To escape this old world

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Ich war noch nie in meinem Leben geflogen. Wir oder besser gesagt ich hätte nie einen Anlass dazu gehabt. Doch jetzt würde ich sieben ein halb Stunden, 12.000 Meter über dem Boden meine neue Heimat ansteuern. Ich war extrem aufgeregt. Total hibbelig ging ich in der Wartehalle den Gang auf und ab. Liza hatte es sich auf einer der langen Bänke bequem gemacht, die Beine überschlagen und tippte auf ihrem Handy herum.
"Kann es sein das du Flugangst hast?", fragte sie als ich an ihr wieder vorbeikam. Ich blieb kurz stehen und sah sie an. "Ich bin noch nie geflogen", meinte ich und warf einen Blick durch die Fensterfront auf das Rollfeld.
"Fliehen ist nichts Schlimmes. Eigentlich ist es recht angenehm". Ich nickte.
Gespannt beobachtete ich wie die Passagiere über eine Treppe ins Flugzeug stiegen. Es war etwas was ich nur aus Filmen kannte. Der ganze Flughafen steckte voller neuer Erfahrungen und Dinge die ich nicht gewohnt war.
Liza nahm das ganze Etwas gelassener, sie war schon oft geflogen. Während der dreistündigen Autofahrt hatte sie mir von ihren kurzen Trips durch die Vereinigten Staaten erzählt. Das Geld dafür hatte sie sich erarbeitet, indem sie Nachhilfe gegeben hatte oder am Campus in einem Café jobbte. Gebannt hatte ich ihren Geschichten gelauscht und mir die Orte versucht vorzustellen, von denen sie erzählte.

"Ich glaube wir müssen dann los", meinte Liza und stand langsam auf. Aufgeregt drehte ich mich um und holte meinen Rucksack.
Sie schulterte ihre Tasche und hielt mir ihre Hand hin.
Ich legte meine Hand in ihre und ließ mich mit ziehen. Überall waren unzählige Menschen, die geschäftig herumliefen. Von den Decken hingen große Schilder, an freien Ecken standen Weihnachtsbäume.
Ich hatte die ganze Lust an Weihnachten verloren. Allgemein an gesellschaftlichen Hochfesten wie Halloween oder eben Weihnachten.
Ich war froh, wenn ich meine Ruhe hatte.

Bis wir dann endlich im Flieger unsere Plätze hatten, dauerte es aber noch 20 Minuten. Liza hatte mir extra einen Fensterplatz gebucht. Wie ein kleines Kind bestaunte ich die großen Flieger, die auf der Rollbahn parkten.
Ich hatte mich nie wirklich mit dem Thema fliegen auseinandergesetzt und jetzt fühlte sich alles so Unreal an.

