Kapitel 37 - Hafer

4.2K 110 25
                                    

Es geht weiter 🔥 Lasst mich wissen, wie ihr es fandet. Ihr seid die beste Community der Welt 💕


Nervös nestelte ich an dem Riemen meiner kleinen Umhängetasche herum. Was für eine blöde Eigenschaft, dachte ich noch, bevor sie die großen verzierten Türen des Vier-Jahreszeiten-Hotels öffneten und eine blonde Frau Anfang 50 heraus stolziert kam. Ihr spitze Nase fuhr in meine Richtung. Sie hatte mich entdeckt und tat dasselbe wie bei jeder unserer Begegnungen: sie schätzte mich ab, musterte mich, taxierte mich. Mir fiel direkt wieder ein, warum ich mich kaum bis gar nicht bei ihr meldete.

„Talia mein Engel, wie geht es dir?", begrüßte sie mich mit ihrer hohen Stimme, während sie sich die große Sonnenbrille ins Haar schob und mir einen Kuss auf die Wange drückte.

„Hallo Mama, gut, danke. Und dir?", erwiderte ich ihre Begrüßung und sah auf sie herab. Ich war nur ein kleines Stück größer als sie, doch das war ihr schon immer zuwider. Auch jetzt sah sie mich aus zusammen gekniffenen Augen an. Sie schlenderte los und steuerte auf die Binnenalster zu, die an dieser Seite von großen Bäumen umsäumt war. Ich hatte Mühe mit ihr Schritt zu halten.

„Wo gehen wir denn nun etwas Feines essen?", fragte sie und blickte aufs Wasser. Ihr merkliches Desinteresse an mir zeigte mir nur einmal mehr, warum mir diese Verbindung nicht gut tat.

Ich zuckte mit den Schultern und fügte mich ihrem Vorschlag. Wie früher trottete ich neben ihr her, während sie mir erzählte, dass Friedrich mich auch sehr gerne gesehen hätte, doch er sei geschäftlich hier in Hamburg sehr gebunden und sie würden am Sonntag bereits zurück nach Palma fliegen. Erleichterung durchströmte mich. Ich hatte bereits Angst gehabt, dass sie länger in der Stadt bleiben würde.

„Du siehst gut aus, Kindchen. So erwachsen. Du hast richtig was aus dir gemacht!", sagte Camille, bevor sie sich ein Stück grünen Spargel in den Mund steckte und diesen mit Bedacht kaute. Ich wusste nicht so recht, was ich darauf erwidern sollte, daher nickte ich nur und schnitt meinen Flammkuchen in sechs gleich große Stücke.

„Lediglich dein Busen ist noch immer so klein. Hast du mal über eine Operation nachgedacht?"

Ihre Worte verletzten und erschreckten mich gleichermaßen so sehr, dass mir das Stück Flammkuchen aus der Hand zurück auf das große Holzbrett fielen. „Wie bitte?"

„Naja, du bist im richtigen Alter, dein Busen wächst nicht mehr und du solltest wirklich daran arbeiten, dass dein Gesamtbild stimmig ist.", erklärte sie, so als wäre es das Normalste auf der Welt seiner Tochter zu einer Brustoperation zu raten. Wütend schüttelte ich den Kopf und trank einen großen Schlucks meiner Weißweinschorle. Diese Person ertrug ich nur mit Alkohol. Andernfalls würde ich wahrscheinlich einen Mord im Affekt begehen.

„Danke für den Tipp, aber ich bin sehr zufrieden mit meinem Körper.", erwiderte ich gezwungen lächelnd und erntete einen strafenden Blick meiner Mutter, weil ihr mein Tonfall offensichtlich nicht passte.
Diese Frau war das pure Gift und es war das Beste was mir passieren konnte, dass sie sich damals Friedrich gekrallt hatte und abgehauen war. Auch wenn mein Vater kein richtiger Vater gewesen war und er eigentlich nur gearbeitet hatte, hatte er mich gelehrt zielstrebig und ehrgeizig zu sein. Still schweigend aßen wir weiter, bis meine Mutter erneut das Wort ergriff.

„Und, gibt es sonst etwas Neues in deinem Leben von dem ich noch nichts weiß?", fragte sie und tupfte sich ordentlich den Mund mit der Serviette ab. Ich war mir nicht sicher, ob sie die Medien verfolgte, aber falls schon würde sie bereits wissen, dass ich Kontakt zu Jonas hatte.

„Seitdem du abgehauen bist, einiges. Mein Vater sitzt hinter Gittern, ich habe einiges an Geld geerbt, habe Kontakt zu meinem Bruder, einen tollen Job und eine neue Familie dazu gewonnen." Ihr Gesicht wurde bleich. Scheinbar trafen sie meine Worte mehr, als ihr lieb war, doch das war mir egal. Ich würde keine Rücksicht mehr auf sie nehmen. Das hatte ich viel zu lange getan.

"Doch die Dunkelheit glitzerte in der Nacht" | Bonez MC | Teil 1 & 2Where stories live. Discover now