge dieser Richtung her. Allein schon wie sie sich verhalten hat, als- als die Sache mit Killian und dir war. Wie meinst du, würde sie wohl- würde sie- wenn ich ihr sage... und dann-", krächzt mein Bruder und verstummt zugleich.

"Sie zog darüber doch überhaupt nicht her!", antworte ich. Noah schüttelt nur den Kopf: "Wärst du mal dabei gewesen." Er lächelt als er mein Unwissen bemerkt, lächelt trotz seiner verdunkelten, roten Augen, trotz dass er eben weinte, und lässt sich selbst unglaublich traurig aussehen. "Am selben Tag, als ich Killian nach oben bringen sollte, um mit ihm zusammen auf dich zu warten, war sie irgendwie wirklich durch den Wind. Kaum waren wir aus ihren Augen, hat sie angefangen rum zu fluchen. Ganz nach dem Motto, dass wenn dich mal jemand wie Killian besucht, könne das nur auf ein Resultat enden. Sie verhielt sich völlig schräg und so dann auch Papa, als sie ihm die ganze Story auch noch aufdrückte." "Noah, nur weil mich mal ein Junge besucht - jemand besucht - heißt dass doch nicht gleich, dass ich mit dieser Person-" Noah räuspert sich verlegen. "Irgendwie doch. Aber hey- das ist die Meinung von unserer Mutter."
"Ja und deine... offenbar."

"Sie werden bei mir sicher dasselbe sagen, wenn sie davon Wind bekommen", weicht er dem Thema aus. "Vielleicht denken sie auch, es liegt nur an der Jugend und ist 'ne Phase oder sowas. 'Sowas macht man und dann geht's vorbei', richtig? Oder nicht?" Er lacht verzweifelt auf.
"Ich werde jeden Tag, wenn wir mit ihnen in der Stadt sind, ein: 'Hey, sieht das Mädchen nicht hübsch aus, Noah? Oder nicht, mein Schatz?' zuhören bekommen und das bis ich endlich ihr Willen akzeptiere."
Es bleibt still. Es dämmert allmählich. Als ich aufwachte war es noch stockdunkel. Es war auch kühler draußen. Und Noah saß hier in eine Decke eingewickelt. Als ich ihn fragte, was denn sei, brach er in ein bitterliches Weinen aus und erst als ich ihn beruhigte und umarmte, rückte er mit der Sache raus.

"Ich mag Basti ziemlich sehr", nuschelte er irgendwann aus dem Nichts. Er hatte davor noch geschnaubt und geweint und aus heiterem Himmel brachte er die Worte über sich und kuschelte sich noch näher an mich heran, sodass seine Tränen meinen Nacken hinunter liefen. Ich begann schier selbst zu weinen, doch konnte es nicht, als ich erkannte, was er gerade zu vermitteln versuchte. "Ich mag ihn wirklich ziemlich", wiederholte er und da verstand ich, was er wirklich meinte - und ich brachte nichts weiter als ein schwach gepustetes 'Oh' heraus, bevor er sich entrüstet und erschrocken von mir abwendete. "Oh?!"
Aber ihm schien diese Antwort dennoch zu genügen, er legte sich zurück in meine Arme und starrte durch die Luft, bis hin zu diesem Moment, als er mir von Mama und Papa erzählte

Als es tatsächlich hell wurde und der Vormittag anbrach, wir frühstücken und duschen waren, beschlossen wir los und in die Stadt zu gehen. Schließlich muss ich noch etwas Zeit totschlagen, bis ich Zombey besuche.  Viel eher, bis ich den Mut finde. Bis dahin mache ich Noah den Gefallen und gehe mit ihm weg. Ohnehin wollte er die Stadt sehen und nachmittags, spätestens abends, würde ich mich wohl überwinden müssen, bei Mika aufzukreuzen und sein idyllisches Leben abseits seiner Identität Zombeys zu unterbrechen.

-

"DU!", flucht Noah, als ich ihn mit meiner Wasserflasche nass spritzte und wir ein Imbiss mitten in der Stadt betreten. "Ich?", grinse ich, was ihn seine Augen verdrehen lässt. "Halt die Klappe", stöhnt er. "Und kauf mir meine Pommes."
"Ich?", wiederhole ich im selben Ton, weswegen er mich entnervt in die Schlange schubst und sich selbst an einem Tisch gemütlich macht.

Herr Doll... Zomdado & DadosaftWhere stories live. Discover now