Die Monate vergingen

848 43 8
                                    

Die Monate vergingen, doch das alltägliche Leben änderte sich. Roccostrado wurde zu einem der bekanntesten Turnierpferde auf dem Globus. Nicht nur weil er durch sein seidig weißes Fell und den muskulösen Körperbau ein echter Hingucker war, nein. Sondern auch weil er bereit war für Lynn im Gelände, im Parcours und im Dressurviereck alles zu geben. Der erste Erfolg geschah in Aachen. Es folgten Spruce Meadows, Hickstead, die Olympischen Spiele und große Turniere um Atlanta herum. In der Vielseitigkeit gehörten sie innerhalb von 10 Monaten zu den Besten. Es lag wahrscheinlich daran, dass Lynn diesmal ein ausgebildetes Pferd bekam und es nicht selbst ausbilden musste. Ihr Erfolg freute mich. Währenddessen es für sie und Rocco die ganzen nächsten Saisons so weiterging, kämpften Onyx und ich mit seinem Platz im Reitsport. Er konnte Roccostrado nicht mal ansatzweise das Wasser reichen. Er blieb der kleine freche graue Hengst, doch er ging in die Zucht und das ziemlich erfolgreich. Aus seinem Erbgut kamen Charakter- und Nervenstarke Fohlen zur Welt. Innerhalb von vier Jahren strukturierte sich das gesamte Gestüt um. Peter ließ auf einer der großen Weiden das endgültige Haus von ihm und Mom bauen. Er kaufte noch mehr Land dazu und teilte das gesamte, etliche Hektar große, Gestüt in zwei Teilbereiche auf. Die Zucht und Ausbildung stand nun im Vordergrund. Die bereits vorhandene Stallung blieb erhalten und diente zur Aufzucht und Ausbildung von englisch gerittenen Pferden. Unser altes Haus diente nun dem Personal, welches wir eingestellt hatten. Wir brauchten Profis, wenn es um den Umgang mit Pferden ging und so hatten fünf Bereiter in unserem alten Haus Unterschlupf gefunden. Es war ganz gut, dass sie alle die Küche und das Wohnzimmer nutzen konnten, denn so fühlten sie sich jedenfalls hier, wenn sie schon das ganze Jahr nicht Zuhause waren.

Der neugebaute kleinere Stall, am neuen Haus, wurde anders genutzt. Dort wurden nun alle Hengste untergebracht, um den stressigen Situationen im Hauptstall aus dem Weg zu gehen. Nachdem Cash, als zweites selbstgezüchtetes Fohlen und Sohn von Nightwish auf die Welt kam, ergriff mich die Faszination Westernreiten. Ich hatte mir vorgenommen Cash so auszubilden und auch Peter fand die Abwechslung interessant. Das Westernreiten wurde zum Hobby von uns. Ein Jahr packte ich sogar meine Koffer und flog mit Onyx nach Texas, wo ich auf einer Ranch das Westernreiten lernte. Dementsprechend gab es so einige Differenzen zwischen Matthew und mir. Er kam mich zweimal besuchen, doch mit ihm zusammen zu sein war alles andere als einfach. Ja wir liebten uns, ja wir sahen uns regelmäßig und ja, wir benahmen uns wie ein Paar, aber wir waren nicht mehr zusammen. Er lebte noch immer in seiner Wohnung in Jasper und ich auf dem Anwesen meiner Familie, auch wenn ich demnächst mit Lynn und Daniel zusammenziehen würde, denn wir hatten uns die kleine Ranch ein paar Autominuten entfernt zusammen gekauft, da es endlich an der Zeit war auszuziehen.

