Eine kleine Stadt irgendwo in Kanada

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Mit Odin im Kofferraum fuhr ich rein nach Jasper, dem nächst größeren Ort in der Nähe unseres Reitzentrums. Ich hatte kein wirkliches Ziel. Einfach nur irgendwo hin unter fremde Menschen, die ich weder kannte noch kennen wollte. Ich parkte am Straßenrand einer nicht allzu belebten Straße und stieg aus dem Auto. Hier war zumindest nach 8pm das Parken kostenlos. Ich ließ den Golden Retriever Odin aus dem Kofferraum springen und sah mich um. Eine kleine Stadt irgendwo in Kanada, welche sich langsam auf Weihnachten vorbereitet. Die wohl besinnlichste, chaotischste und stressigste Zeit des Jahres. So stressig, dass es ein eigenes Wort dafür gab – Vorweihnachtsstress. Außer zum Einkaufen war ich nie in Jasper. Jetzt, bei absoluter Dunkelheit fiel mir zum ersten Mal auf, wie viele kleine Bars und Clubs es hier doch gab, so mitten im Nichts. Bei einer kleinen Bar, welche sehr harmonisch und gemütlich auf mich wirkte, blieb ich stehen. Auf einem Plakat an der Tür stand ‚Heute Livemusik'. Ich sah runter auf Odin, welche schon sehr durchgefroren wirkte und beschloss die Bar zu betreten. Augenblicklich schlug mir abgestandene, verrauchte Luft entgegen und ein Mix aus lachenden Stimmen und Countrymusik. Ich musste grinsen. So klischeehaft und doch so faszinierend. Etwas unsicher sah ich mich um, hörte ein paar Zurufe von Betrunkenen und ging dann zielstrebig zur Theke. Ich setzte mich auf einen Barhocker und ließ Odin sich auf den Holzfußboden setzen.

„Was darf's sein für dich?", erkundigte sich ein Barkeeper bei mir.

„Habt ihr Whisky?", wollte ich wissen. Er nickte schief lächelnd

„So viel du willst", erwiderte er.

„Whisky bitte. Irgendwas Gutes", meinte ich und ließ meinen Blick durch den Raum schweifen. Das dunkle Holz, welches überall in der kleinen Bar vorzufinden war, ließ die Atmosphäre düster und gemütlich erscheinen. An der Wand hingen viele Metallschilder von Trucks, Harleys und typischen Kanadischen Dingen. Ich trank eine Zeitlang für mich alleine, bis ich angesprochen wurde.

„Eine Schönheit mit Hund in solch einer Bar? Das sieht man nicht oft", kam es amüsiert von einer tiefen und rauchigen Stimme. Ich sah mich verwundert um und erblickte einen großen, trainierten Jungen, mit braunen kurzen Haaren, einem markanten Gesicht und einem schiefen Grinsen.

„Kommt auch nicht oft vor", entgegnete ich.

„Darf ich mich setzen?", fragte er nach. Ich nickte.

„Matthew", stellte er sich vor.

„Luna", erwiderte ich

„Wie der Mond. Das erklärt warum du so spät hier draußen bist", meinte er frech grinsend.

„Hier draußen?", hakte ich lachend nach

„Jasper ist klein. Hier kennt jeder jeden. Du wirkst nicht so, als würdest du von hier kommen", stellte er schulterzuckend fest

„Ich wohne seit einem Monat erst in Kanada", entgegnete ich

„Und wo? Calgary?", erkundigte er sich. Ich schüttelte den Kopf

„Nein. Draußen aufm Land", erwiderte ich

„Oh, ein richtiges Landkind", kam es amüsiert von ihm

„Ja, gezwungener Maßen", stimmte ich ihm zu

„Wo kommst du ursprünglich her?", wollte er wissen und nahm einen Schluck Bier

„Ganz ursprünglich mal aus Florida. Das ist aber Jahre her", erklärte ich lachend.

„Was treibt dich in den Norden?", fragte er verwundert

„Die Familie", meinte ich nur seufzend.

„Warum bist du hier, wenn du noch nie hier warst? Und warum alleine?", hinterfragte Matthew nun konkret

Close To Heaven.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt