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Das Schicksal ist ein mieser Verräter. Anders kann man das nicht ausdrücken. Es gibt Fehler in unseren Sternen und verdammt nochmal, weshalb? Warum ist es ungerecht? Das ganze Leben.

Tagtäglich sterben Menschen. Gute Menschen, junge Menschen und geliebte Menschen.

Warum mache ich mir Sorgen, ob ich zu dick oder zu hässlich bin? Dass ich zu dumm bin und niemand mich deswegen mag. Weshalb halten mich diese quälenden Gedanken wach? Wenn ich an meine Zukunft denke, ob ich glücklich werden kann und ob ich jemals ein Leben führe, das mir gefällt. Elende schmerzhafte Gedanken für die Seele.

Jeden Tag sterben Menschen. Gute Menschen, junge Menschen und geliebte Menschen.

Und ich gebe mein Leben auf, ohne es aufzugeben.

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Wahrscheinlich wäre ich umgekippt wie ein Kartoffelsack, wenn da nicht plötzlich jemand mir unter die Arme greift. Keine Ahnung, wer diese Person ist, aber am Ende des Tages werde ich dankbar sein. Am Rande bemerke ich, wie sie mit mir spricht, aber ihre Worte kommen nicht bei mir an. Der Schmerz in meiner Brust ist unerträglich, eine glatte zehn und jede Minute wird es nur noch schlimmer. Ich bekomme keine Luft, meine Kehle ist zugeschnürt. Langsam aber sicher ersticke ich und mein Körper gibt auf. Er will nach den vielen Strapazen nicht mehr. Mir kommt nicht mal in den Sinn mir einzureden, dass alles wieder gut werden wird. Da ist keine Hoffnung mehr. Keine Hoffnung mehr in mir drin.

Schwarze Punkte tauchen vor meinen Augen auf. Es ist zu viel.

"Liv! Liv! Liv!", ruft da jemand zu mir, aber er klingt zu weit weg. Nicht mehr erreichbar für mich.

"Olivia. Sieh mich an. Komm zu mir zurück", redet Sebastian.

Sebastian, er klingt näher als zuvor. Aber dennoch unerreichbar für mich.

"Ich habe dich sehr sehr gerne. So sehr, dass es mir manchmal Angst macht und ich nachts nicht schlafen kann vor Vorfreude und Nervosität. Weil ich so viel mit dir erleben und teilen möchte. Ich möchte Tag und Nacht mit dir verbringen. Dass du nachts neben mir schläfst und in meinem Arm einschläfst. Schatz, egal was ist, wir schaffen das. Zusammen..."

Wieder einmal holt er mich zurück ins Leben und ich kämpfe mich zu ihm. Von der Schwärze weg.

"Milky ist hier im Krankenhaus, wegen einem Unfall. Wir hatten Streit und wenn er stirbt, dann ist das schrecklich. Das darf nicht wahr sein.", bricht es aus mir raus voller Tränen.

Wacklig stehe ich auf und ignoriere die anderen Menschen um mich herum, die mich beobachten.

"Wie gern ich dich auch bei mir haben möchte, du kümmerst dich um deinen Vater und ich gehe zu meinem Bruder."

Bevor mich jemand aufhalten kann, laufe ich zur Rezeption um zu fragen auf welcher Station und in welchem Zimmer er sich befindet.

Die ganze Fahrstuhlfahrt drehen sich meine Gedanken nur um das Schlimmste, was passieren könnte. Wenn er wirklich verstirbt und wir im Streit auseinander gehen, werde ich mir das nie verzeihen können. Weshalb musste ihm etwas geschehen und nicht mir? Er ist ein viel besserer Mensch, als ich es bin und mir wird klar, wie doof ich mich verhalten habe.

Die weißen Wände fühlen sich so an, als würden sie immer näher rücken und mich langsam aber sicher zerquetschen. Es ist so, als würde ich nicht mehr in meinem Körper sein. Alles passiert automatisch und ich denke nicht nach, was ich mache. Als wäre ich fremdgesteuert.
Das Herz rast, wie nach einem Sprint, doch es stolpert, als ich an die Zimmertür klopfe und eintrete.

Schleichend bewege ich mich fort. Nicht bereit, was ein paar Meter vor mir liegt.

"Die Schmerzmittel helfen, Schwester, ich fühle mich ganz benebelt.", höre ich von Milky. Er ist wach. Pure Erleichterung überkommt mich und somit sprinte ich fast zu ihm.

Balsam für meine SeeleWhere stories live. Discover now