Kapitel 36

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(Sabine)

Fluchend landete ich schmerzhaft auf meinen Händen, weil ich reflexartig meinen Sturz abfangen wollte. Um mich herum staubte es gewaltig. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, wie ich jetzt aussah. 'Wie ein Erdmonster?', schlug Damion amüsiert vor. 'Pah, halt die Klappe!' Und natürlich musste Rifea sich darüber amüsieren: 'Oder wie ein Schokoladenkuchen!'

Ich stemmte mich auf die Hände und stand mühsam auf. 'Auch du, halt die Klappe und hilf mir lieber!', warf ich Rifea vor.

Ich gab ja zu, dass mir bei der Erwähnung des Schokoladenkuchens schon Wasser im Mund zusammengelaufen war. Komischerweise grinste ich, und als ich das merkte, zog ich meine Mundwinkel runter. Mir war klar, dass Rifea gegrinst hatte. 'Wenn du aufhörst an Schokoladenkuchen zu denken und wieder konzentriert wirst, dann werfen wir sie zusammen auf die Matte.'

Ich schaute zu Sabine und war wieder erstaunt, wie gut sie war. Bislang erschien sie mir wie eine Pazifistin, aber sie schien kein Problem damit zu haben, sie ordentlich selbst zu verteidigen.

"Leandra, bist du wieder so weit?", fragte sie und zeigte dabei ihr Gebiss mit ihren Werwolfzähnen. 'Sehe ich im Moment genauso aus?', fragte ich mich instinktiv.

"Ich muss ja", sagte ich gequält und massierte mir den rechten Arm, der einen ordentlichen blauen Fleck aufwies. Schnell zog ich die Hand wieder weg, weil das ordentlich weh tat. Ich beobachtete, wie der blaue Fleck nach paar Sekunden merklich verblasst war.

"Okay, ich glaube, jetzt können wir", sagte ich. Rifea verband sich mit mir und gab mir ihre Instinkte und ihr uralten Wissen, dass sie als Werwölfin in sich barg. Ich deutete Sabines Körpermimik so, dass sie gleich auf jeden Fall nach rechts gehen würde, dann sich abstößt, um mich schneller anzugreifen. 'Sie wird den Baum da nutzen', sagte Rifea und ließ mich auf einen Baum schauen. Ich vertraute unserem Urteil und ging, wie üblich, in Verteidigungshaltung. Wie vermutet, machte Sabine eine elegante Pirouette und rannte dann einige Schritte zum Baum, und sich abzustoßen und mit ausgestreckter Kralle auf mich zuzufliegen. Ich knurrte und raste zur Seite, packte sie im Flug und warf sie mit ordentlich Kraft auf den Boden. Erschrocken von meinem plötzlichen Temperament ließ ich sie mit geweiteten Augen los. Rifea schimpfte: 'Was ist denn los? Mach weiter, sonst...'

Sabine hieb nach mir und erwischte meinen Arm, weil ich von dem internen Konflikt abgelenkt war. Ich stolperte paar Schritte zurück, während Sabine unerschöpft wieder auf ihre Füße sprang. Wir umkreisten uns und tauschten ein paar Schläge und Hiebe aus, wo ich mich gar nicht so schlecht schlug. Mit einem Mal war es mir klar, weil Rifea ihre Kampftechnik nach Lücken gescannt hatte. Ihre linke Seite war nicht so gut gedeckt. Ohne weiter darüber nachzudenken. kickte ich sie mit meinem rechten Bein und erwischte ihren Brustkorb an der Seite. Sie stolperte nach rechts, und ich nutzte meine Chance und nahm sie in den Schwitzkasten.

Sabine lachte und patschte mir auf den angespannten Arm um ihren Hals. "Leandra, die Kampf Stunde für heute ist damit durch." Ich musste erstmal mein Adrenalin für paar Sekunden unter Kontrolle bekommen und atmete paar mal tief durch. Dann ließ ich sie los. Sabine ging paar Schritte nach vorn und drehte sich dann um.

"Verstehst du jetzt meine Lektion?"

Ich schüttelte den Kopf. "Kannst du sie mir in Worte fassen?"

"Du musst als erstes lernen, dass wenn du Gegner aus Mitgefühl schonen willst oder den Gegner unterschätzt, er dich aber töten will, es dich dein Leben kosten kann. Ich weiß, ich seh lieb aus, aber ich war schon immer Werwölfin und bin gut trainiert. Daher bin ich hier eine passende Sparringpartnerin. Auf diese Art können wir trainieren, solange unsere Gedankenverbindung noch so frisch ist."

Wolf's Heart - Finding Destiny (Majesty Award 2019, Wattys Longlist 2018)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt