I saw how I slither like colors in the dark

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Nach der vierten Stunde machte ich mich mit Jace und Lucy auf den Weg zum Grill.
Den ganzen Weg über laberte Jace irgendwas, das mir nicht die Motivation gab zuzuhören.
Ein kühler Wind pfiff um meine Ohren und ließ mich frösteln.
 "Ganz schön kalt!", sagte Lucy und zog den Reißverschluss ihrer Kaki grünen Jacke hoch. Ich nickte und zog mir die Kapuze über den Kopf. Meine langen blonden Haare hingen in einer komischen Form auf meine Brust. "Jetzt siehts' so aus, als hättest du einen langen Bart", scherzte Jace.
 "Halt die Klappe!", gab ich angenervt zurück. Er zog eine Grimasse. Ich verdrehte die Augen. Jace kannte ich schon ewig lange, hatte ihm aber in den früheren Jahren nie wirklich Aufmerksamkeit geschenkt. Damals, als Mädchen noch ekelig waren, hatte er mich immer mit seinen Kumpeln fertig gemacht und fand es lustig mich an den Haaren zu ziehen. Und jetzt hatte ich das Gefühl, das er auf mich stand. Trotzdem zählte er zu meinen engsten Freunden.

Langsam kamen wir dem Grill näher. Schon von weitem konnte ich das gute Essen riechen. Das Grill war der einzige Laden, der in Custer gutes Essen verkaufte, der nicht astronomische Preise hatte und den besten Milchshake in ganz South Dakota machte. Als wir durchgefroren in das alte Haus kamen, wurden wir von Brendon, dem Inhaber, freudig begrüßt.
"Hey Leute!", sagte er mit seiner hellen Stimme.
 "Hi Brendon", begrüßte ich ihn kurz und lächelte unbestimmt. Lässig lehnte er sich an die Theke, das man deutlich seine Tattoos sehen konnte. Wie immer sah ich sie mir bloß aus dem Augenwinkel an. Doch heute fiel mir eine neues auf. "Hast du ein neues Tattoo?", fragte ich während sich die anderen schon an unserm Stammplatz setzen. "Ja habs mir vorgestern Stechen lassen! Gefälltes dir?", verkündete er. Stolz hielt er mir sein Handgelenk hin. Es war eine Skelett-Hand die ein Whiskeyglas hielt. "Ja is cool!", gestand ich und sah ihn an. Er grinste.
 "Hey ein Kumpel von mir schmeißt nächsten Freitag eine Party, willst du mit mir hingehen?", fragte er nebenbei als ich dabei war zu den andern zu gehen.
"Ich überlege es mir, okay?", sagte ich. Brendon hatte nie viel für mich übrig gehabt, warum fragte er mich dann, ob ich mit ihm auf eine Party gehen wollte? Nicht dass ich nicht gehen durfte, eher das ich skeptisch war.
Ohne ein weiteres Wort ging ich zu Lucy und Jace. Beide waren sehr vertieft in die Speisekarte. "Was wollt ihr essen?", fragte ich als ich mich gegenüber der Beiden hinsetzte. "Keine Ahnung, du?", murmelte Lucy. Ich sah mich kurz um, es war wie ausgestorben, nur am Tisch in der Ecke saß ein Pärchen. Eine merkwürdige schwere legte sich um mein Herz. Manchmal hätte ich schon gerne einen Freund. Als die beidem im Eck anfingen, sich zu Küssen sah ich weg. Hin und wieder kam ich mir doch ein bisschen einsam vor.

"Ach ja Grace, was war jetzt eigentlich mit Parker?", fragte Lucy uns sah von der Karte auf. Ich zog die Augenbrauen zusammen.
 "Warum?", fragte Jace verwirrt und sah von der Karte auf.
"Ich werde den Lehrerchor übernehmen", sagte ich beiläufig und zog meiner Freundin die Speisekarte weg.
"Du wirst was?", fragte Jace hysterisch nach. "Du hast mich schon gehört", meinte ich und sah auf die Karte. Eigentlich bestellte ich immer dasselbe, aber genau jetzt, war diese folierte Stück Papier meine Rettung. Ich grinste nämlich gerade als hätte man mich bei Harvard aufgenommen.
"Das ist ja voll cool! Grace die Leiterin des Lehrerchors!", verkündete Lucy laut. "Müsst ihr das so herumschreien?", fragte ich und legte die Karte weg.