Als wir dann in der Luft waren und die größte Aufregung vorbei war, begann meine bessere Hälfte ein Gespräch.
"Grace, du weißt ich zwinge dich zu nichts aber ich finde du solltest die Schule beenden", sagte sie und legte ihre Hand auf meine.
"Ich weiß nicht, ob ich jemals mehr eine Schule betreten kann", gestand ich und sah aus dem Fenster, wo sich die weißen Wolken türmten.
"Ich habe ja nicht gesagt das du in ein Gebäude musst. Es gäbe so viele Möglichkeiten. Ein Hauslehrer oder Online Schule", schlug sie vor.
"Ich überlege es mir mal".
"Es würde ja dann erst zum nächsten Semester Sinn manchen, nur so am Rande".
"Jetzt ziehen wir erst mal um", meinte ich und steckte meine Kopfhörer in meinem Mp3-Player. Die Musik die war ziemlich alt und eigentlich nicht mal mehr mein Geschmack aber ich hatte nichts anders.
Für zwei Stunden war ich gut beschäftigt. Als dann der Akku leer war schrieb ich ein paar Zeilen in mein Songbuch und arbeitet leise an ein paar Textstellen. Nachdem ich alles niedergeschrieben hatte, sah ich zu Liza rüber. Sie las in einem Taschenbuch und sah höchst konzentriert aus.
"Liza?", fragte ich vorsichtig.
"Hmm".
"Mir ist langweilig". Sie sah hoch.
"Schlaf doch ein wenig oder schau dir einen Film an", meinte sie und lächelte mich an.
"Okay".
Ich entschied mich für das Schlafen. Bei Filmen, bekam ich ziemlich schnell Panik Attacken, vor allem wenn Schüsse fiele oder Blut fließt. Den restlichen Flug verschlief ich komplett. Als wir auf der Landebahn aufkamen wurde ich durch die Erschütterung wach. Draußen war es zappen düster. Verschlafe rieb ich mir über die müden Augen und streckte mich so gut es ging.
"Na gut geschlafen?", fragte Liza und grinste mich an.
"Wie ein Stein", meinte ich und gähnte. Auch sie streckte sich ein wenig.
"Bist du bereit für New Orleans?". Ich nickte. "Obwohl ein paar Stunden schlafen auch noch schön wären", sagte ich und angelte nach meinem Rucksack der neben meinem Füßen lag. Schnell räumte ich meine Sachen ein und schalte mich ab. Ich konnte es gar nicht mehr erwarten. Aber bis wir aus dem Flieger draußen waren dauerte es noch ziemlich lange. Und bis wir dann endlich unsere Koffer hatten, noch mal doppelt so lange. Doch bevor wir den Flughafen verlassen konnten nötigte mich Liza noch zu einem Bild das meinem Vater schicken konnte. Sie platzierte mich vor einem 'Willkommen in New Orleans' Schild. Ein wenig lustlos streckte ich nur einen Daumen nach oben und zwang mir ein Mikrolächeln auf. Nachdem das Foto im Kasten war, strahlte mich Liza zufrieden an.
"Du und Dad versteht euch gut, oder?", fragte ich dann als sie ihm eine Nachricht schrieb.
"Ja eigentlich schon", antwortete sie und steckte das Handy wieder weg.
"Kann es losgehen?". Ich nickte und streckte ihr meine Hand hin.
"Ab jetzt nichts mehr allein", sagte ich und schloss meine Finger um ihre.
"Deal!".
Glücklich zog sie mich aus dem Flughafen hinaus und hielt nach einem Taxi Ausschau. Nach zehn Minuten in der angenehmen Nachtluft stiegen wir in ein winziges Taxi und wurden durch das nächtliche New Orleans.
Fasziniert bestaunte ich die Weihnachtsbeleuchtung und die Menschen die auf den Straßen noch unterwegs waren.
"Es ist wunderschön, nicht?", meinte Liza und legte ihre Hand auf meine.
Sie strahlte mich freudig an und ich nickte.
"Willkommen zu Hause", murmelte ich und schloss für einen kurzen Augenblick die Augen. Ich konnte es nicht glauben, ich war in einem neuen Leben angekommen. Und plötzlich passierte ich.
Ich lächelte. Zum ersten Mal wieder seit langem und das von ganzem Herzen. Ich war glücklich. Mein Herz schlug ein wenig schneller und meine Wangen fingen an zu glühen.
Diese Glückseligkeit trug mich wie eine Wolke den ganzen weg zum Hotel.
Dort angekommen, zahlten wir das Taxi und luden unsere schweren Koffer aus. Das Hotel, in dem wir die erste Zeit blieben war ein altes Haus mit schwarzem Sach und einer roten Holzfassade. Von den Balkone hingen üppige Pflanzen und zauberten eine magische Atmosphäre.
"Royal Street Inn & Bar", las ich laut vor. "Das hört sich ja nobel an".
"Es ist nicht das Ritz aber für die ersten Tage ganz okay", meinte Liza. Zusammen gingen wir hinein und wurden von einem netten Mann hinter der Rezeption begrüßt.
"Guten Abend und willkommen in New Orleans! Wie ist lauten ihre Nachnamen?", sagte er gutgelaunt und strahlte uns an.
"Jackson und Weeks", antwortete Liza und legte ihren Ausweis auf das glänzende, schwarze Holz. Ich kramte meinen schnell hervor und legte ihn dazu. Interessiert nahm er sie und las unsere ganzen Namen ab.
"Elisabeth Jackson und Grace Alexandra Weeks", murmelte er und tippte auf der Tastatur herum. Dann stand er geschäftig auf und zog ein paar Blätter aus einem Fach neben sich.
"Wenn sie das bitte ausfüllen würden", sagte er und legte die Papiere und einen Kugelschreiber auf den Tresen. Konzentriert öffnete er einen großen Schrank und nahm zwei goldene Schlüssel heraus. Ich beobachtete Liza wie sie mit schöner Handschrift die Felder ausfüllte. Sie tippte auf das Feld mit meinem Geburtstag und Ort.
"30. April 2002 in Rosewood", sagte ich und lehnte mich an den alten Tresen. Die ganze Lobby war ziemlich dunkle eingerichtet, aber dafür mit vielen Lampen versehen. Eine prächtige Palme stand in einem Eck neben einem staubigen Bücherregal. Eine gläserne Tür führte in die belebte Bar, in der sich einige Menschen tummelten.
"Haben Sie ein Klavier hier?", fragte ich dann plötzlich.
Der Typ der laut goldenem Namensschild Henry Oxford hieß, nickte und legte die Schlüssel vor uns hin. "In der Bar ist eins und im Freizeitraum, der ist im Keller. Einfach die Treppe runter und die erste Tür rechts", sagte er aufmerksam und nahm von Liza die Zettel entgegen.
"Vielen Dank Miss Jackson. Also sie haben ein Doppelzimmer für die nächsten zwei Wochen. Das wäre die Nummer 123. Die Treppe hoch und den Gang ganz nach hinten durch Gehen. Frühstück gibt es von sieben bis halb elf. Sollten Sie was brauchen ist rund um die Uhr jemand hier", erklärte Henry und lächelte.
"Kann ich bei den Koffern behilflich sein?", fügte er noch hin zu und kam hinter der Rezeption hervor. Er trug einen schwarzen Anzug mit einem weinroten Hemd und dunklen Lederschuhen. Mit seinen gelblich braunen Augen musterte er uns und nahm die Koffer an sich,  bevor jemand von uns wieder sprechen konnte. Die schwarzen Haare hatte er ordentlich gekämmt und nach hinten gegelt. Unterm Strich sah er so aus als wollte er Mitarbeiter des Monats werden. Mit schnellen Schritten ging er voraus.
"Folgen sie mir Unauffällig", sagte er und grinste uns über die Schulter an. Dabei stolperte er fast über eine Stufe. Ich musste echt mein Lachen zurückhalten und biss mir auf die Zunge. Ein Grinsen konnte ich jedoch nicht unterdrücken. Auch Liza grinste breit.
"Definitiv der nächste Mitarbeiter des Monats", raunte ich zu ihr Rüber. Sie kicherte leise. Henry stolzierte stolz vor uns zum Zimmer. Es war wirklich der letzte Raum am Flur. Erwartungsvoll blieb er davor stehen und Liza sperrte auf. Henry ließ uns den Vortritt. Als Erstes war ein kleiner Gang zu sehen und nach ein paar Metern kam die Bad Tür. Der gegenüber standen ein großer schwarzer Schrank und die passende Kommode. Auf der war eine alte Lampe und eine goldene Schale platziert worden. Dann folgten im Eck ein kleiner Tisch mit vier Stühlen. Daneben eine Tür die auf einen Balkon führte. Mich interessierte der Rest noch sonderlich. Gedankenverloren legte ich meinen Rucksack auf den dunklen Tisch und öffnete die Balkontür. Kühle Luft strömte mir entgegen und belebte meinen müden Geist. Langsam ging ich auf den Balkon hinaus. Andächtig legte ich meine Hände auf das eiserne Geländer und genoss den Ausblick auf das hübsche Haus gegenüber. Unter mir führte eine breite Straße vorbei, auf der ein paar Autos entlang fuhren. Ich atmete tief ein und wieder aus. Das ist es also, New Orleans.
Ich hörte wie Liza sich noch mit Henry unterhielt und die Autos vorbeibrausten.
Nach ein paar Minuten kam sie dann zu mir.
"Ganz schön kühl", bemerkte sie und verschränkte die Arme vor der Brust. Liebevoll legte ich ihr einen Arm um die Taille.
"Ich finde es toll", murmelte ich und schloss kurz die Augen. Wieder musste ich Lächeln.
"Du kannst ja doch noch Lächeln", sagte sie und legte ihren Kopf gegen meine Schulter. "Ich liebe dich", flüsterte ich ganz leise. Ruckartig richtete sich Liza wieder auf und legte die Arme um meinen Hals.
"Und ich liebe dich", sagte sie überzeugt und sah mir durch die Dunkelheit in die Augen. Ohne lange die Spannung zu halten, küsste ich sie zärtlich auf die perfekten Lippen. Das hatten wir seit einer halben Ewigkeit nicht mehr gemacht und es fühlte sich unglaublich gut an. Es gab nur noch uns beide. Ein leichtes seufzte drang zu mir durch und ich lächelte in den Kuss hinein. Ich zog Liza noch näher an mich, um ja keinen Zentimeter zwischen uns zu lassen.

