All I remember is that smile on your face

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Am späten Nachmittag brachen Liza und ich auf um das French Quater zu erkunden. Es waren gerade mal 16 °C draußen aber wie es Dad immer sagte:"Alles über zehn Grad ist Luxus".
Im ganzen Viertel hingen bunte Lichterketten und alle paar Meter erklang Musik. Es war das Paradies. Doch auf einmal blieb Liza grinsend stehen und sah hoch.
Ich folgte ihrem Blick. "Da ist sie", murmelte Liza. Ich zog die Augenbrauen zusammen, bis ich raffte das sie die neue Wohnung meinte. Es war an der Ecke einer kleinen Nebenstraße, trotzdem gehörte sie zu Frenchman Street. Die grüne Holzfassade wirkte ziemlich düster, aber der kleine Laden, der im Erdgeschoss war, wirkte ziemlich freundlich. Über den Balkon hingen lange Pflanzen, wie es hier üblich war.
"Es sieht hübsch aus", meinte ich und lächelte.
"Am Donnerstag können wir rein", sagte sie und griff nach meiner Hand.
"Ich freue mich schon riesig".

Während wir durch das Viertel spazierten redeten wir viel und zwischenzeitlich hatte ich auch meinen Nagellack erworben.
Um sechs gingen wir in ein kleines Café, um uns ein wenig aufzuwärmen.
Ich legte meine Jacken um die Lehne meines Stuhles.
"Irgendwie sind schwarze Möbel hier voll verbreitet", bemerkte ich, als Liza die Karte studierte. Sie nickte.
"Haben die heiße Schokolade?". Wieder nickte sie.
"Willst du was essen?".
"Nein, ich bin noch voll", antwortete ich und ließ den Blick schweifen. Überall waren kleine, dunkle Tische und Stühle. An den Orangen Wänden hingen Gemälde und unzählige Lichterketten.
Ein Kellner kam auf unseren Tisch zu. Er sah ziemlich jung, bestimmt jünger wie ich. Auf dem Kopf hatte er zerzauste, braune Locken, seine Augen waren hellbraun. Über seine breiten Schultern spannte sich ein rot kariertes Hemd, an den Handgelenken hingen lederne Armbänder.
Mir kam das Gesicht unglaublich bekannt vor. Bis ich schnallte, wem er ähnlich sah, war er mit der Bestellung schon verschwunden.
"Er sieht original aus wie mein Dad als er jung war", platzte ich heraus. Liza nickte. "Du hast recht, er sieht David echt ähnlich".
Ich legte eine Hand an den Mund und überlegte. Nein, das kann nicht sein. Unbewusst schüttelte ich den Kopf und sah zur Theke rüber, wo er konzentriert unsere Getränke zubereitete. Selbst die Art wie er lächelte, war die gleiche wie bei Dad.
"Das ist ein wenig gruselig".
"Frag ihn doch wie er heißt", schlug Liza vor. "Bist du wahnsinnig?".
"Nein, nur neugierig", sagte sie und stand auf. "Liza was machst du?", zischte ich ihr hinter her. Doch dann stand sie schon am Tresen und fragte wirklich wie er hieß.
Grinsend kam sie zurück. "Er heißt Jackson und ist 16". Ich verschluckte mich an meiner Schokolade.
"Du verarschst mich!", sagte ich laut und hustete. "Nein", meinte sie todernst und grinste mich breit an.
"Liza, dass kann nicht sein! Es wäre doch der größte Zufall wenn wir ihn hier finden würden".
Ich wusste nicht, ob ich weinen oder lachen sollte, aber auf jeden Fall war ich ziemlich geschockt.
"Ich kann ihn doch nicht einfach ansprechen! Ja Hi, ich bin Grace und du musst mein verschwundener kleiner Bruder sein!". Ungläubig schüttelte ich den Kopf und sah aus dem Fenster. "Du musst das ja auch nicht heute machen. Wir sind ja noch länger hier".
Abwesend nickte ich.
Dann schwiegen wir für eine kleine Weile. Hin und wieder nippte ich an meiner Tasse.
Eine halbe Stunde später brachen wir auf. Gemeinsam gingen wir Hand und Hand durch die Frenchman Street. Es war spät geworden und um einiges kälter.
"Glaubst du wirklich, dass er mein Bruder ist?", fragte ich dann als wir schon in der Royal Street waren und auf das Hotel zu gingen." Wenn ich ehrlich bin dann ja", sagte Liza sachlich.
"Okay". Insgeheim beschloss ich noch einmal allein in das Café zu gehen.

Als wir in die warme Lobby treten steht an der Rezeption ein paar. Die Tür zur Bar geht auf und Liam greift über die Theke nach einem Telefon. Als er mich sieht legt er sofort wieder auf und kommt grinsend auf mich zu.
"Hi Grace, du hast heute bei mir was vergessen", sagte er und sah mich auffordern an. Ich überlegte kurz.
"Was denn?", fragte ich und sah kurz zu Liza rüber. Die starrte paralysiert auf den Rücken des fremden Mannes.
"Das ist Jack", flüsterte sie ängstlich.
"Oh. Liam ich komme später runter, okay?", sagte ich schnell und zog Liza mit mir nach oben.
"Geht es dir gut?". Liza schälte sich umständlich aus ihrer Jacke und warf sie aufs Bett. Sie rieb sich mit den Händen über das Gesicht.
"Liza?", sagte ich lauter und ging auf sie zu. Vorsichtig legte ich die Arme um ihren zitternden Körper. 
Sie schniefte leise und krallte sich an mir fest. "Er hat mich so verletzt", flüsterte sie unter Tränen. Ich schwieg und streichelte ihr über den Kopf. Mit Verletzungen kannte ich mich ja gut aus.
Bis sie wieder ruhiger wurde dauerte es zwar, aber ich war es ihr einfach schuldig,  da zu sein. Und ich hätte es auch nicht ertragen, sie weinen zu sehen.
Irgendwann lagen wir auf dem großen Bett. Ich lag mit dem Rücken am gepolsterten Kopfende, Liza lag mit dem Kopf auf meinen Bauch. Ich hatte die Augen geschlossen, um etwas geistige Ruhe zu fühlen.
"Grace?", fragte sie mit leider Stimme.
"Hmmm".
"Ich bin morgen Vormittag nicht da, ich muss noch was erledigen", murmelte sie. "Okay".
Dann blieb es wieder still. In Gedanken schrieb ich mir eine Liste, mit Dingen die ich morgen machen wollte. Unter Anderem nahm ich mir nochmal vor in dieses Café zu gehen. Vielleicht war er mein Bruder, vielleicht auch nicht.

Part 2 der Lesenacht!
Danke fürs Lesen, über jeden Kommentar und Vote freue ich mich wie ein Schnitzel! Viel Spaß mit den restlichen Kapiteln.

LG Todeskind 🌄🖌

Miss JacksonWhere stories live. Discover now