Kapitel 39

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Mit müden Augen liege ich neben Wincent in dem riesigen Hotelbett. Sein Atem geht gleichmäßig und ruhig. Meiner wird immer hektischer, je mehr Erinnerungen der letzten Nacht mich einholen. Leise hallen in meinem Kopf die Nachrichten von gestern. Jede Beleidigung und jede Drohung prasselt erneut auf mich ein. Die Tränen schleichen sich zurück auf mein Gesicht und ich fasse einen Entschluss. Ich bin nicht bereit dazu in der Öffentlichkeit zustehen. Ich will das nicht.

Ganz leise verlasse ich das Bett und lege meine Sachen in den Koffer. Im Bad mache ich mich schnell fertig und schlüpfe in ein schlichtes Outfit. Auf dem Nachttisch finde ich einen hoteleigenen Block und einen Kugelschreiber. Schnell und krakelig spuckt der Kulli die Worte aufs Papier. Ein tiefer Schmerz zieht sich durch meine Brust, doch ich sehe in diesem Moment keinen anderen Ausweg.

Ich brauche Zeit für mich, um dieses Chaos zu sortieren. Bitte verzeih mir, Winnie"

Stumm lege ich den Zettel auf das Kissen, wo vor ein paar Minuten noch mein Kopf lag. Ich sehe Wincent noch einmal an, wie er so friedlich schläft. Dann verlasse ich das Zimmer und schließe leise die Tür hinter mir.

Durch den Hinterausgang des Hotels komme ich unbemerkt zur U-Bahn und fahre zu meinen Eltern. Dort steige ich sofort in mein Auto und fahre los. Erst nach hundert Kilometern merke ich, dass sich mein Körper langsam entspannt und auch mein Kopf auf andere Gedanken kommt. Mein schlechtes Gewissen wächst unaufhaltsam, doch die Vernunft in meinem Kopf bringt es zum Schweigen. Es war nicht die feine Art einfach so zugehen, aber genau das brauche ich gerade. Ich musste der Situation entfliehen, um damit klarzukommen.

3 Stunden später sitze ich in meinem Wohnzimmer mit einer dicken Decke und einer Tasse dampfend heißem Kaffee. Wincent hat ein paar mal angerufen, doch es hat gedauert, bis ich mich dazu durchringen konnte abzuheben. Die Sorge in seiner Stimme hat mich fast um den Verstand gebracht. Nachdem ich ihm versichert habe, dass ich wieder zuhause in Eutin bin ist er etwas ruhiger geworden und hat versprochen mir die Zeit zugeben, die ich brauche. Ich starte einen Film, um mich auf andere Gedanken zu bringen. Leise hüpfen die Figuren über den Bildschirm. Ich sehe ihnen eine Weile dabei zu, bis mich die Müdigkeit übermannt. Ich sinke in die dicken Kissen meines Sofas und falle in einen traumlosen Schlaf.

Wir hatten doch Pläne | wincent weissTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang