Close To Heaven.

Die Pferde müssen rein

Es stürmte schon seit der Nacht und ich hörte immer wieder das Zischen des Windes, wie er in Böen gegen das Haupthause fegte und dabei Laub aufwirbelte. Ich saß in meinem Zimmer und begann langsam mit dem Packen. Immer wieder hörte man das Knallen von Stalltüren, welche durch eine Böe gegen die Stallung geschlagen wurden. Häufiger als normal hörte man Pferde wiehern und generell hatte der angekündigte Sturm für Unruhe auf dem Hof gesorgt. Seufzend stand ich von meinem Bett auf und sah raus auf die Weide. Ein paar Stalljungen brachte gerade eine siebenköpfige Herde auf die kleine Weide vor dem Haus. Laub tanzte über den Innenhof und ein paar Mädchen, circa Mitte zwanzig, trugen ihre Sättel und Trensen aus dem Südtrakt. Sie verluden sie in den großen Geländewagen und verschwanden wieder im Stall kurz darauf kamen sie mit ihren Pferden am Strick wieder. Der Schimmel der Braune waren in eine dicke Decke eingepackt und deren Mähnen flogen wild umher, als der Wind wieder stärker wurde. Nacheinander liefen sie Rampe hoch und verschwanden im Anhänger. Wieder verließen zwei Pferde den Stall, weil sie nicht mit nach Kanada kommen würden. Ich sah, wie Daniel aus der Reithalle geritten kam auf Nevados. Wir trainierten den Fuchs zusammen. Er übernahm den Springteil, ich Grundgehorsam und das Gelände. Es war eine gute Aufteilung, denn im Umzugsstress ein Pferd wie Nevados zusätzlich zu trainieren erforderte Nerven. Onyx, welchen ich auch fast täglich bewegen musste, durfte auch nicht zu kurz kommen.

Ich machte mich wieder an die Arbeit und nahm all die Bilderrahmen von meinen Wänden. Sie zeigten die letzten paar Jahre. Die Erfolge mit Nightwish, das glückliche Leben mit meinem Pferd und unseren Freund im Camp, sie zeigten Ben, Mister X, Mom, Peter, Jason, Lynn und Daniel. Der Fokus lag auf meinem Leben in Shelby. Nur wenige Bilder zeigten die alten Zeiten aus Florida. Es fühlte sich gut an, mit dem Thema soweit abgeschlossen zu haben.

Meine Zimmertür ging ruckartig auf und Lynn hielt sich mit der einen Hand am Türrahmen fest, um nicht in mein Zimmer zu fallen. Sie stand in Jogginghose und Hoodie auf Hausschuhen vor mir.

„Wir müssen raus", meinte sie und sah mich ernst an.

„Was?", wollte ich verwundert wissen

„Es soll Sturmböen geben die Bäume entwurzeln können. Außerdem hat der Regen den Boden komplett aufgeweicht. Die Pferde müssen rein. Sofort. Die Ersten sind über die Zäune gesprungen. Daniel hat sie mit Nevados aufgehalten und ist dabei fast selbst aufm Boden gelandet", meinte sie und ging den Flur entlang. Ich folgte ihr, nahm meine Jacke und trat raus auf den stürmischen Hof. Augenblicklich war meine Sicht versperrt, da meine Haare mir wild um die Ohren flogen. Ich sah rüber zu den Weiden und wie die Stalljungen mit ihren Gummistiefeln im Boden einsackten. Lynn wollte zur Weide gehen, doch ich rief sie zurück.

„Zu Fuß kannst du das vergessen. Das dauert zulange. Komm mit", rief ich ihr zu und ging zum Nordtrakt. Auf dem Weg in die Sattelkammer traf ich auf Jason. Er hatte den Schlüssel des Quads in der Hand.

„Ich fahr zur Stutenweide ganz hinten, mit dem Quad ist man schnellsten", meinte er. Ich nickte verstehend.

„Die Stalljungen holen die Alten rein und ich denke wir werden erstmal die große Herde nach vorne holen", erwiderte ich

„Die Stuten gehen vorne erstmal auf den Paddock. Eure Pferde sollten auf die Reithallen aufgeteilt werden und dann sortiert werden, okay? Erstmal alle rein", entgegnete Jason. Verstehend nickte ich und griff zu den Trensen von Schmiddi und Peter Pan. In der Stallgasse gab ich Lynn die Trense von Schmiddi

„Die beiden gehören zu den leichteren und wendigeren Pferden. Nur so sind wir schnell genug", argumentierte ich und trenste Peter Pan noch in der Box auf. Mit Hilfe eines Hockers kletterte ich auf seinen Rücken. Lynn ebenso. Wir trugen beide Jogginghosen und Gummistiefel, doch das interessierte jetzt niemanden. Es musste schnell gehen. Um nicht direkt nass zu werden, ritten wir die U-förmige Stallung ab und ritten dann den Weg zwischen Weiden und Reithalle entlang.