You light me up when all I see is darkness, you light me up when I am down

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Als sie auf mich zu kam erschrak sie. Vor ihr saß ein 17-jähriges Mädchen, betrunken, mit  verweinten Augen, die Wimperntusche im ganzen Gesicht verteilt und am ganzen Körper zitternd.
Mir war gerade nicht klar das, dass ganze real war. Es fühlte sich eher an wie ein Traum. Ein echt beschissener Traum.
"Grace", hauchte sie und ging vor mir auf die Knie um mit mir auf Augenhöhe sein zu können. Mich fesselten ihre Augen sofort. Sie waren so wunderschön. Unsicher sah sie mich an, abwägend was sie tun sollte.
"Was ist passiert?". Jetzt kamen die ganzen Emotionen aus mir heraus.
Das gesehene spielte sich wieder vor meinem inneren Auge ab und versetze mir einen heftigen Schmerz in der Brust.
Wie ein Schlosshund heulte ich auf und weinte wieder. Liebevoll nahm Liza mich in die Arme und strich mir über die Haare.
"Ssshhh.... alles wird wieder gut", versuchte sie mich zu beruhigen. Doch es half nichts, ich musste mich einfach ausheulen. Und so saßen wir da Arm in Arm. Die eine verzweifelt die andere zutiefst verletzt und traurig bis zum Gehtnichtmehr. Das musste ein merkwürdiges Bild gewesen sein.
Nach 15 Minuten konnte ich wieder atmen und hatte auch wieder teil Weiße einen klaren Verstand.
Liza sah mich an, ihr Blick war undeutbar.
"Komm, ich bringe dich hier weg", schlug sie vorsichtig vor. Ich nickte. Es war wirklich nicht mein Tag.
Sie ließ mich los, um aufzustehen, nahm mich aber an der Hand um mich hoch zu ziehen. Das tat sie mit zu viel Schwung und ich krachte gegen sie. Dabei kam mein Gesicht ihrem viel zu nahe. Ich spürte wie sie erschrocken ausatmete.  Ihren warmen Atem auf meiner Haut zu spüren war zu viel und diese Nähe gab mir den Rest. Doch bevor irgendwas passieren konnte umarmte sie mich kurzerhand. Ich fühlte mich geborgen,  sicher. Ein fremdes Gefühl. Aber es fühlte sich gut an, sogar sehr.
Ihre Haare rochen wie frisch gewaschen und nach einer Blumenwiese im Frühling, wenn die Sonne gerade aufging. Ein merkwürdiger Vergleich, aber das einzige, was dem irgendwie gerecht wurde, was ich roch. Mein Herz kam mit dem ganzen Stress nicht so klar und pochte in meiner Brust als würde es um Leben und Tod gehen. Ich hatte sogar Angst sie würde es spüren.

"Ich mach mir echt Sorgen um dich", flüsterte sie.
"Warum?", fragte ich mit kratziger Stimme nach. Sie schwieg. Dann ließ sie mich los und sah mir in die verweinten Augen. Etwas blitzte in ihren auf,  das ich nicht deuten konnte.  Gut, ich hatte jetzt auch nicht unbedingt wenig getrunken.
Sie ließ den Blick sinken und schüttelte den Kopf. Was sie etwa ... traurig?
"Was ist?", fragte ich. Keine Antwort.
Stumm nahm sie meine Hand, wobei sich mein Herz komplett überschlug und brachte mich zum Auto. Unbeholfen ließ ich mich mitziehen. Ich konnte ja schlecht stehen bleiben.  Obwohl alles merkwürdig schwummrig und unscharf war und ich nicht richtig gerade aus gehen konnte. 
Fürsorglich wie sie war öffnete die mir die Autotür und half mir beim Einsteigen. Sobald ich sahs legt ich den Kopf zurück und schloss die Augen. Blind schnallte ich mich an, dann legte ich meine Hände kurzerhand in meinen Schoß.
Die ruhigere Atmosphäre ließ mich ein wenig runterkommen. Es war alles so nervenaufreibend gewesen beziehungsweise ist es immer noch.
Nachdem sie ebenfalls eingestiegen war startete sie den Motor.
"Ich fasse es gerade nicht das ich um halb 4 Uhr morgens meine besoffene Schülerin von einer Party hole", sagte sie in die kurze Stille hinein. Es war wirklich völlig absurd. Nach ein paar Sekunden fing sie an zu lachen. Sie konnte wirklich schön lachen, fast himmlisch.
Ich öffnete die Augen wieder und linste zu ihr rüber. Dann musste ich auch lachen. Es war einfach schlicht und ergreifend Schwachsinn.
Und so lachten wir die halbe Fahrt über diesen ganzen Mist, obwohl mir eher zum Heulen war. In ihrer Nähe fühlte ich mich wohl das ich das gesehene nicht vergaß aber in eine Schublade packen konnte, um später darauf zurückzukommen.