Genau in diesem Moment kam Brendon an unsern Tisch. "Was herumschreien?", fragte er und sah auf uns herab. "Grace wird unseren Lehrerchor in der Schule leiten!", erzählte Lucy stolz. Brendon sah mich kurz an und grinste. "Das ist ja toll!", meinte der. "Wollt schon was Essen?", fragte er im selben Atemzug. Wieder sah er nur mich an. "Das übliche", sagte ich knapp. "Selbstverständlich!". Wieder lächelte er mich an. "Und was wollt ihr zwei hübschen?".
Lucy entschied sich für ein gegrilltes Käsesandwich und Jace für eine Portion Chicken-Wings. Obwohl die Bezeichnung 'Portion' dem nicht ganz gerecht wurde. Es war eher eine halbe Badewanne als eine Portion. Aber Jace schaffte es nie ganz aufzuessen. Meistens mussten Lucy und ich mithelfen.
Mein Blick glitt aus dem Fenster. Das Grill war quasi das letzte Gebäude der Straße die direkt zum Lake führte. Und so hatte ich immer eine wunderschöne Aussicht auf das Wasser und den Red Wood Mountain.
Jemand lief durch mein Bild. Zwei Personen. Wahrscheinlich von der Größe her zu urteilen ein Mann und eine Frau. Die beiden waren nicht so weit weg das ich sie gut beobachten konnte. Die Frau kam mir komisch bekannt vor als hätte ich sie schon mal gesehen. Aber sie könnte einfach jemand aus Custer sein, die ich in der Kirche oder beim Einkaufen gesehen hatte.
Aber die junge Frau hatte ein markantes Gesicht und lange dunkelbraune Haare. Den Mann kannte ich nicht. Jedenfalls nicht vom sehen.
Beide gingen nahe nebeneinander, bis der Mann stehenblieb und sie ansah. Zärtlich legte er seine Hand an ihre Wange und sagte etwas. Sie lächelte ihn strahlend an und sie küssten sich.
Merkwürdigerweise bereitete es mir eine Gänsehaut und ich sah weg. Unwillkürlich  schüttelte ich den Kopf und lenkte meine Aufmerksamkeit wieder zu meinen Freunden.

Brendon kam mir unseren Essen. Ein schwarzer Zettel klemmte zwischen seinem Ring und dem kleinen Finger. Als er die Teller abgestellt hatte, setzte er sich neben mich und hielt mir das Blatt hin. "Was ist das?", fragte ich ihn mit gehobener Augenbraue.
"Eine tolle Möglichkeit für dich dein Talent zu beweisen!", verkündete Brendon. Ich warf einen Blick auf das Papier.
Zum 10-jährigen Jubiläum veranstaltet das Grill mit Custers Nachwuchstalenten ein Konzert Wochenende! Du bist zwischen 13 und 21? Bist talentiert im Musik machen? Dann melde dich an, um dir einen Platz bei unserem Konzert zu sichern!', stand da in weißen Buchstaben.
"Ja toll dann bin ich eh alleine", meinte ich und begann das Übliche zu essen. Das 'Übliche' war seit Jahren das Gleiche. Eine gebackene Süßkartoffel mit Salat und Sour Cream.
"Ist denn das so schlimm?", setzte Lucy dagegen. "Du kannst es dir ja überlegen!", sagte Brendon und ging zurück in die Küche. "Noch mehr Arbeit, na toll!", sagte ich.

Jace fischte nach dem Zettel und zog einen Stift aus der Tasche. "Also Name, Grace Weekes. Alter, 17. Instrument, Klavier, Gitarre. Bevorzugte Künstler, Panic! At the Disco, Fall out Boy", sprach er mit während er schrieb. "Melanie Martinez und Shawn Mendes", warf Lucy noch ein. Ich verdrehte die Augen.
Beim Rest schwieg er.
Als Brendon wieder vorbeikam, überreichte er ihm den Zettel stolz. "Das ging ja schnell!", meinte dieser. "Das war auch nicht meine Entscheidung", setzte ich dagegen. Er lachte, warf einen kurzen Blick auf die Anmeldung und ging.

Eine gute Stunde später war es Zeit für den Lake. Jeden Freitagnachmittag gingen wir eine Runde um ihm herum.
Die ganze Zeit redeten wir über jeglichen Blödsinn der uns so passierte. Doch heute blieb ich still denn Jace und Lucy diskutierten darüber was ich da an diesem Wochenende singen sollte.
"Leute darf ich das bitte selber entscheiden, wenn ich schon mitmachen muss?", fragte ich genervt. Sie wurden still. "Okay, sorry", murmelte Jace.
Lucy hagte sich nach einiger Zeit bei mir ein. Irgendwie konnte ich nie auf sie böse sein. Vermutlich, weil sie einer der wenigen Menschen war denen ich komplett vertraute. Um genau zu sein, vertraute ich nur ihr und Jace.
"Ihr seht aus wie ein altes Ehepaar", bemerkte er. "Sind wir das nicht auch?", konterte ich und grinste. Lucy drückte mir ein Küsschen auf die kalte Wange und lachte. Und zack! Da war die gute Stimmung wieder.

Miss JacksonWhere stories live. Discover now