Mal nicht so frech

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Als ich am nächsten Morgen wach wurde, lag ich auf dem Rücken auf der Couch. Matthew lag neben mir und hatte einen Arm um mich liegend. Der Kamin war aus und ich spürte, wie eiskalt es im Haus war. Ich versuchte mich aufzurichten, was mit dem Arm auf meinem Bauch nicht sehr einfach war. Matthew entwich ein leises Murmeln, doch es gelang mir aus seinem Griff zu fliehen. In Slip und meinem Sweatshirt von gestern rollte ich mich vom Sofa. Müde trat ich in Richtung der großen Fensterfront im Wohnzimmer und schob die Vorhänge zur Seite. Was ich sah, gefiel mir gar nicht. Auf den Wiesen und dem Dach der Stallung lag meterhoher Schnee.

„Ich bezweifle, dass du heute nach Hause kommst", gab ich seufzend von mir

„Warum?", kam es müde von Matthew und er trat neben mich. Dann erblickte er das Ausmaß

„Oh shit", murmelte er

„Na los zieh dich an", meinte ich müde und griff nach meiner Jeans

„Ich hab weder geduscht noch gefrühstückt", entgegnete er

„Willkommen aufm Land. Die Pferde haben Vorrang", erwiderte ich und ging in Richtung des Flurs, um meine dicken Winterschuhe anzuziehen.

„Ich habe nicht einmal Klamotten mit", kam es unschlüssig von ihm

„Du bekommst was von Jasons Sachen und jetzt zieh dich an", meinte ich und zog den Reißverschluss meiner Jacke ganz zu. Gemeinsam mit den Hunden verließen wir das Haus und stapften durch den hohen Schnee zur Stallung. Ich blieb vor der Stallung stehen und sah besorgt hoch zum Dach. Jede Menge Schnee hatte sich oben gesammelt und drückte mit einer schweren Last auf das Flachdach.

„Die anderen beiden Stallungen haben gewölbte Dächer, aber dieses ist leider ein Flachdach. Das ist nicht ganz ungefährlich", erklärte ich ihm und betrat die Stallung. Von innen sah es nicht besser aus. Die Schneeschicht war so dick, dass durch das Glas über der Stallgasse kein Tageslicht mehr ins Gebäude fiel und es somit stockfinster war.

„Das sieht nicht so gut aus", kam es auf einmal von Matthew und ich nickte zustimmend

„Das ist nicht gut", stimmte ich ihm zu.

„Und jetzt?", wollte er wissen

„Das Füttern muss warten. Ich schicke die Hengste jetzt auf die Weiden raus, mache eine der Reithallen soweit fertig, dass die Stuten die nächsten Tage dort verbringen können und quartiere dann die Hengste im Stutenstall ein. Hauptsache der Hengststall hier wird geräumt. Die Gefahr ist einfach viel zu groß. Du könntest dich vielleicht in den SUV dahinten setzen. Der hat vorne eine große Schneeschaufel dran", erklärte ich. Matthew nickte verstehend und verschwand nach draußen. Ich legte jedem Hengst ein Halfter an und sorgte dafür, dass alle Tore und Türen so geschlossen waren, dass die Pferde direkt aus der Stallgasse auf die Weide laufen konnten. Als dies erledigt war, schloss ich die Türen zum Hengststall. Der wäre erstmal evakuiert. Ich hatte Glück dass der Trecker noch ansprang und Matthew relativ gut vorankam, mit dem Freischaufeln des Parkplatzes. So konnte mit dem Trecker Heu und Stroh in die Reithalle fahren. Knapp zwei Stunden später zogen die Stuten aus ihren Boxen in die Reithalle um. Es hatte auch für die Pferde Vorteile, denn einige Stuten waren so tragend, dass deren Bäuche zu dick für Decken waren. Jetzt konnten sie dicht als Herde zusammenstehen und sich wärmen. Die Hengste hingegen waren irritiert, dass sie nun in einen anderen Stall zogen, doch solange die Futterkrüge voll waren, akzeptierten sie es.

Als wir endlich soweit fertig waren mit der Arbeit auf dem Hof, zogen wir uns ins warme Haus zurück. Der Kamin lief auf Hochtouren und während ich etwas zu essen machte, ging Matthew duschen.

„Ist das eine Nicht-Raucher-Küche?", kam es auf einmal von Matthew, der eine Zigarette im Mundwinkel hängen hatte und nach einem Feuerzeug suchte. Ich dachte kurz nach und sah ihn dann heiser auflachend an.

„Sieht das so aus?", wollte ich wissen und deutete auf den Aschenbecher hin, welcher auf dem Küchentisch.

