Kapitel 63 || Mauer

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"Gibt es irgendeine Möglichkeit an Pferde zu kommen, ohne, dass sie uns aufspießen?" fragte der Grünäugige mich keuchend. "Nicht wirklich,", schnaufte ich zurück, "außer wir haben das Glück, dass uns wer entgegenkommt. Und selbst dann ist es fragwürdig, ob sie einem Hexer, einer Frau, die nie hier gesichtet wurde und einem Prinzen, der morgen heiraten soll vertrauen werden, insbesondere, wenn diese von einem Dutzend Wachen verfolgt werden." Der Hexer nickte, als hätte er sich das bereits gedacht.

Vor uns wurden die Mauern immer größer. Das Tor war offen, doch die Wachmänner, die davor standen, schienen bereit es jeden Augenblick zu verriegeln. "Und jetzt?", brüllte Roxane gegen den Wind an. Ahnungslos zuckte Manuel die Achseln. "Über die Mauer?", schlug ich vor, doch der Größere schüttelte seinen Kopf. "Dafür sind sie zu nah." mit dem Finger deutete er auf die Uniformierten, die uns in halsbrecherischen Tempo verfolgten. "Könnt ihr keine Wand erschaffen? Irgendwas in die Richtung?" Wieder eine Ablehnung. "Verbraucht zu viel Kraft." "Wir müssen klettern!" rief die Schwarzhaarige also, verschnellerte ihr Tempo und sprang gegen den Stein. Mit flinken Bewegungen zog sie sich hoch, Dann ergriff sie meinen Arm und half mir hinauf zu kommen. Meine Muskeln brannten und als ich an der Mauer abrutschte, schürfte ich mir meine Handflächen auf. Ein schneller Blick über die Schulter zeigte mir, dass uns die Soldaten beinahe eingeholt hatten. In kürzester Zeit würden sie meine Beine greifen können.

Vermutlich gab mir das den nötigen Adrenalinschub, um mich hoch stemmen zu können. Kaum das ich auf dem dicken Schutzwall angekommen war, half die Hexe meinem Freund, es war, als würde die sich die Sekunden wie Jahre strecken. Manuel griff meine Hand, war beinahe oben, als sich ein langer Mann in blau goldener Uniform an seinen Fuß hängte. Roxane ließ ihn los, feuerte eine Salve blutroter Geschosse auf den Mann der königlichen Garde. Dieser wurde von dem Braunhaarigen weg katapultiert, landete einige Meter weiter auf seinem Rücken. Ein ekelerregendes Knacken ertönte, als er auf den gefrorenen Boden aufkam, vermutlich mussten mehrere seiner Knochen daran glauben. 

"Wir haben keine Zeit, los, springt!", rief die Grauäugige. "Das geht mindestens vierzehn Meter in die Tiefe, da können wir doch nicht runter springen!", antwortete ich panisch. "Hast du eine bessere Idee?", keifte sie und schaute mich mit bedrohlich funkelnden Augen an. Den Augen einer Mörderin. "Wenn wir bis zur nächsten Brücke laufen und dort springen?", meinte ich verängstigt. Kurz bekam ich keine Antwort. Es war, als würde sie den Fehler in meiner Aussage suchen. "Ja, das klingt möglich.", stimmte sie dann zu, "Wir müssen uns aber sputen und Unauffälligkeit wäre auch von Vorteil." 

Also rannten wir geduckt die Schlossmauer entlang. Auf der rechten Seite das Schloss, in dem eine Meute an Soldaten wartete, auf der Linken ein tiefer Abgrund. Die unter dem Schnee liegende Eisschicht macht das Gestein rutschig, zweimal verlor ich beinahe den Halt, wurde jedoch beide Male von Manuel gehalten. 

Zu unserem Glück war der nächste Ausgang nicht allzu weit entfernt und kam relativ schnell in Sicht. "Es scheint frei zu sein." Die Hexe drehte sich kurz zu uns um. "Ich gehe vor, ihr folgt mir, solang ich nicht aufgeschlitzt werde, verstanden?" Wir nickten. Sie tat, was sie sagte. Jedoch verzögerte Manuel ihren Plan, indem er mich zu sich zog und mir einen kurzen Kuss auf die Lippen drückte, der jedoch aussagender war, als viele zuvor. "Ich liebe dich, vergiss das nie.", raunte er mir ins Ohr und gab mir einen sanften Stups, sodass ich von der Mauer fiel.

Des Hexers Herz ° KürbistumorWhere stories live. Discover now