18. Nachhilfe für Lotta

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Ich keuchte auf, als mein Kopf zur Seite geschleudert wurde und ich stolperte vom Stuhlbein, auf dem ich gestanden hatte gegen den Tisch, der nach vorne verrutschte.
Meine Wange brannte wie Feuer und alle, die schon da waren, starrten Kalle geschockt an.
Mein Plan hatte funktioniert. Es war sogar schneller gegangen, als ich erwartet hätte.

,,Du findest besser schnell raus, wem du hier gehorchen musst oder du wirst es bereuen", sagte Kalle drohend. Dann zog er mich mit sich zu seinem Platz.

Ich schielte zu Leni. Sie sah besorgt aus, hielt aber beide Daumen in die Höhe.
Das hieß, es hatte funktioniert.

In der Mittagspause sah wir uns das Video an.
Es war gut geworden. Man konnte sogar den Ton gut hören.

Frederik betrachtete das Video.
,,Mensch Liz, das hätte ich dir echt nicht zugetraut."
,,Elizabeth."
Ich hatte das Gefühl, dass alle Personen, die ich traf, etwas gegen meinen vollen Namen hatten.

,,Entschuldigung Queen Elizabeth."
Ich verdrehte die Augen. Frederik war mindestens genau so schlimm wie Jonathan.

,,Aber das ist das perfekteste Video, dass wir zeigen können! Dann müssen uns die Lehrer glauben. Vor allem weil der Rektor strikt gegen Gewalt ist."
Leni hatte wieder auf den Tisch geschlagen.
Dabei war ihr Mäppchen heruntergefallen.
Katrin hatte es eben noch auffangen können und stellte es wieder hin als wäre nichts gewesen.

,,Schaut mal, da ist unser Oberlackaffe."
Leon deutete auf einen Jungen mit schwarz gefärbten Haaren, der am anderen Ende des Aufenthaltsraums während der Mittagspause herumstolzierte.
Das war Crimson. Ein Kumpel von Kalle.

Er trug eine verspiegelte Sonnenbrille und eine offene schwarze Lederjacke. Sein Grinsen war hundert Prozent angeberisch.

Ich nahm einen Schluck aus meiner Flasche.
,,Wie heißt er eigentlich wirklich?"

Leni zuckte die Schultern.
,,Keine Ahnung. Er hat sich in der fünften Klasse mit Crimson vorgestellt und einen anderen Namen haben wir nicht einmal von den Lehrern gehört."

Ich betrachtete seine schwarze Kleidung.
,,Er weiß aber schon, dass Crimson so viel wie rot heißt?"

Frederik verschluckte sich. Leni wollte ihm auf den Rücken klopfen, doch er duckte sich.
,,Der? Machst du Witze? Crimson kann froh sein, dass er nicht wegen Englisch sitzen bleibt."

,,Warum nennt er sich dann so?"

Leon kicherte.
,,Ich weiß nicht, ob er das je vor der Klasse erzählt hat, aber Tyler hat mir mal verraten, dass er sich so nennt, weil er denkt, dass es heißt, dass er der Sohn von einem Kriminellen ist. Crimson.
Und das findet er wohl cool."

Frederik, Leni und ich starrten Leon an.
Katrin trank gelangweilt aus ihrer Kaffeetasse.
,,Nicht sein Ernst!?" Frederik und Leni starrten ungläubig zu Crimson hinüber, der nun angefangen hatte mit einem Mädchen zu flirten.
Dabei hatte er den einen Fuß auf den Tisch gestellt.

Ich sah ihn an. Crimson.
Ein Prusten kam über meine Lippen. Dann platzte es aus mir heraus und ich musste lachen.
Alle am Tisch fielen mit ein.

,,Du siehst hübsch aus, wenn du lachst", stellte eine Stimme hinter mir fest. Ohne mich umzudrehen wusste ich, dass es Jonathan war.

Ich drehte den Kopf nach hinten. Neben ihm standen Robin und Moni.
Moni lächelte schüchtern.
Robin wandte den Blick ab.

Moni. Sie hatte immer zu mir gehalten. Und wenn ich ehrlich war, war ich irgendwie wirklich gemein gewesen.
Ich lächelte zurück.

