Sie sind glücklich

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Ich saß auf einem der Holzstühle in der ersten Reihe. Die Sonne blendete leicht, doch ich hatte nur Augen für Mom. Sie stand in wunderschönem, weitfallendem und schulterfreiem Hochzeitskleid unter dem Trauungsring. Ihr gegenüber Peter, in schwarzem Anzug. Mom lächelte die ganze Zeit breit und ihr standen die Tränen in den Augen. Hinter dem Hochzeitpaar hörte man wie die Wellen auf den Strand trafen. Ich sah nach links und blickte in das Gesicht von Lynn. Sie grinste breit und wirkte genauso aufgeregt wie ich. Vor lauter Aufregung griff ich nach Matthews Hand, da er rechts neben mir saß.

„Susann Michaels, wollen Sie Peter Thompson hier und heute heiraten und ihn in alle Ewigkeit lieben und ehren?", fragte der Mann vom Standesamt. Mom griff nach den Händen von Peter und nickte eifrig.

„Ja, ich will", meinte sie

„Und Peter Thompson, wollen Sie hier und heute Susann Michaels heiraten und sie in alle Ewigkeit lieben und ehren?", fragte er nun Peter. Auch er nickte

„Ja, ich will", erwiderte er und Mom flossen nun die Tränen die Wangen runter. Der Mann vom Standesamt reichte den beiden die Ringe und sie steckten sie sich gegenseitig an. Unter tosendem Applaus aller anwesenden Freunde und Familienmitgliedern küssten Mom und Peter sich. Mom sah zu Lynn und mir rüber und wir lächelten ihr freudig zu. Nun waren wir eine Familie. Peter und Mom gingen Hand in Hand vorweg. Jason und Jeanny, Daniel und Lynn, Matthew und ich folgten. Ich hakte mich bei Matthew ein und wir folgten dem Brautpaar zu der Ecke des Gartens, in welchem die vielen Büsche und Bäume standen. Dort sollten die Hochzeitsfotos gemacht werden. Mom und Peter wurden zusammen fotografiert. Mom, Peter, Lynn, Jason und ich wurden zusammen fotografiert. Lynn und Daniel. Jason und Jeanny. Matthew und ich. Lynn, Mom und ich. Jason und Peter. Die unterschiedlichsten Kombinationen. Als Mom sich gerade mit ihren Freundinnen fotografieren ließ, machten Lynn und ich uns aus dem Staub und stiegen im Sichtschutz des Gästehauses auf Rocky und Rocco auf. Lynn nahm Lucky Strikes Zügel in die Hand und gemeinsam ritten wir über das Anwesen zu dem Fotoshooting. Rocco verhielt sich brav und ich lobte ihn immer wieder, damit er ja nicht auf dumme Gedanken kam. In Kleid konnte man ihn relativ schlecht händeln und das wusste er. Als Mom uns aus dem Augenwinkel auf den Pferden erblickte und sich dann in unsere Richtung drehte, erstarrte sie. Sie begann vor Freude zu weinen und hielt sich sprachlos die Hände vor den Mund.

„Lucky, Rocky und Rocco", brach sie erstaunt hervor und umarmte ihren Rappen, als wir vor ihr zum Stehen kamen. Peter half ihr auf das große Pferd und unsere Überraschung war geglückt.

„Wie ruhig er ist", gab Mom verwundert von sich, als Lucky Strike länger als eine Minute ruhig auf dem Fleck stehen blieb.

„Der war gestern eine Stunde in der Führmaschine, dann auf dem Paddock und wurde heute Morgen zwei Stunden im Gelände geritten. Das war keine einfache Aufgabe", entgegnete Lynn ironisch und Mom musste daraufhin lachen. Ihr Rappe war halt ein anspruchsvolles Pferd.

Nachdem das Fotoshooting beendet war, die Hochzeittorte angeschnitten und die meisten Gäste mit Essen und Trinken versorgt waren, wurde es Zeit für den Brautstraußwurf. Alle unverheirateten, weiblichen Gäste versammelten sich hinter der Braut. Wer den Brautstrauß fing, würde als nächstes heiraten. Lynn und ich standen nebeneinander und warteten darauf, dass Mom den Blumenstrauß werfen würde. Sie setzte zum Wurf an und ich ging instinktiv einen Schritt von Lynn weg. Mom hielt den Blumenstrauß jedoch fest, drehte sich um und ging auf Lynn zu. Sie übergab meiner Schwester den Strauß und Daniel kam auf uns zu. Er ging in die Knie, hielt ihr eine kleine Schachtel hingegen und lächelte meine Schwester an

„Willst du mich heiraten Lynn Michaels?", fragte er sie. Lynn war so schockiert, dass sie sich die freie Hand vor den Mund hielt und zu zittern begann

„Ja", brach sie heiser hervor und hielt Daniel seine Hand hin, damit sie den Verlobungsring angesteckt bekommen konnte. Dann fiel sie Daniel um den Hals und wieder ertönte Applaus. Mom lehnte sich glücklich gegen Peter und stolz ihre Tochter an. Nachdem sich Daniel und Lynn voneinander lösten, nahm ich meine Schwester in den Arm.

