Kapitel 31

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Ich habe noch zwei Wochen, bis der neue Job beginnt. Diese Zeit nutze ich, um die Bilder an die Wand zubringen, die letzten Kisten auszuräumen und allem den letzten Schliff zu geben. Jeden Abend telefoniere ich mit Wincent und er erzählt mir von seinem letzten Konzert und der Stadt in der er sich grade befindet. Der Wechsel von tausenden feiernden Menschen und lauter Musik zu einem leere Hotelzimmer, das in Schweigen gehüllt ist, fällt ihm nicht so leicht wie er immer vorgibt. Ich glaube, er genießt die Gespräche zum Einschlafen genauso sehr wie ich. Es gibt uns beiden eine Geborgenheit in der Einsamkeit, die wir beide verspüren.

Die Tage vergehen gleichförmig und ich kann es kaum erwarten endlich in den neuen Job zu starten. Schon Tage vorher habe ich mir ein passendes Outfit zurechtgelegt und bin jetzt, als der Wecker um 7 Uhr klingelt hellwach. Aufgeregt mache ich mich fertig. 30 Minuten später stehe ich vor dem Spiegel im Flur und lasse einen letzten prüfenden Blick über mein Outfit wandern. Mit dem Kaffeebecher in der einen und dem Haustürschlüssel in der anderen Hand verlasse ich das Haus. Es ist mittlerweile ziemlich kalt geworden, aber der erste Schnee lässt noch auf sich warten. Ich stelle den Becher in die Mittelkonsole und mein Handy in die Halterung in meinem Auto. Dann fahre ich los.

Ich komme deutlich besser durch als gedacht und stehe pünktlich vor den großen Toren der Firma. Mit meinem Ausweis ist es kein Problem an dem Pförtner vorbei zu kommen. Ich werfe einen letzten Blick auf mein Handy bevor ich das Gebäude betrete.

„Viel Erfolg heute! Du rockst das <3"

Wincents Worte zaubern mir ein Lächeln aufs Gesicht. Wir haben uns gestern nicht mehr gesprochen, weil er erst so spät im Hotel ankam und ich früh schlafen gehen wollte. Es ist so süß von ihm, dass er trotzdem an meinen ersten Tag gedacht hat. Zuversichtlich trete ich durch die Tür und werde direkt von Julia am Empfang begrüßt. Sie hat extra auf mich gewartet, damit sie mir nochmal alles zeigen kann. Ihre kleine Tour endet in unserem Labor. Daneben befindet sich eine Umkleide und ein Büro, beziehungsweise ist es eigentlich mehr ein Aufenthaltsraum, den wir uns mit den drei anderen Laboren auf dem Flur teilen. Wir verstehen uns auf Anhieb prima und ich habe die kleine Rothaarige direkt ins Herz geschlossen.

Der erste Tag vergeht wie im Flug. Julia und ich haben viel Spaß bei der Arbeit und wir reden sehr viel. Nach nur einem Tag habe ich schon das Gefühl wir würden uns seit Jahren kennen. In der Mittagspause hat sie mich den sechs Kollegen auf unserem Flur vorgestellt. Sie haben sich als nettes Grüppchen entpuppt und mich freundlich aufgenommen. Die Arbeitsatmosphäre ist wirklich herrlich. Es fühlt sich eher nach einem Nachmittag mit Freunden an, als wirklicher Arbeit. Sie haben mich direkt eingeladen, nächste Woche mit ihnen Essen zugehen, denn es ist Lennards Geburtstag. Natürlich sage ich nicht nein und freue mich schon darauf auch die Anderen besser kennenzulernen.

Abends im Bett läuft der Tag noch einmal vor meinem inneren Auge ab und ich bin mir nun sicher, dass mein Vertrauen in die Münze der richtige Weg war. Ein Klingeln reißt mich aus meinen Gedanken. Wincents Gesicht leuchtet auf meinem Handy auf.

„Winnie!" gehe ich freudestrahlend ans Telefon.
„Hey Sarah! Wie lief dein erster Tag? Ich will alles wissen!"
„Es war einfach perfekt! Julia ist einfach ein Engel und auch die anderen Kollegen sind super nett. Ich wurde sogar schon auf den Geburtstag von Lennard eingeladen nächste Woche" sprudelt es aus mir heraus. Es ist so schön die ganzen Erlebnisse mit jemandem teilen zu können.
„Lennard?" fragt Wincent nachdenklich. Noch bevor ich in diesen Stimmungswechsel etwas hinein interpretieren kann, reden er auch schon weiter. „Das freut mich so für dich! Siehst du, dann waren deine Sorgen doch völlig unbegründet. Ich wusste, dass du sie alle sofort für dich einnimmst." Geschmeichelt von seinen Worten telefonieren wir noch ein wenig. Doch schon bald fallen mir die Augen zu. „Gute Nacht, Sarah" ist das Letzte, das ich höre, bevor ich in das Land der Träume abdrifte.

Wir hatten doch Pläne | wincent weissOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz