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Gähnend streckte ich mich und öffnete langsam meine Augen. Es war das letzte Mal, dass ich hier aufwache. Ab Morgen werde ich für wer weiß wie lange aus wer weiß welchem Grund erstmal eine Weile in einem bescheuerten Jungeninternat aufwachen. Ja, Jungeninternat. Keine Ahnung wie mein Onkel und meine Tante daraufgekommen sind. Das einzige, was sie dazuzusagen haben ist, dass ich es noch früh genug erfahren und verstehen werde. Seufzend stieg ich aus meinem Bett. In welcher Welt würde es für mich einen Sinn ergeben auf ein Internat für ausschließlich Jungs zu gehen. Welcher Direktor erlaubt das überhaupt? Barfuß tapste ich zu meinem Kleiderschrank und zog mir meine letzten Klamotten, die noch nicht in meinem Koffer steckten an.

Nachdem ich meine Zähne geputzt und meine Kulturtasche gepackt hatte band ich meine Haare zu einem Dutt. Wir fahren fast sieben Stunden. Was war an dieser Schule so toll, dass wir den langen Weg auf uns nahmen? Kurz kam mir der Gedanke, dass sie mich einfach loswerden wollten, immerhin war es nichtmal eben um die Ecke. „Bist du soweit?“, wollte mein Onkel wissen und folgte mir die Treppe hinunter. Er klang schon so, als würde er sich freuen mich dort abzusetzen. „Mhm.“, summte ich nur. Vor unserer Haustür hatten sich ein paar meiner Freunde versammelte. Ich hatte nicht besonders viele, aber dafür echte auf die ich mich immer verlassen konnte. Leider befürchtete ich nur, dass wir den Kontakt verlieren werden.

Weil dieses Internat nicht einmal eine Internetseite besaß ging ich davon aus, dass es dort entweder ein striktes Handyverbot oder keinen Empfang gab. Nacheinander verabschiedete und umarmte ich meine Freunde und stieg schließlich ins Auto. So gut es ging hatte ich meine Tränen unterdrückt um es nicht noch schwerer zu machen, aber bereits nach zehn Minuten liefen die Tränen wie ein Wasserfall. „Beruhig dich Liebling, du wirst sie wieder sehen.“, redete meine Tante vom Beifahrersitz auf mich ein und tätschlte mir auf dem Bein herum. „Und was, wenn nicht?“, weinte ich und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Ich wollte sie nicht verlieren. Wir sind so oft umgezogen und endlich sind wir mal irgendwo länger als ein Jahr geblieben, sodass ich richtige Freundschaften finden konnte.

Und jetzt heißt es wieder umziehen. Und dieses Mal nicht Mal mit ihnen zusammen, nein, sie lassen mich einfach alleine in diesem Jungeninternat. Wie konnte ich da nicht in Selbstmitleid versinken? „Du wirst sie wiedersehen. Außerdem darfst du das Internatshaus bestimmt auch Mal übers Wochenende verlassen und deine Freunde treffen.“, wollte sie mich weiter aufmuntern, aber das "bestimmt" verunsichert mich nur noch mehr. Wenn sie mich dahin schicken sollten sie doch wenigstens wissen wie die Regeln da für sowas sind. „Ja, bestimmt.“, nuschelte ich und stöpselte mir meine Kopfhörer in die Ohren. Möglicherweise werde ich das die nächsten Wochen? Monate? Jahre!? nicht mehr tuen könne, dann wollte ich es wenigstens noch auf der Fahrt genießen mich von der Musik in eine andere Welt ziehen zu lassen.

„Y/N, Schätzchen, wir sind da.“, verkündete meine Tante und rüttelte mich an meiner Schulter wach. „Und du bist sicher, dass das hier richtig ist?“, zweifelte mein Onkel, jedoch noch etwas und sah sich um. Viel war wegen des dichten Nebels allerdings nicht zu erkennen. „Das ist die Adresse die sie mir gegen hat.“, meinte meine Tante daraufhin, sah sich aber ebenfalls etwas verunsichert um. Erst jetzt wagte auch ich einen Fuß auf den schlammigen Erdboden zu setzten. „Das sieht aus wie Burgschreckenstein.“, scherzte ich, aber wahrheitsgemäß und beäugte das riesige Gebäude. Es war alt, keine Frage. Nur wie alt? Gibt es da nicht eine Einsturzgefahr oder sowas? „Da kommt doch jemand.“, bemerkte mein Onkel und deutete in Richtung des Tores, von wo eine männliche Gestalt sich uns näherte.

Ängstlich versteckte ich mich hinter meiner Tante, die meine Hand ergriff. „Guten Tag. Das meine Nichte Y/N. Ihre Mutter-“, der Fremde unterbrach sie:„Ich weiß wer sie ist.“ Er wusste wer ich war? Nun machte er mir nur noch mehr Angst.  „Y/N, kommen Sie sonst verpassen Sie das Abendessen.“, forderte seine tiefe Stimme mich auf und hielt mir seine Hand entgegen, als ob ich sie einfach annehmen würde. Verwirrt starrte ich diese an. „Okay, lassen wir das lieber.“ Er klatschte in seine Hände, woraufhin ein junger Mann aus dem Nebel trat. Wo kam der denn plötzlich her? „Namjoon und Seokjin werden dir alles zeigen.“ Erst jetzt bemerkte ich die weitere Person, die soeben mein Gepäck aus dem Kofferraum geholt hatte. Erschrocken zuckte ich zusammen.

Ich wollte etwas sagen, da ich es bevorzugte meine Sachen selber zu nehmen, jedoch hielt ich es gerade nicht für angemessen. „Na los, verabschiede dich.“, machte er nun Druck klang aber trotzdem immernoch sanft dabei. Es blieb mir kaum Zeit mich richtig zu verabschieden und auch wenn ich sauer auf die beiden war, dass sie mich einfach von zu Hause wegschicken rollte die ein oder andere Träne über meine Wange. Prompt wischte ich sie weg und folgte den beiden Jungs ins Internat. Die beiden liefen einige Meter vor mir, weshalb ich nicht verstand worüber die beiden tuschelten. „Wie alt ist das Gebäude?“, versuchte ich ein Gespräch zu beginnen, was ich schon im nächsten Moment beräute. „Ein paar hundert Jahre.“, beantwortete Namjoon meine Frage und beide blieben stehen, um auf mich zu warten.

Seokjin hielt uns die schwere Holztür auf und ich trat nach Namjoon ein. Wir brachten mein Gepäck in mein Zimmer, was ich zum Glück mit niemandem teilen musste. Es war riesen groß und verfügte sogar über ein eigenes Badezimmer, ein Doppelbett sowie einen eigenen kleinen Balkon. Bei dem schlechten Wetter werde ich diesen allerdings wohl eher weniger benutzen. Danach führten die beiden mich nur durch den Internatsflügel, weil der Schulteil nicht mehr geöffnet war. Als wir zurückkamen packte ich meine Sachen aus und ging direkt zum Abendessen in die Mensa.

ɪᴛ'ꜱ ᴛᴏᴏ ᴇᴠɪʟ » ʙᴛꜱ ᴠᴀᴍᴘɪʀᴇ ꜰꜰ ✔Where stories live. Discover now