Nachdem wir uns etwas beruhigt hatten redeten wir noch ein bisschen über belangloses bis sie mit etwas ernsteren Themen anfing.
"Warum bist du heute in den See gesprungen?", fragte sie kurzerhand.
Ich überlegte. Das war heute? Naja, streng genommen gestern.
"Verzweiflung", sagte ich dann knapp.
"Warum bist du verzweifelt?".
Ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schwieg aber und schloss ihn wieder. Schwer atmete ich aus.
"Mein Leben ist nicht ganz so toll wie das von anderen", erklärte ich vorsichtig.
"Wem sagst du das", meinte sie bitter und blieb an einer Kreuzung stehen.
"Eigentlich gibt es dafür keine logische Erklärung. Ich war wie ferngesteuert. Als hätten mich meine Dämonen wie eine Marionette geführt."
Kurzes schweigen.
"Dämonen?", hagte sie nach.
"Depressionen, Zukunftsangst, Selbstzweifel, Selbstmordgedanken", murmelte ich. Das hatte ich noch nie jemanden Erzählt, nicht einmal Lucy wusste davon. Warum ich es ihr anvertraute wusste ich nicht. Erschrocken sah sie zu mir. Die Ampel schaltete auf grün. Sie fuhr aber nicht.
"Es wäre grün", bemerkte ich.
"Grace", flüsterte sie.
"Aber warum?".
"Jedes Talent fordert einen Tribut. Oder zumindest denke ich das".
Wieder schwieg sie. Aber sie Stille war voller Anspannung. Sie Gelassenheit war verschwunden genau wie sie belanglosen Themen.
Sie wollte etwas sagen, bekam aber keinen Ton heraus.  Erst jetzt merkte ich wie der Alkohol nicht mehr die Wirkung hatte wie vor 30 Minuten.
Die Ampel schaltete auf Orange dann auf Rot und wir standen immer noch an derselben Stelle.
"Hast du mit deinen Eltern gesprochen?", fragte Liza als sie ihre Stimme wieder gefunden hatte. Ich schüttelte den Kopf.
"Ich und meine Problem sind zu Hause reine Nebensache.".
Man sah ihr das Entsetzen an.
"Willst du drüber reden?", fragte sie wieder aber ich schüttelte den Kopf. Es gab nichts zu bereden. Liza schluckte merklich schwer. Ich versuchte das Thema zu wechseln.
"War Jack dein Freund?", fragte ich vorsichtig. Zaghaft blickte ich zu ihr.
Sie hielt sich den Handrücken vor die Lippen. Dann nickte sie.
"Tut mir leid", flüsterte ich.
"Schon gut", meinte sie sichtlich bemüht nicht die Fassung zu verlieren.
"Wir haben nicht zusammen gepasst".
Ich nickte verständnisvoll.
"Scheint so als hätten wir beide kein Glück mit Männern", murmelte ich und sah wieder aus den Fenster.
"Wie meinst du das?".
"Er hat mich betrogen. Ich meine es war nur ein Kuss aber ...", weiter kam ich nicht da mir die Stimme versagte. Tränen liefen wieder über meine Wangen.
Plötzlich spürte ich wie sie ihre Rechte Hand auf meine legte. Ein wunderbares Gefühl. Ich zwang mir ein kleines Lächeln auf und sah wieder zu ihr. Sie hatte ebenfalls Tränen in den Augen.
"Das tut mir leid", hauchte sie. Dann sah sie weg.
"Gott kann schon grausam sein", murmelte ich.
Liza beschloss dann nach Hause zu fahren. Es waren vielleicht noch 2 Meilen die sie fuhr aber es kam mir vor wie eine halbe Ewigkeit.
Ungeduldig spielte ich mich mit dem Ring an meinem Finger, der mir nicht gehörte.
"Ich hab deinen Ring noch. Du hast ihn am Steg verloren", sagte ich kurzerhand in das Schweigen. Liza sah auf meine Hand, in der das Schmuckstück lag.
"Behalt ihn, mir hat er nie gestanden".
"Aber ...", setze ich an. Sie konnte mir doch nicht einfach ihren Ring schenken. Wer weiß wie viel der Gekostet hat.
"Nein", sagte sie bestimmt.
"Ich will, das du ihn trägst".
"Okay", antworte ich.
"Danke".
Sie schwieg. Jetzt fühlte es sich komisch an ihn zu tragen.  Im schwachen Licht betrachte ich ihn. Eigentlich war er wunderschön, mit dem geschliffenen dunkelblauen Stein der von kleiner Diamanten eingefasst war.
"Irgendwie sieht der aus wie..."
"Wie der Ring von Kate, ich weiß", beendete sie meinen Satz.
"Wow".
Okay dann trug ich halt jetzt die Kopie von Kates Ring.