,,Die Frisur steht dir", meinte Jonathan und grinste sein Jonathan-Lächeln.
Frech aber immernoch irgendwie nett.

,,Danke."
Ich fuhr mir durch die offenen Haare.
Ohne Spiegel brachte ich einen ordentlichen Dutt nicht zustande und Klemmen hatte ich auch nicht da, deswegen hatte ich sie offen gelassen.

Die drei setzten sich zu uns an den Tisch.
,,Und? Wie läuft es mit dem Beweise sammeln?"

Jonathan griff nach meinen Keksen, doch ich schlug ihm auf die Finger.

,,Gut. Wir haben ein perfektes Video. Liz hat sich dafür freiwillig als Opfer gestellt."
Leni griff sich einen von Frederiks Keksen. Der bekam es gar nicht mit, da er sein Handy herauszog, um das Video zu zeigen.

Erst jetzt bemerkte ich, dass Robin und Jonathan mich anstarrten.
In Robins Blick lag Unglauben. Vermutlich darüber, dass ich mich ohne Widerstand Liz nennen ließ und wohl nicht so asozial war, wie er gedacht hatte. Irgendwie gefiel es mir, ihn zu überraschen.
Vielleicht war ich gar nicht so asozial.

In Jonathans Augen las ich etwas Erstaunliches.
War das Besorgnis?
Seine blauen Augen schimmerten, als er das Video ansah, dann blickte er auf meine Wange, die längst nicht mehr rot war.

Er sagte nichts, aber ich merkte, was in ihm vorging.
Das merkte ich bei anderen Menschen sonst kaum.
Was machte Jonathan mit mir?
Ich schüttelte den Kopf.
Dieser Junge verwirrte all meine Logik auf einmal.

,,Das ist ein exzellenter Beweis", stellte Leni nicht zum ersten Mal fest.
Leon und Frederik lachten darüber, dass Crimson gerade von der Putzfrau schimpfend vertrieben wurde, die danach die Dreckspuren seiner Schuhe auf dem Tisch abwischte.

In der nächsten Woche bekamen wir eine Arbeit zurück, die wir vor zwei Wochen geschrieben hatten.
Ich war nicht Klassenbeste. Es wurmte mich aber nicht sehr, denn ich wusste, dass es auch Kalle nicht war, sondern Katrin.

Um Lotta machte ich mir fast ein wenig Sorgen, da sie mit einem Blick auf ihr Blatt starrte, als würde von dort eine dreiköpfige Schlange zurückstarren.
Als Kalle den Klassendurchschnitt vom Lehrer gehört hatte, hatte er auch sofort zu Lotta gesehen.

Das würde vermutlich Ärger für sie geben.

Und tatsächlich fand ich sie nach der ersten Pause im Mädchenklo.
Sie heulte laut vor sich hin. Es war ein Wunder, dass sie bis jetzt niemand gehört hatte. Oder vielleicht hatte es auch einfach niemanden interesiert.

Ich klopfte an die Tür.
,,Lotta?"
,,Liz!"

Sie öffnete die Tür.
Dann warf sie sich mir weinend in die Arme. Ich wich zurück.
Soziales war ganz und gar nicht meins.
Etwas hilflos tätschelte ich ihr den Kopf.

Als sie sich beruhigt hatte, sah sie mit verheultem Gesicht zu mir.
,,Kalle hat Crimson gesagt, er soll mir eine runterhauen."

An ihrer Wange sah ich einen großen blauen Fleck.
Ich schüttelte den Kopf. Was für miese Typen.

Flehend sah Lotta mich an.
,,Du bist doch so gut in der Schule. Kannst du mir nicht Nachhilfe geben?"

Erstaunt sah ich sie an.
,,Ich?"
Lotta nickte heftig.
,,Bitteee!"

Ihre hellen grünen Augen starrten mir fast ein Loch in den Kopf.
,,Ok, in Ordnung. Aber wenn du es nicht schaffst, dann mach ich nicht weiter."
Lotta nickte heftig.

Dann schlang sie wieder die Arme um mich .
,,Danke Liz!"

1050 Wörter

Fünf im Kopfحيث تعيش القصص. اكتشف الآن