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James

In dem Moment in dem ich zu meiner Frage ansetzen wollte, bremste Ruby ab und blickte streng nach hinten. „Geh schon mal rein, ich komme gleich", ihre Stimme erinnerte an einen Eiszapfen und ihre Schwester machte, das sie aus dem Auto kam. „Also, wer ist Lewin?", vorsichtig tippte ich sie an. „Das ist nicht wichtig, er ist ein alter Freund, keine Konkurrenz falls du das denken solltest", sie seufzte und schaltete den Motor aus.

Eine gewisse Unsicherheit überkam mich, die ich nicht im geringsten nachvollziehen konnte. Einerseits fühlte es sich wie pure Eifersucht an, was aber unmöglich sein konnte und andererseits machte es mich rasend vor Wut, weil sie mir nicht die ganze Wahrheit erzählte. Ruby stieg aus dem Auto und schlug die Fahrertür ins Schloss, was mich zurück ins hier und jetzt brachte. Eilig stieg ich ebenfalls aus und fing Ruby vor ihrer Gartentür ab.

Sie sah mich mit leicht verschwommenen Blick an und knickte schließlich ein. Ihr ganzes Körpergewicht fiel mir entgegen, doch sie war so leicht, dass es mir überhaupt nichts ausmachte. Ohne darüber nachzudenken nahm ich sie hoch und stieg mit ihr in die hintere Sitzreihe meines Autos. Sie hatte während des Gehens ihre Arme um meinen Hals geschlungen und legte jetzt ihren Kopf auf meine Brust ab. Ein warmes Gefühl durchströmte mich, was ich gleichzeitig schön aber auch als unangenehm empfand.

„Es ist nicht fair", murmelte sie in mein Shirt und vergrub ihren Kopf noch weiter. „Was ist nicht fair", fragte ich so ruhig wie es mir möglich war. „Es ist nicht fair, dass ich es dir nicht erzähle", erwiderte sie. „Dann erzähl es mir doch einfach", entgegnete ich und zog meine Stirn kraus. „Er war mein bester Freund, ich habe ihn geliebt und dann ist er einfach weg", seufzte sie in meine Brust und ein seltsamer Stich fuhr mir durchs Herz.

„Geliebt?", hauchte ich ihr ins Ohr, „so wie du mich liebst?". Scheiße, jetzt hab ich es verkackt, bitte sag nichts, flehte ich innerlich. „Nein, wie ein Bruder meine ich", ihre Stimme war kaum noch hörbar. Oh Gott sei dank, sie hatte es nicht gesagt. Es war als würde eine Zentnerschwere Last von mir fallen. „Ich bringe dich jetzt hoch, wir sehen uns morgen", murmelte ich in ihr Haar, dann machte ich die Tür auf. Das Gartentor knarrte, als ich es aufstieß und Ruby bis zur Eingangstür brachte. Ihr kleiner Kopf lag behütet in meiner Armbeuge, während ich klingelte.

Ihre Schwester öffnete im Schlafanzug die Tür und grinste. „Bitte sag nichts, ich möchte keine Details zum Sex meiner Schwester", kam sie mir zuvor. Ich lachte kurz auf und verdrehte die Augen, vielleicht hätte Nina besser zu meiner Art gepasst, aber Ruby passte eindeutig besser zu mir selbst. Ich stellte Ruby vorsichtig auf ihre eigenen Beine und gab ihr einen Kuss auf den Scheitel. „Schlaf gut, Rubs", flüsterte ich, dann drehte ich mich um und joggte zum Auto.

Müde ließ ich mich in das weiche Leder meines Autositzes fallen und startete den Motor. Langsam wurde mir bewusst, wie schlimm diese Wette enden konnte. Ich musste Ben recht geben, im Nachhinein sah ich ein, wie scheiße dieses Verhalten von mir war. Doch während ich das dachte, kam mir ein anderer Gedanke. Wozu war ich soweit gekommen, um es fallen zu lassen? Ich würde es durchziehen und bei ihr bleiben, denn ein Leben ohne Ruby konnte ich mir nach diesem einen Tag nicht mehr vorstellen. Diese Woche hatte so viel Neues gebracht, so viel Gutes und das nur, weil ich sie hatte knacken wollen, weil es mir gegen den Strich gegangen war, dass genau ein Mädchen nicht nach meiner Pfeife tanzte.

Und leider musste ich zugeben, dass es dieses Ich immer noch gab. Ich mochte Ruby zwar, aber ich konnte es nicht Liebe nennen und obwohl die Zeit mit ihr super war, so musste ich mir doch eingestehen, dass wir beide nie eine Zukunft haben würden. Mein ganzer Frust über diese Unsicherheit ließ ich an meinem Lenkrad aus, als ich vor unserer Haustür geparkt hatte und einfach nicht mehr weiter wusste.

Nachdem ich mein Lenkrad genug bearbeitet hatte, stieg ich aus und schloss missmutig die Tür auf. Meine Jacke landete irgendwo im Flur und meine Schuhe ebenfalls. Genervt von mir selbst, schlurfte ich in das Wohnzimmer und setzte mich an unsere Bar. Im ganzen Haus war es stockdunkel und ich verzichtete auf das anschalten unseres Deckenlichtes. Blind griff ich nach einem meiner Shotgläser und befüllte es bis zum Rand mit Vodka. Nach drei oder vier shots schmiss ich den Vodka um und musste mit brummendem Kopf die Scherben einsammeln und die Flüssigkeit aufwischen.

Dabei war ich in etwa so leise, wie ein Elefant im Porzellanladen, weshalb es mich nicht wunderte, dass nach drei Minuten Mia vor mir stand und mir wortlos die Tücher abnahm. „Was hast du angestellt?", fragte sie mich, während sie den Vodka aufwischte. „Gar nichts, die Frage ist, was ich noch machen werde", antwortete ich ihr und hickste. Mia drückte mich auf unsere Couch und gab mir ein Glas Wasser in die Hand. „Was wirst du denn tun?", ihre Hand streichelte langsam meinen Rücken und ich konnte nicht anders als meinen Kopf auf ihrer Schulter abzulegen und eine kleine Träne zu verdrücken.

Es war, als würde sich mein gesamter Charakter einmal umstülpen und ich genau zu dem Gegenteil werden. Ein einfühlsamer, nicht gerade robuster Junge, der eine Frauenschulter brauchte um sich aus zu heulen. „Ich bin stark", murmelte ich Gedankenverloren. Ich hörte das leichte lachen von Mia: „Jaja meine Großer, das weiß ich doch". Aus wütenden Augen funkelte ich sie an: „Hast du gehört, ich brauche keine Frau in meinem Leben, nur gute Bekanntschaften".

Mias Lachen verstummte und sie musterte mich kritisch. „Wenn ich morgen zu hören bekommen, dass Ruby heulend im Bett liegt, weil du Trottel Schluss gemacht hast, dann bekommst du Ärger", knurrte sie, was mich erschrocken zusammenfahren ließ. „Sie liegt behütet im Bett, ich habe ihr einen Gute-Nacht-Kuss gegeben", verteidigte ich mich stolz grinsend. Dieses Gefühl, dass ich etwas richtig gemacht hatte, begleitete mich auch noch bis in meine Träume, wo ich dennoch davon geplagt war, wie ich alle um mich herum am wenigsten verletzen könnte ohne die Wette zu verlieren.

Der Quarterbackback fürs Leben- Crashes und die Liebe 2Dove le storie prendono vita. Scoprilo ora