~dua puluh tiga~

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Nervös sehe ich Lydia an und warte auf ihre Reaktion. Bei dem Gedanken daran, sie könnte es meinen Eltern erzählen, wird mir übel. Plötzlich lächelt sie. "Klingt vielleicht dumm, aber ich wollte schon immer einen schwulen Kumpel haben." Fassungslos sehe ich sie an. "Du findest es nicht schlimm?" frage ich und sie lacht. "Dachtest du, ich bin homophob? Im Gegenteil, Alec. Ich finde es super." Erleichtert lache ich nun auch. "Oh Gott, du glaubst gar nicht, was mir für ein Stein vom Herzen fällt." Sie zwinkert mir zu. "Wollen wir noch was trinken gehen?" Ich nicke und wir gehen in ein nahegelegenes Café.

Als wir uns gegenüber sitzen, lächelt sie mich erneut an. "Wer hätte das gedacht. Als meine Mum verkündet hat  ich soll mit dir ausgehen, hätte ich heulen können. Und nun werden wir vielleicht sogar Freunde." Ernst sehe ich sie an. "Das löst allerdings nicht unsere Probleme." seufze ich. "Das stimmt, aber es erleichtert die Sache ungemein. Ich meine, du könntest mein Alibi sein und ich deins."
Sofort kehrt die Traurigkeit in mir zurück. "Das wird nicht nötig sein." murmel ich und sie greift nach meiner Hand. "Erzähl mir ruhig alles, Alec. Ich werde es niemandem sagen. Versprochen."

Einen Moment lang, sehe ich sie nur an. Ihre Augen sehen freundlich aus und ihr Lächeln ist echt, also hole ich tief Luft. "Erinnerst du dich noch an Magnus?" Sie nickt eifrig. "Ja. Der Junge aus Indonesien. Ich hab mich leider nicht mit ihm unterhalten können, dabei wäre das sicher interessant gewesen und....oh." Sie erstarrt. "Er ist es, den du liebst." schlussfolgert sie und als ich nicke, pfeift sie anerkennend durch die Zähne. "Geschmack hast du, Lightwood. Er ist heiß. Mag er dich auch?" Ich fahre mir mit der Hand durch mein Gesicht. "Ich weiß es nicht. Eigentlich ja, aber das ich heute mit dir ausgehe, hat ihn sehr verletzt, dabei habe ich ihm noch heute Morgen versprochen, genau das eben nicht zu tun. Ich hab es kaputt gemacht, alles was wir hatten." Mitleidig sieht sie mich an. "Aber warum wenn er doch weiß, dass du nicht auf Frauen stehst?" Ich seufze. "Ich denke, es geht eher darum, dass ich immer brav das mache, was meine Eltern von mir verlangen, statt nein zu sagen und zu ihm zu stehen."

"Ich verstehe. Das Gleiche diskutiere ich auch immer mit Hodge. Er will offiziell mit mir zusammen sein. Redet von Hochzeit und unserer gemeinsamen Zukunft.  Versteh mich nicht falsch, Alec aber ich weiß nicht, ob ich bereit bin, alles aufzugeben. Ich liebe ihn aber ich kenne nunmal kein anderes Leben, als das, was ich habe. Es dauert noch ein halbes Jahr, bis ich achtzehn werde und eigene Entscheidungen treffen kann. Das Alles macht mir eine Scheiß Angst." Ich drücke nun ebenfalls ihre Hand. "Ich verstehe dich sehr gut. Magnus und ich kennen uns kaum, aber am liebsten würde ich sofort mit ihm abhauen. Da kommen aber Fragen auf. Wohin sollen wir gehen und wovon leben? Ich werde nächsten Monat volljährig und er wird in zwei Monaten neunzehn. Wir sind beide noch in der Schule und wollen danach studieren. Wovon sollen wir leben, wenn ich mit ihm gehe?"

Lydia und ich sitzen noch sehr lange beieinander und reden über unsere Ängste und Bedenken. Beide sind wir uns sicher unsere Partner zu lieben, aber wir sind auch beide ebenso planlos, was die Zukunft angeht. Als ich mit dem Auto vor ihrem Haus anhalten  bleibt sie noch einen Moment sitzen. "Klär das mit Magnus. Erzähl ihm von unserem offenen Gespräch und das zwischen uns beiden nichts läuft. Er wird es verstehen." Ich nicke, wenn ich auch davon überzeugt bin, dass er mir keine weitere Chance geben wird, mich zu erklären.

Kurz nehme ich sie in den Arm. "Danke, Lydia. Es war ein wirklich schöner Abend." Wir lächeln uns an und sie hält mir die Hand hin. "Freunde?" fragt sie und ich schlage ein. "Freunde." erwidere ich.

Auf dem Weg nach Hause, bin ich schon fast euphorisch. Ich werde sofort mit Magnus reden und ihm versichern, dass ich nur ihn liebe und mich in Zukunft auch mal gegen meine Mutter stellen werde. Es wird Zeit erwachsen zu werden.

Froh endlich da zu sein, gehe ich ins Haus und sofort die Treppen hoch, um zu Magnus zu gehen. Ich hole tief Luft und mache seine Zimmertür auf. "Magnus, wir müssen reden." starte ich, um im höchsten Moment wie erstarrt im Türrahmen zu stehen. Das Zimmer ist leer, als wäre nie jemand hier gewesen. Keine persönlichen Dinge schmücken den Raum, keine Anziehsachen, die herum liegen, kein Buch, einfach gar nichts. Nur der leichte Geruch nach Sandelholz verrät, dass er hier war.

"Alec?" Ich fahre herum und sehe in die Augen meiner Schwester. "Wo ist er?" frage ich panisch und sie schüttelt den Kopf. "Lass uns in dein Zimmer gehen." zischt sie leise und zerrt an meinem Ärmel. Dort angekommen, wiederhole ich meine Frage. "Izzy, sag mir bitte, wo er ist." Sie seufzt und setzt sich auf mein Bett. "Er wollte nicht bleiben, ich habe alles getan. Das musst du mir glauben." Ungläubig sehe ich sie an. "Was ist passiert?" frage ich.

"Als du weg warst, ist er runter gekommen und hat sich mit Mum gestritten. Er hat gesagt, dass er es hier nicht mehr aushält und das sie ihn wie Dreck behandelt. Das sie respektlos mit Menschen umgeht und er sofort gehen will. Mum war sprachlos, stell dir das mal vor. Magnus hat die Organisation angerufen und alles geschildert. Sie haben ihn sofort abgeholt und Mum und Dad gesagt, dass sie nie wieder jemanden an sie vermitteln. Es war chaotisch hier und es ging alles so schnell." Meine Knie werden weich bei ihrer Schilderung und ich sacke auf dem Fußboden zusammen.

"Wo ist er jetzt, Izzy?" frage ich tonlos. Sie schüttelt den Kopf. "Ich weiß es nicht."
Mit diesen Worten brechen alle Dämme und ich beginne zu weinen. Ich weine um die Liebe, die ich verloren habe und Verzweiflung überkommt mich. Meine Schwester rutscht neben mich und nimmt mich in den Arm. Lautlos weine ich und sie hält mich fest.

I don't want to love you  A Malec Story Where stories live. Discover now