Nach einiger Zeit lösten wir uns voneinander. Liza atmete schwer, grinste aber breit.
"Das war echt überfällig", meinte sie und strich eine Strähne hinters Ohr.
"Sorry", murmelte ich und sah zu Boden.
"Hey, keine Schuldgefühle mehr!". Langsam hob ich den Blick wieder.
"Es tut mir leid", nuschelte ich und verkrampfte mich ein wenig.
"Gehen wir rein, es wird kalt", beschloss sie und zog mich rein. Ich schloss die Tür hinter mir und sah zum ersten Mal das gigantische Bett. Es sah extrem bequem aus. Nachdem ich meinen Pyjama herausgesucht  und meine Zähne geputzt hatte legte ich mich in die kuscheligen Kissen.
Schläfrig fuhr ich mir über die Augen und rückte etwas weiter zu Liza rüber. Sanft fuhr sie über mein Gesicht und zeichnete mit einem  Finger meine Konturen nach, bis ich eingeschlafen war. Nach diesem langen Tag schlief ich wie ein Baby und träumte von den ganzen neuen Abenteuern, die uns erwarten würden.

Nach einer Verspätung von fast zwei ein halb Stunden ist das neue Kapitel nun da. Uppsi ^^'
Auf jeden Fall freue ich mich riesig über jeden netten Kommentar mit konstruktiver Kritik und über jeden Vote!
Schaut auch gerne auf Instagram vorbei. Unter Klosterfrau_milisengeist findet ihr spannende Hintergrund Informationen und Umfragen zu den zukünftigen Kapitel.

LG Todeskind 🌊🤟

Miss JacksonWhere stories live. Discover now