31. Es tut mir leid.

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Am nächsten Morgen wurde ich von den Sonnenstrahlen geweckt, die durchs Fenster schienen.

Müde drehte ich meinen schmerzenden Kopf Richtung Fenster und bemerkte die hellblauen Blumen, die auf dem Tisch neben dem Bett standen.
War Moni schon hier gewesen?

Ich drehte den Kopf und zuckte zusammen, als ich bemerkte, dass jemand mit dem Rücken zu mir am Fenster stand und hinaussah.
Der Junge war etwas größer als Jonathan und hatte dunklere Haare und ich wusste, wenn er sich umdrehen würde, würden seine grünen Augen mich finster anfunkeln.

Er drehte ich aber nicht um, obwohl er sicher schon gehört hatte, dass ich wach war.

,,Ich hab Moni doch gesagt, wenn sie kurz geht, wirst du genau dann aufwachen", murmelte er.
,,Was machst du hier?"

Robin versenkte die Hände tief in den Taschen.
,,Ich bin nur mit Moni hier."
Er stand immernoch umgedreht da.

,,Hast du Jonathan sich wieder für dich prügeln lassen oder stimmt es, was der Typ vom Eishockeyteam erzählt hat?"
Ich setzte mich gerade hin und sah auf meine bandagierte Hand.

,,Ich habe keine Ahnung, was Dean euch erzählt hat."
,,Er hat was davon geredet, dass Kalle rumgeschrien hat, dass du angefangen hättest und ihn geschlagen hättest, aber anscheinend hatte Jonathan danach nichts mehr damit zu tuen."
,,Stimmt."

Robin drehte sich langsam um.
,,Also stimmt es doch, dass du alles gestartet hast und Jonathan wegen dir hier liegt."
Ich zuckte schwach die Schultern.
,,Vielleicht ist es meine Schuld, weil ich nicht vorher zugeschlagen habe."

Robin sah mich an. ,,Wie meinst du das?"
,,Kalle hatte Jonathan schon...zu Boden getreten, bevor ich zugeschlagen habe. Ich wollte nur verhindern, dass er noch mal zutritt und Jonathan umbringt."

Ich krallte meine Hände in die weiße Decke. Vielleicht war es trotzdem zu spät gewesen. Die Übelkeit von gestern Nacht kroch langsam aber stetig wieder meine Speißeröhre hinauf.

,,Siehst du? Das hab ich dir doch gesagt", sagte eine weibliche Stimme plötzlich und löste Robin und mich aus unserer Starre.

Moni war mit zwei Bechern Kaffee in den Raum gekommen. Den einen stellte sie auf meinen Tisch, den anderen drückte sie dem sichtbar verdutzten Robin in die Hand.
,,Danke", sagten wir beide gleichzeitig.

Moni kam zu mir ans Bett. Sie schien noch ein bisschen zurückhaltend zu sein, aber ich konnte es ihr nicht verübeln.
,,Wie geht es dir?", wollte sie wissen.
,,Es geht", antwortete ich.
,,Aber was ist mit Jonathan?"

Moni schlug die Augen nieder und seufzte. ,,Leider nichts Neues. Er liegt immernoch im künstlichen Koma, wie du laut seiner Mutter ja schon gestern erfahren hast."

,,Und die anderen? Was ist gestern noch passiert?"
Moni überlegte kurz. ,,Es war alles ein bisschen verwirrend und viel."
Ich klopfte auf meine Bettdecke und sie setzte sich. Ich merkte, dass das beiden von uns unangenehm war, aber Moni begann einfach zu erzählen.

,,Also nachdem du und Jonathan nach drinnen verschwunden seid, was wir anfangs gar nicht bemerkt hatten, ist alles ein wenig ausgeartet, wenn nicht vorher schon. Der Typ, der die Tür zertrümmert hat, hat mir mitten im Anruf das Handy aus der Hand gerissen, was reingeschrien und es weggeworfen. Deswegen war die Polizei erst so spät da."

,,Und mein Handy ist jetzt kaputt", fügte Robin hinzu, dessen Anwesenheit ich beinahe schon wieder vergessen hatte.

,,Auf jeden Fall wurde es immer schlimmer und man wusste kaum noch, wer auf unserer Seite und wer auf der anderen ist. Die Leute haben sich wie es aussah einfach die Schädel eingeschlagen. Ich bin sicher, dass ein paar von Kalles Seite sich gegenseitig außer Gefecht gesetzt haben. Aber dann tauchte plötzlich Dean auf. Im Schlepptau hatte er euren Klassenlehrer, diesen Herrn Karlsen.

Der war total geschockt von dem Chaos, aber Dean hat ihn überredet, erstmal Kalle zu finden. Und dann kamen plötzlich Polizei und Krankenwagen gleichzeitig angefahren. Wir haben erst gar nicht begriffen, was los ist, als sie Jonathan und dich rausgetragen und Herr Karlsen Kalle wütend rausgezerrt hat.
Wir dachten, die Krankenwagen sind für die auf dem Hof.