Ich hörte wie draußen der Pferdetransporter auf den Hof fuhr. Die Hengste waren von der Show wieder da. Einmal im Jahr wurden sie einer Jury vorgeführt, welche sie dann bewerteten. Auch Cash war mit seinen vier Jahren mitgefahren. Im selben Jahr wie er, kamen sechs weitere Fohlen zur Welt, welche alle Nightwish als Vater hatten. Es war außergewöhnlich, aber alle diese Fohlen haben, bis auf eine Ausnahme, nicht den klassischen Reitweg eingeschlagen. Sie sind alle nicht im Turniersport. Cash und ein weiteres Pferd bekamen eine Westernausbildung. Eins ist aktuell dabei, die ersten Schritte in Richtung Dressur zu gehen und das war Nightsilence. Die restlichen drei trainierte ich momentan zu Filmpferden. Schon von klein auf an war auffällig gewesen, wie ruhig die Fohlen waren. Nichts brachte sie aus der Ruhe und das brachte mich dazu, in dieses Geschäft mit einzusteigen. Ich konnte kein Geld mehr mit dem Turniersport verdienen, also musste ich was Neues machen und das klappte gut.

„Luna!", ertönte Peters laute Stimme über den kleinen Vorplatz des Hengststalles. Ich kletterte schnell über den Gartenzaun und trat an die Rampe des Transporters.

„Hier.", meinte er und reichte mir die Stricke von Cash, Lucky, Onyx und Rocco.

„Dafür dass er western geritten wird, springt er unglaublich hoch", richtete sich Daniel an mich und nahm Nevados und King Star entgegen. Der ehemals verletzte Hengst hatte zurück ins Leben gefunden

„Das sind die Gene. Aber der ist bestimmt genauso unkoordiniert wie Nightwish in dem Alter", erwiderte ich und klopfte Cash, welcher erstaunlich klein war für seine Rasse, den Hals.

„Ja allerdings. Den hätten wir beim Laufen lassen fast vom Fußboden aufheben müssen", stimmte Mom mir zu. Lynn kam aus dem Haus und sah breit grinsend Rocco an. Glücklich klopfte sie seine Kruppe und nahm ihn mir ab. Auch King Stars Strick nahm sie und ging ein wenig aus dem Trubel weg.

„Wie war er?", wollte sie von Daniel wissen. Dieser nahm gerade einen von Cashs Brüdern entgegen und sah seine Verlobte kurz an

„Gut. Ziemlich gut. Wie jedes Jahr", antwortete er und hatte kurz darauf mit dem Temperament des jungen Pferdes zu kämpfen.
,,Oh, ich bin so stolz auf ihn", meinte sie glücklich und umarmte Roccos Hals. Als endlich alle 12 Pferde ausgeladen waren, brachte ich mit Lynn die Schimmel auf den Paddock am großen Stall und im Anschluss die Jungpferde in die Weide. Wir waren beide nicht mitgefahren zur Show, da wir mit den älteren Hengsten des Gestüts zu kämpfen hatten. So musste beispielsweise Peter Pan in eine Tierklinik, da er am Erblinden war und Rocky Rubin hatte eine Kolik gehabt. Unsere geliebten Pferde wurden immer älter und damit begannen die Probleme erst richtig. Lynn und ich taten uns schwer zu entscheiden, welche unserer Pferde mit uns umziehen würden. Es gab Kandidaten, die schon lange feststanden, wie beispielsweise Onyx und Rocky Rubin. Auch Nevados und Roccostrado wollten wir mitnehmen, auch wenn diese dann täglich hier her gefahren werden müssten, damit sie auf der Anlage trainiert werden konnten. Außerdem wollten wir auch den alten Peter Pan mitnehmen, sobald er aus Tierklinik entlassen werden würde. Ein blindes Pferd sollte in einem ruhigen Stall wohnen. Da ich auch unbedingt neben den drei Filmpferden Cash mitnehmen wollte, musste ich mich echt mit der Ausbildung des zweiten Westernpferdes beeilen. Momentan ritt Peter Cash ständig, da in seinen Satteltaschen das ganze Zeugs zum Reparieren der Zäune verstaut war.

„War Matthew die letzten Tage mal wieder da?", erkundigte sich Daniel bei mir, als wir zusammen die Pferde in den Stall brachten.

„Ja, um mir meine Klamotten zu bringen, die ich bei ihm vergessen habe", entgegnete ich seufzend

„Hilft er beim Umzug?", hakte er skeptisch nach

„Ich denke nicht. Momentan ist es schwierig", erwiderte ich schulterzuckend

Close To Heaven.Where stories live. Discover now