Kapitel 6 || Familie

427 46 2
                                    

An einem Abend war ich, mal wieder, auf dem Weg zu den Stallungen um Markus im Wald zu treffen, als aus der Scheune ein Geräusch kam. Vorsichtig steuerte ich das rotgestrichene Gebäude an, bemüht keinen Laut zu erzeugen. Was konnte das gewesen sein? Ein Räuber? Ich schlich durch die, komischerweise offenstehende, Tür. Das Licht der Fackel fiel auf die Wand, neben der ich stand. Und ich sah das Unglaubliche. Maurice und Michael, die sich bis eben noch küssten, standen mit hochroten Häubtern und verwuschelten Haaren vor mir. "Wie war das mit der Hochzeitsnacht? Ihr fresst euch doch hier schon fast auf." meinte ich, nachdem ich mich von dem Schock erholt hatte. Mein Bruder wurde, wenn möglich, sogar noch dunkelroter. Michael hingegen zwang sich mir in die Augen zu blicken und murmelte: "Ich- nagut vielleicht war das etwas anders geplant... Aber was ist mit dir? Was machst du so spät abends noch hier?" Jetzt war es an mir nervös zu werden. Sie sollten nichts von Markus wissen. "Ähm ich... ich konnte nicht schlafen und wollte noch mal spazieren gehen." Maurice nickte, doch überzeugt wirkte weder er noch sein Liebhaber. Nach einer peinlichen Zeit des Schweigens erklärte Michael, dass er und Maurice sich jetzt in sein Gemach begeben und sich eine schöne Nacht machen würden. Kaum waren diese Worte seinem Mund entflohen, da hatte der Prinz auch schon seine Hand gepackt und ihn in Richtung Schloss gezerrt. Ich schüttelte leicht belustigt meinen Kopf und setzte den Weg zu meinem Pferd fort.

Ich erkannte Markus schon vom Weiten, wie er da in seinen schwarzen Umhang gekleidet auf dem Stein trohnte und eitler aussah als mancher König. Ich bewunderte ihn. Bewunderte ihn dafür, dass er so einfache Dinge so besonders und erhaben nutzte und wirken ließ.

An einen Ast band ich Dorchadas an, nachdem ich abgestiegen war und lief anschließend zu dem Mann, welchen ich zu besuchen pflegte. "Guten Abend." meinte er und drehte sich um. Ich lächelte leicht. "Ebenfalls." Er rutschte ein Stück und ich ließ mich neben ihn fallen. "Du wirst nicht glauben, was mir unter die Augen gekommen ist." grinste ich. Er zog eine Augenbraue hoch und blickte mich auffordernd an. "Sicher?" "Ganz sicher." erwiederte ich und begann von Maurice und Michael zu sprechen.

"Markus?" "Ja?" "Kannst du mir etwas über deine Familie erzählen?" Mein Gegenüber schluckte. "Ja... Ich bin der jüngste von fünf Kinderen. Mutter verstarb als ich gerade mal sechs Jahre war. Sie- Banditen töteten sie. Meinen Vater hab ich niemals zu Gesicht bekommen. Er ging drei Tage vor meiner Geburt von uns. Meine Schwester Andrea ist verheiratet und hat ein Kind. Manchmal gehe ich im Winter zu ihr und sie gibt mir Unterkunft und Essen. Peter und Sebastian wohnen zusammen mit ihren Ehefrauen und Kindern auf einem Gestüt, wo sie Pferde züchten. Ich habe sie ewig nicht mehr gesehen. Und Stephan lebt mit Frau, Kindern und seinem Vater in einer voelanischen Manor. Er wurde dort geboren, genauso wie Peter und Sebastian. Sogar meine Mutter kam aus Voela. Ich wollte das nie. Ich konnte weder Stephan noch seinen Vater leiden. Schon immer." Ich sah ihn an. Seine Augen waren mit Tränen gefüllt, doch er versuchte sie wegzublinzeln. Wie stark er war... Ich konnte nicht anders und nahm in in den Arm. Vorsichtig strich ich über seinen Rücken. Als Markus sich beruhigt hatte, versuchte er sich vorsichtig aus meiner Umklammerung zu winden. Als dies nicht klappte, grinste er murrend: "Lass mich los du Klammeraffe. Ich lachte ebenfalls und löste mich tatsächlich von ihm. "Jetzt mal etwas anderes: Willst du auf die Hochzeit meines Bruders kommen? Kleidung kann ich dir leihen und es werden soviele Menschen da sein, dass es niemals auffallen würde, wenn du dabei bist. Es wäre mir wirklich eine Ehre und" ,ich kicherte, "es würde alles auf viel interessanter machen." Nach einer Weile, in der Markus seinen Kopf hin und her gewiegt hatte, nickte er letztlich. "Gut. Aber falls es Konsequenzen davon trägt, musst du mit ihnen leben." Ich nickte begeistert und schloss ihn direkt noch mal in meine Arme. "Danke."

Des Hexers Herz ° KürbistumorKde žijí příběhy. Začni objevovat