Dean ist dann noch geblieben und hat uns ein wenig erklärt, was drinnen wohl passiert ist, während die Sanitäter die Schüler nacheinander versorgt haben."

Moni atmete tief durch. ,,Puh. Und hier im Krankenhaus sind außer dir und Jonathan noch dieser Jeremy, dem Leni ordentlich eins übergezogen hat, der Typ der die Scheibe in der Tür zerschlagen hat, weil er von Frederik was abbekommen hat, als er versucht hat, es Leni heimzuzahlen, ich glaube noch ein paar von diesen Typen und Crimson. Außerdem Frederik, aber ich weiß nicht, ob er inzwischen entlassen wurde. Der Rest konnte gestern schon mit leichten Verletzungen entlassen werden."

,,Du hast Nana vergessen", wandte Robin ein.
,,Was ist mit ihr?, fragte ich besorgt.
Moni nickte. ,,Stimmt. Nana hat Adrian vor Leon gerettet. Leon wollte ihn eigentlich mit dem Eishockeyschläger schlagen, aber sie...Nana war plötzlich so mutig. Sie ist dazwischen gegangen und hat den Schlag abgefangen. Dabei hat sie sich, soweit ich weiß, etwas gebrochen. Ich war noch nicht bei ihr, da wollte ich gleich noch hin."

Ich staunte. ,,Das hat Nana getan?"
Moni nickte. ,,Sie sah auf einmal aus wie ein anderer Mensch. Ich glaube, ihr liegt sehr viel an ihrem Bruder, auch wenn er sie nicht gut behandelt."

Immernoch baff nickte ich.

Dann schwiegen wir eine Weile.
,,Glaubst du, Jonathan wird dieses Mal wieder?", fragte Moni nach ein paar Minuten Stille.

Ich sah wieder auf die Bettdecke. ,,Ich weiß es nicht, aber ich hoffe es."

Moni lächelte mich an. ,,Das ist das erste Mal, dass ich solche Worte aus deinem Mund höre, Elizabeth. Jonathan muss dir wirklich etwas bedeuten."
Ich lächelte dankbar zurück ohne etwas zu antworten.

Dann nahm ich allen meinen Mut zusammen und schluckte meinen blöden Stolz hinunter.
,,Es tut mir leid, Moni."
Moni starrte mit großen Augen auf meine ausgestreckte Hand.

,,Es tut mir leid, was ich dir getan hab und immer nur an mich gedacht hab, obwohl du immer für mich da warst. Es tut mir wirklich leid, dass ich nie gesehen habe, dass du meine einzige Freundin warst."

Monis Augen wurden noch größer.
,,Elizabeth...ich..."
Aber sie ergriff meine Hand nicht.
Ich zögerte und senkte den Kopf.
,,Ich kann nicht versprechen, dass ich mich ändern oder großartig besser werden kann, aber ich werde mir Mühe geben."

Moni ergriff die Hand immer noch nicht.
Tränen sammelten sich in ihren Augen.
,,Gib mir einfach die andere Hand, du Dummkopf", lächelte sie unter Tränen. Ich bemerkte meine verbundene Hand und reichte ihr schnell meine Linke, die sie schüttelte und mir um den Hals fiel.

Mein Kopf ächzte empört und ich biss die Zähne zusammen.
,,Oh, tut mir leid." Moni sah verlegen zur Seite. ,,Macht nichts."

Robin kam näher. Er räusperte sich.
,,Ich bin zwar immernoch nicht davon überzeugt, dass du ein guter Mensch bist oder warst, so wie Jonathan oder Moni, aber wenn du wirklich versucht hast, Jonathan zu retten und dabei dein Leben riskiert hast, will ich mich auch bei dir entschuldigen, für das, was ich damals im Abstellraum zu dir gesagt habe. Ich persönlich glaube nicht, dass Jonathan diesen Plan erfunden hat, um dich bloßzustellen und ich kenne Jonathan gut."

Robin kniff die Augen zusammen, als er mir die Hand reichte. ,,Das heißt nicht, dass ich denke, dass du sonst alles richtig gemacht hast und wir jetzt beste Freunde sind. Solltest du Moni oder Jonathan in Zukunft nochmal verletzen oder sollte deine Geschichte über gestern nicht stimmen, wirst du ganz schnell erleben, was ich Leuten tue, die meinen Freunden wehtuen."

Ich nickte. ,,Danke", murmelte ich. Robin nickte und ließ meine Hand wieder los.

,,Können wir jetzt in die Cafeteria? Ich hab Riesenhunger!"
Moni lächelte entschuldigend. ,,Soll ich dir etwas mitbringen?"

Ich schüttelte den Kopf vorsichtig. ,,Nein danke."

In Gedanken versunken sah ich den beiden nach, wie sie den Raum verließen und nahm einen Schluck von dem Kaffee. Für Klinikkaffee schmeckte er gar nicht schlecht.

Fünf im KopfWhere stories live. Discover now