20. Kapitel

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Paar Tage sind vergangen und Ömer geht es soweit wieder gut. Seine Wunde heilt zwar sehr langsam jedoch ist das völlig normal. Schließlich war eine Kugel darin. Es hat sich auch nicht all zu viel verändert, nur zwischen Ömer und mir ist es etwas komisch...anders. Er sieht mich irgendwie nicht mehr nur mit seinen berühmten kalten und desinteressierten Blicken an. Manchmal steckt in seinen Blicken Interesse, das gegenüber mir ist. Aber vielleicht bilde ich mir das auch nur ein, da ich es gerne so hätte. Aus diesem Grund will ich mich nicht in etwas hineinsteigern ohne Klarheit zu haben. Jedenfalls verstehen wir uns besser und gehen uns nicht mehr so oft wie davor gegenseitig auf den Sack. Jedoch ist dies trotz dessen nicht unvermeidbar, denn so intensiv und anders im positiven Sinne er mich auch ansieht, kriege ich dennoch seine kalten und leeren Blicke genauso noch zu spüren.

Ich bin gerade mit ustura im Wald spazieren. Der einzige Ort an dem ich mich alleine frei aufhalten darf. Liegt daran, dass sich in der Gegend nur das Grundstück von Ömer und daneben ein riesengroßer Wald befindet, sonst nichts. Diese ist sehr abseits gelegen. Eine Flucht von hier, von Ömer und von dieser Gefangenschaft ist demnach nahezu unmöglich. Die nächste Stadt ist erst mit dem Auto schnell und mühelos erreichbar. Andernfalls wird es schwer.

Nichts desto trotz genieße ich die Ruhe und die Natur. Ich liebe es einfach Zeit für mich zu nehmen und spazieren zu gehen. Die frische Luft, der Wind, welcher meine welligen Haare durcheinander bringt und das Nachdenken - es tut mir so gut. Begleitet von dem Vogelgezwitscher und dem Windgeräuschen komme ich runter und kann mich trotz meines Umstandes in Ruhe entspannen. Es ist fast schon wie Therapie für mich.

Während ustura sich austobt und den Stöcken, die ich in die Weite werfe, folgt und sie mir immer wieder zurückbringt, schaue ich die ganze Zeit auf die Karte, welche ich in meiner Hand habe, an. Die Visitenkarte meines Vaters. Ferhat Sayer. Ich kämpfe mit den Gedanken ihn anzurufen, ein Treffen mit ihm zu vereinbaren und ihm dann alles zu erzählen. Jedoch habe ich Angst, dass Ömer ihm dann etwas antun wird. Außerdem fehlt mir ehrlich gesagt auch selbst der Mut dazu....

Die Sehnsucht zu meinem Vater steigt hingegen von Tag zu Tag immer mehr. Wie gern ich ihn jetzt bei mir hätte. Mich an ihn schmiegen wollen würde. Ich glaube auch nach wie vor nicht daran, dass er Ömer irgendetwas angetan hat. Er ist einfach viel zu gut für diese Welt. Und die Tatsache, dass er mich verlassen hat, hat einen bestimmten Grund. Ich muss das ömer auch aufjedenfall beweisen, nur komme ich nicht um ein Treffen drumherum, schätze ich.

„Sahra!", höre ich plötzlich seine Stimme hinter mir. Sofort stecke ich die Karte unauffällig jedoch etwas dusselig in meine Jackentasche, denn ich bin kurz davor gewesen sie fallen zu lassen. Dann drehe ich mich zu ihm um und sehe ihn grimmig an.

„was suchst du denn hier? Du musst eigentlich zuhause sein und dich noch so gut es geht ausruhen!", schimpfe ich schon fast mit ihm.

„sei leise und setz dein Weg fort!", sagt er nur augenverdrehend und geht an mir vorbei. Dabei wirft er diesmal ein Stock, welchen ustura direkt folgt und es ihm wieder zurückbringt.

„guter Junge!", lobt ihn Ömer kurz und streicht durch sein Fell. Ich dackel ihm nicht so erfreut hinter her bis wir nebeneinander am gehen sind.

„kannst du nicht wann anders spazieren gehen, wenn ich nicht gerade dabei bin?", frage ich ihn kurze Zeit später etwas angepisst. Denn ich wollte eigentlich mal alleine ein ohne jemanden von denen und schon gar nicht ömer an meiner Backe zu haben.

„nein.", kommt nur kurz von ihm.

„wieso? Kannst du nicht ohne mich?", provoziere ich ihn und lache kurz auf, denn ich finds irgendwie grad witzig.

„das fragst du jemanden, der dich liebend gerne umgebracht hätte."

„und wie ist es jetzt? Würdest du mich immernoch gerne umbringen?", frage ich zögerlich und beiße mir kurz auf die Unterlippe.

ÖMRADonde viven las historias. Descúbrelo ahora