„Mal nicht so frech", entgegnete er murmelnd und zündete sich seine Zigarette an.

„Tja, damit musst du leben", erwiderte ich nur schulterzuckend und füllte das Rührei auf einen großen Teller

„Was ist mit deiner Familie?", wollte er wissen.

„Die kommen nicht nach Hause. Die Highways sind zu schlecht geräumt, um mit den Anhänger zu fahren.", erklärte ich

„Also lassen sie dich hier allein?", hakte er skeptisch nach. Ich schüttelte den Kopf

„Ne, Peter und meine Mom lassen die Pferde Vorort und kommen alleine zurück. Die Tiere werden abgeholt, wenn die Straßen es zulassen. Solange müssen wir halt so klar kommen", meinte ich

„Kommen die beiden aus der Richtung von Jasper?", erkundigte sich Matt prüfend

„Nein. Aus Westen. Die Straße ist bereits frei. Die nach Jasper allerdings noch nicht, weil der Räumdienst erstmal in der Stadt gebraucht wird", entgegnete ich seufzend.

„Wissen die, dass ich hier bin?", kam es etwas skeptisch von ihm und ich drehte mich grinsend zu ihm um

„Ja", meinte ich nickend, „und sie sind froh darüber. Alleine hätte ich das ja alles nicht schaffen können. Peter und Mom kommen auch nur nach Hause, weil sich Peter sorgen um die Stuten macht"

Matthew lachte leicht und schüttelte amüsiert den Kopf.

„Das ist unser lebendes Kapital. Die Hengste bringen Geld auf Turnieren, die Stuten in der Zucht", erwiderte ich schulterzuckend.

Den gesamten Vormittag verbrachten Matthew und ich mit Schneeschippen, was wir gegen Mittag abbrachen, da es wieder anfing zu schneien. Als Peter und Mom zurück waren, versuchten wir mit Hilfe eines Treckers auf das Dach der Sattelkammer zu gelangen, um von dort aus das Dach des Hengststalls von der Last des Schnees zu befreien. Bis zum Einbruch der Dunkelheit hatten wir einiges auf dem Hof geschafft. Mom und ich übernahmen den Part, welcher mit der Versorgung der Tiere zu tun hatte, Peter und Matthew machten das Grobe.

Am Abend saßen wir dann alle frisch geduscht, völlig entkräftet und durchgefroren am Esstisch in der Küche.

„Möchtet ihr auch ein Glühwein?", fragte Mom Matthew und mich.

„Ja bitte", murmelte ich und Matt nickte nur. Mom füllte mit einer Suppenkelle den heißen Glühwein aus dem Topf in die Becher und Peter reichte sie uns. Dann gesellten sich beide zu uns.

„Als was arbeitest du?", richtete sich Peter an Matt, nachdem er den ersten Schluck des Heißgetränkes genommen hatte.

„Ich bin KFZ-Meister und arbeite in einer Werkstatt in Jasper.", erwiderte dieser. Peter nickte beeindruckt.

„Es liegt einfach in der Familie", gab Matt heiser auflachend und schulterzuckend von sich

„Ich find's toll. Ich bin auch noch einer von denen, die mit einem Handwerk aufgewachsen sind", entgegnete Peter lächelnd.

„Echt? Was hast du damals gelernt?", erkundigte sich Matthew interessiert.

„Ursprünglich war ich Tischler. Dann habe ich aber eine zweite Ausbildung als Hufschmied angefangen, da wir ja schon immer Pferde hatten und jetzt bin ich so geendet", meinte er und zeigte symbolisch um sich

„Schönes Haus, großes Gestüt, ein Namen in der Welt, Frau, Kinder. Was will man mehr?", zählte Matthew auf. Er wusste echt, wie er Mom und Peter gefallen konnte.

„Verlobte", korrigierte Mom breit grinsend.

„Oh, herzlichen Glückwunsch", kam es verwundert von ihm und er nickte Peter anerkennend zu.

„Was ist das eigentlich zwischen euch?", wollte Peter auf einmal wissen. Matthew und ich sahen uns an. Ich presste meine Lippen aufeinander und nickte ihm zu.

„Wir haben uns vor einiger Zeit kennengelernt und es harmoniert ganz gut", erklärte er und Mom sah mich lächelnd an. Sie mochte ihn, keine Frage.

„Na los, lasst uns ins Wohnzimmer gehen. Der Kamin ist an und es läuft ein guter Western im Fernsehen", schlug Peter vor und zu viert wanderten wir aus der Küche ins Wohnzimmer.

Close To Heaven.Where stories live. Discover now