Ein paar Minuten später stand ich dann mit ihr in ihrer kleinen Wohnung. Es sah alles unglaublich gemütlich aus. Herbstliche Deko, warme Farben und ganz viele Lichterketten. Auf dem großen Sofa lag eine schlafende Katze.

"Hast du Hunger?", fragte sie und zog ihre Jacke aus. Ich schüttelte langsam den Kopf. Mir war eher nach Kotzen zu muten. In mir tobte ein Sturm und sich fühlte ich gar nix. Bis auf die starke Nervosität. Mein Herz schlug schnell und schmerzhaft in meinem Brustkorb. 
Mein Blick wanderte durch das Zimmer und dann zu ihr. Fragend sah sie mich an.
"Was?".
"Nichts", meinte sie und ging in den Raum hinein. Dabei grinste sie. Ich war einen kurzen Blick auf die Uhr, die an der Wand mir gegenüber hing. 5:02 Uhr. Großartig.
"Wenn du willst, kannst du auf der Couch schlafen", schlug sie vor. Ich nickte wieder. Mir fiel auf das ich total müde und ausgelaugt war. Ich hätte im Stehen einschlafen könne.
Endlich gehorchten mir meine Beine wieder und ich bewegte mich auf die zu. Fast gleichzeitig setzen wir uns auf das Sofa. Ich seufzte, legte meine Schuhe ab und zog die Beine an. Wir schwiegen. Es war aber eine angenehme Stille. Zärtlich legte sie mir eine Hand auf die Schulter.
"Wie fühlst du dich?", fragte sie dann. 
"Wie ausgekotzt", gab ich zu. Liza nickte verständnisvoll.
"Warum ich?".
Über meine plötzliche Frage musste sie lange nachdenken.
"Ich weiß es nicht", antwortete sie mit zusammengezogen Augenbrauen.
"Okay", sagte ich und sah mich im Raum um. Meine Augen wanderte über Bilderrahmen, Vasen und anderem Schnick Schnack. Im Bücherregal standen ein paar CDs. Ohne lang nachzudenken, stand ich auf und ging auf das Regal zu.
"Was wird das jetzt?", fragte sie verwirrt. Stumm sah ich mir die CDs an.
"Sunrise Avenue? Dein Ernst?". Sie zuckte mit den Schultern.
"Die hab ich geschenkt bekommen?", meinte sie und lachte. Ich stöberte weiter. Es waren CDs, die jeder hatte.
"Ich seh schon, wir haben nicht den gleichen Musikgeschmack".  Liza lachte wieder.
Grinsend ging ich zurück und setzte mich wieder.

Wir redeten noch lange bis ich dann irgendwann eingeschlafen war.

Neuer Teil und ein paar Veränderungen! Sagt mir doch wie ihr es findet 🔮💓

Miss JacksonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt