Kapitel 43 - Waldorf

3.8K 94 17
                                    

Ich habe es leider nicht eher geschafft. Heute geht's dann nun endlich weiter.

John

Den Kopf zermürbend kniff ich meine Augen zusammen und rieb mir übers Gesicht. Meine Kopfschmerzen waren schlimmer geworden und auch das Codein half heute nicht.

"Bruder, das war einer zu viel.", ertönte es da neben mir und ich sah abrupt zur Seite. Marten stand neben mir und sah mich enttäuscht an.

Ich stieß zischend die Luft aus. "Ja, ich weiß."

Scheiße, warum war ich so dumm? Immer wieder stieß ich sie von mir und dieses Mal konnte ich mir mein dämliches Verhalten selber nicht ganz erklären. Ich wollte sie nur nicht Backstage dabei haben, weil hier in Berlin nicht nur die Engel ein fester Bestandteil der Gang waren, sondern sich hier auch noch andere Leute umtrieben die Talia auf gar keinen Fall bemerken sollten.
Mit einem gezielten Griff hinter die Theke zauberte ich mir eine Flasche Wasser hervor, die ich gierig austrank. Zeit nüchtern zu werden.

Marten sah mich noch einmal ernst an, bevor er sich sein Handy ans Ohr hielt und auf den Balkon ging. Einen Moment sah ich ihm hinter her und war froh, dass er wieder der Alte war. Der Knast hatte ihn verändert und er war noch skrupelloser geworden, doch sein weicher Kern und sein Herz aus Gold kamen langsam wieder zum Vorschein, was mich sehr freute. Dennoch musste ich noch immer viel darüber nachdenken, was er mit Alexander Walter angestellt hatte, auch wenn er ihn nicht angerührt hatte.

Müde gähnte ich herzhaft und ließ meinen Blick durch die volle Suite schweifen, bis mein Blick an einem weiß gekleideten Mann hängen blieb. Was machte der hier überhaupt?  Ich hatte ihn ganz sicher nicht eingeladen. Das er mit meinem Mädchen gesprochen hatte passte mir gar nicht, aber ich war zu müde um noch auf ihn zu zugehen. Ich wollte einfach nur noch ins Bett und vergessen, dass ich der größte Idiot der Welt war. Daher verabschiedete ich mich von Joe und Marten und stieg in den Aufzug, der mich nach unten in die Lobby brachte.

Unten angekommen stöhnte ich genervt auf. Die ersten Groupies tümmelten sich draußen vor der Tür. Auf den Mist hatte ich gerade absolut keine Lust. ich zog mir meine Cap tiefer ins Gesicht, setzte meine Kapuze auf und verließ dann das Gebäude so schnell ich konnte. Natürlich erkannten mich die wartenden Teenager, aber ich war so schnell über die 4 spurige Straße verschwunden, dass mir niemand folgte. Ich hätte auch ein Taxi nehmen können, aber mit der U-Bahn ein wenig durch die Nacht fahren würde meinen Kopf frei machen.

Zu meinem Glück fuhr die U4 gerade ein und ich sprang in einen leeren Waggon. Es war nicht mehr viel los, obwohl es Freitagnacht war und noch relativ früh in der Nacht. Ich ließ mich auf einen der Sitze fallen und starrte gedankenverloren aus dem Fenster, bis meine Haltestelle ertönte und ich ausstieg. Zu Raphaels Wohnung war es nicht weit, daher schloss ich nur wenige Minuten später die große Tür zur seiner Altbauwohnung auf.

"Bruder", erklang es aus der Küche, "bist du das?"

Ich schielte um die Ecke und fand Raf im Trainingsanzug mit einer Schale Müsli vor sich am Tisch sitzend vor. Schlief dieser Kerl eigentlich nie?

"Was geht?", fragte ich und ließ mich auf die Bank gegenüber von ihm fallen. Ich wurde von Minute zu Minute müder.

Kauend sah Raf mich einen Moment an, bevor er antwortete. "Komme ausm Studio. Was ist passiert?"

Dieser Mann konnte aus mir lesen wie aus einem Buch. Manchmal war ich froh darüber, dass wir so vertraut miteinander waren, aber manchmal störte es mich auch. Ich konnte und wollte nicht immer über alles reden.

"Talia ist bei Joe in der Suite aufgekreuzt.", antwortete ich.

"Und lass mich raten: du warst mal wieder ein Arschloch?", traf er ins Schwarze.

"Doch die Dunkelheit glitzerte in der Nacht" | Bonez MC | Teil 1 & 2Where stories live. Discover now