„Alles Gute. Schöner hätte es nicht mehr werden können", raunte ich ihr ins Ohr und spürte nur, wie sie nickte. Lynn war komplett aus dem Häuschen und ich nahm im Anschluss Daniel in die Arme. Einen besseren Mann als ihn, hätte meine Schwester nie finden können. Ich ging zu Matthew, welcher weiter abseits des Trubels stand und rauchte. Er legte einen Arm um meine Taille und ich lehnte meinen Kopf gegen ihn

„Jetzt werden wir alle eine große Familie", stellte ich fest und sah über die vielen Gäste, welche zusammenstanden mit ihren Prosecco Gläsern in der Hand. Matt blies eine Rauchwolke aus, sah zu den drei Pferden, welche grasend in der Ecke des Anwesens standen und nickte dann.

„Ja. Die Michaels verlieren langsam ihren Namen.", stellte er fest. Ich nickte leicht. Mein Blick fiel auf die Tanzfläche, welche von den vielen Lichtern bunt beleuchtet wurde.

„Lass uns tanzen gehen", meinte ich und griff nach Matthews Hand.

„Tanzen?", hakte er skeptisch nach und legte seine Stirn in Falten. Ich grinste nur und zog ihn mit. Die Sonne hing bereits tief über dem Horizont und tauchte den Himmel in ein rosarotes Licht. Im Takt tanzte ich eng mit Matthew über die hölzerne Tanzfläche und genoss einfach den Abend. Da Jason und Jeanny zu viel getrunken hatten und relativ früh im Gästehaus verschwunden waren, Daniel und Lynn eh andere Gedanken hatten und Mom und Peter ihren Abend in Ruhe ausklingen lassen wollten, brachten Matthew und ich im Dunkeln die drei Pferde zum Stall, damit sie in ihren Boxen die Nacht verbringen konnten.

Als ich hinter Rocky Rubin den Riegel zuschob, drehte ich mich zu Matt um und sah ihn unschlüssig an

„Ich will noch nicht nach Hause", murmelte ich vor mich hin

„Dann lass uns zum Strand", schlug er vor und nickte in Richtung des Autos. Ich nickte einverstanden und so fuhren wir den Highway entlang und hielten in einer Parkbucht, gleich neben dem Strand. Ich ließ meine Schuhe im Auto und lief barfuß in meinem Kleid durch den, noch immer warmen, Sand. Matt kam mir hinterher und sah mir dabei zu, wie ich rannte, sprang und mich auf der Stelle drehte. Schlussendlich ließ ich mich auf den Rücken in den Sand fallen und sah hoch zum Sternenhimmel. Matthews Kopf versperrte mir auf einmal die Sicht zum Himmel

„Willst du hier liegenbleiben?", wollte er skeptisch wissen. Ich nickte nur und mit einem kleinen Seufzen setzte er sich neben mich. Ich richtete mich auf und sah aufs Meer.

„Ich hab es so vermisst", flüsterte ich leise vor mich hin und sah, wie sich der Mond auf der Wasseroberfläche spiegelte.

„Es ist schön hier", stimmte Matt mir zu. Auf einmal packte mich die Sehnsucht nach dem Meer und ich stand auf. Ich zog mein Kleid aus und Matthew sah mich fragend an

„Lass uns schwimmen gehen", schlug ich begeistert vor, warf das Kleid in den Sand und rannte aufs Meer zu. Matt zog, etwas verwirrt von meinem Elan, seinen Anzug aus und lief mir nach. Ich sprang ins Meer, tauchte unter, spürte das kühle Nass und es fühlte sich toll an. Gemeinsam mit Matt schwamm ich durch das ruhige Wasser. Nach einer Weile packte Matthew mich an der Taille, und hielt mich fest. Ich legte meine Arme über meine Schulter und so hockten wir einfach im Wasser, ohne irgendwas zu sagen. Ich sah zum Himmel. Steve Michaels, meinem Dad, waren immer seine drei Frauen am wichtigsten. Lynn, Mom und ich.

„Sie sind glücklich", dachte ich mir, wie ich so nach oben sah. Ja, sie sind glücklich. Alle drei.

Close To Heaven.Where stories live. Discover now