Kapitel 64 || Erste Nacht

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Mit einem spitzen Schrei landete ich neben Roxane auf dem kalten, schneebedeckten Stein. Der Beutel, der während des Fluges langsamer als mein Körper gewesen war, prallte schmerzvoll auf meinen Rücken.

"Was sollte das denn?", brüllte ich den Braunhaarigen an, der kurz darauf neben mir aufsetzte. "Du hättest alleine viel zu lange gebraucht.", kicherte er. Ich schnaubte abwertend. "Hätte ich nicht." Mir war klar, dass ich gezögert hätte, doch die Blöße dies zu zugeben wollte ich mir nicht antun. Der Hexer ließ mein Tun unbeantwortet, nahm wieder meine Hand und schleppte mich, wie auch zuvor, hinter der Grauäugigen her. Schnippisch schüttelte ich jedoch seine Finger von den Meinen. "Lass mich los." "Gut, wenn du es so willst." War das Einzige, was er mir darauf antwortete.

Als die Dunkelheit des Waldes uns verschluckt hatte und wir vorerst vor Blicken sicher waren, verlangsamten wir unser Tempo. "Kann einer von euch vorgehen? Ich kenne mich hier nicht so gut aus.", fragte die Schwarzhaarige mit einem bestimmenden Ton. Ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen, ging Manuel etwas schneller. Ein Stich ins Herz.

So wanderten wir zwischen den Bäumen hindurch, während die Sonne sich immer weiter zum Horizont neigte.

Am frühen Abend hörte man endlich das Plätschern der Dalymee und das Wiehern unserer Pferde. Wir hatten den ganzen Weg über kein Wort gesprochen. Die Stimmung war bedrückend. Manuel war beleidigt, da ich seine Annäherungsversuche dermaßen abgeblockt hatte, ich war immer noch sauer, da er mich von dem Gemäuer geschubst hatte. Roxane war gerade nicht sonderlich gesprächig und wusste, dass wir jeden Versuch Kontakt aufzubauen abgeblockt hätten.

Das Einzige, was mich tatsächlich aufheitern konnte, war der Anblick Dorchadas's und des Essens, welches wir als Proviant mit genommen hatten.  

Wir aßen nur schnell und wenig, dann setzten wir uns auf die Pferde und ritten los in Richtung Nordwesten.

"Wann plant ihr eine Pause ein?" erkundigte sich die Schwarzhaarige und drehte sich leicht zu mir um, der Grünäugige ritt vor ihr. "Jetzt? Ich bin wirklich erschöpft, ich denke, dass es für uns alle gut wäre, wenn wir uns etwas ausruhen würden." Sie nickte und da auch Manuel nichts dagegen einzuwenden hatte, hielten wir auf einer kleinen Lichtung an.

Ich schwang mich von dem Rücken meines Pferdes, doch entgegen meiner Erwartungen landete ich nicht sicher auf dem Boden, sondern fiel fast hin. Die Hexe, welche kurz zuvor neben mir ihren Grauschimmel angebunden hatte, packte meinen Arm und lächelte mich leicht an. "Pass auf dich auf." Dann kramte sie vier dicke Decken hervor und drückte mir diese in den Arm. "Leg sie am besten dort drüben hin, ich werd gleich dafür sorgen, dass wir nicht erfrieren. Wie mir geheißen ging ich zu der Stelle, auf die sie gedeutet hatte, ließ die Decken jedoch nicht fallen, da ich sie nicht nass machen wollte.

Während ich auf Roxane wartete, schweifte mein Blick zu dem Hexer er saß etwas abseits auf dem Boden. Um ihn herum schien sich eine Glocke der Wärme gebildet zu haben, denn der Schnee war im Umkreis von einem Meter geschmolzen.

"Traton midije..." Ein fremdartiges Murmeln erklang neben mir, riss meine Aufmerksamkeit von dem Langhaarigen. Roxane hockte links von mir und zog mit dem Fingerspitzen eine Form um uns, die man nicht wirklich als Kreis betiteln konnte. "Sigmi." Der Schnee, der auf der Fläche lag, die sie umrundet hatte, schmolz augenblicklich und es wurde wohlig warm. "Ein angenehmer Schlafplatz, bitte sehr." Sie grinste mich an, nahm mir zwei der Decken ab und bereitete sich ein Nachtlager vor.

Auch wenn es verhältnismäßig bequem war, konnte ich nicht schlafen. Die Ereignisse des Tages schwirrten mir im Kopf herum, auch Manuel ließ mir keine Ruhe. Immer wieder huschte mein Blick zu ihm, doch es war zu dunkel, um etwas erkennen zu können. Ich hinterfragte mein ganzes Tun, gerade weil wir uns in letzter Zeit so oft stritten. Ob es sich gelohnt hatte nur für ihn meinen Lebensstandard aufzugeben? Noch konnte ich zurückkehren und sagen, dass er mich verhext hatte.



Das war der letzte Teil von der letzten Lesenacht dieser Geschichte.
Ich hoffe, ich konnte euch unterhalten. Schlaft gut und bis übermorgen.

Des Hexers Herz ° KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt