24. Eile ist geboten

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,,Elizabeth hast du mir zugehört?"
Ich sah von meinem Mathebuch auf und direkt in Kalles braune Augen.

,,Was ist?"
Kalle verdrehte die Augen.
,,Ich habe gefragt, wie es wäre, wenn du morgen mal bei mir vorbeikommst. Wir können zusammen lernen."

Das Funkeln in seinen Augen sagte mir, dass er das anders meinte.
,,Nein danke. Dienstags habe ich Eishockeytraining."

,,Das kannst du ausfallen lassen", sagte er ernst. Auf seiner Stirn hatte sich wieder eine steile Falte gebildet.
Ich sah wieder auf mein Buch.
,,Nein kann ich nicht. Diesen Freitag ist das Zwischenspiel", sagte ich kühl.

Kalle blätterte eine Seite in seinem Buch um und sah zu Adrian und Jeremy, die ihm gegenüber saßen.
Beide nickten zustimmend.

Kalle seufzte übertrieben, aber seine Augen funkelten wieder böse.
,,Wie schade. Dann werden wir am Freitag wohl alle anwesend sein müssen."

Er sah in die Runde, da ich nicht die einzige zu sein schien, die seine Anspielung nicht verstanden hatte.
Tyler lehnte sich über den Tisch.
,,Wat is los, Bro?"
Crimson lachte.

Ich hatte ein böse Vorahnung und Kalle schien sie bestätigen zu wollen.
,,Wir sollten denen, die kommen, zeigen, dass unserer Klasse gutes Benehmen auch auf einem Zwischenspiel wichtig ist."
Seine Augen glänzten.
,,Verschieben wir den nächsten Klassentag einfach um einen Monat nach vorne."

Ich zuckte zusammen und hoffte, dass Kalle das nicht bemerkt hatte.
Doch der war beschäftigt mit den anderen zu diskutieren.
Tyler war begeistert. ( ,,Jo Brudi, dann gibts Kuchen.")
Crimson grinste dämlich vor sich hin.
Adrian und Jeremy beratschlagten mit Kalle. Nur Hannes schwieg. Und ich.

Ich wusste nicht, ob es mich interessieren sollte oder nicht.
Ob Kalle gestoppt werden sollte oder nicht, ging mich nichts mehr an.
Robins Blicke in den letzten Tagen hatten alles gesagt.

Hasserfüllt, spöttisch, schadenfroh.

Es sollte mich nicht interessieren und ich wollte nicht, dass es mich interessierte, trotzdem fand ich mich in der Pause vor dem leeren Klassenzimmer der 10a wieder.

Ich hatte es, seit ich die Klasse verlassen hatte, nicht mehr betreten.
Alle anderen waren in der Pause.
Ich war noch nie in der Pause verboten drinnen geblieben. Obwohl das nun auch nicht mehr ging. Aber andere Klassenzimmer durfte man eigentlich nicht betreten.
Vielleicht war es das Verbotenste, war ich ja gemacht hatte, vielleicht war es einfach langsam nötig.

Langsam öffnete ich die Tür und sah mich um.
An meinem alten Platz stand jetzt Jonathans Rucksack.
Saß er jetzt dort? Das war doch eigentlich der Platz des Klassensprechers.

Ich zuckte die Schultern.
In meiner Tasche fühlte ich den Zettel, den ich am Anfang der Pause geschrieben hatte und schluckte.
Es war nur ein anonymer Hinweis, aber Jonathan wollte ich ihn nicht geben.
Er würde nur denken, ich hätte etwas für in übrig.
Ich musste unwillkürlich an den Abend denken, an dem ich Pami nach Hause gebracht hatte. Es war kein schlechter Abend gewesen. Aber das hieß ja noch lange nichts.

Aber mein Blick wanderte zu dem hellblauen Mäppchen, das auch lange Zeit auf meinem Tisch gestanden hatte.
Monicia hatte mir nie etwas getan und wenn man Robin glaubte, hatte sie ihn sogar gebeten, mir nichts zu tun.
Sie war naiv und kindisch. Aber lieb.

Vorsichtig schob ich den Zettel in ihr Mäppchen und verließ das Klassenzimmer so schnell ich konnte.

Flink kehrte ich zu unserem Klassenzimmer zurück, wäre kurz davor aber fast mit Frau Lorenz zusammengestoßen.

,,Elizabeth!" Überrascht sah sie mich an.
,,Tut mir leid, ich wollte gerade zurück in meine Klasse."

Die 11a durfte während den Pausen zum Lernen im Schulgebäude bleiben.

Frau Lorenz lächelte.
,,Alles in Ordnung, ich war nur überrascht dich mal wiederzusehen. Hast du dich in der 11a gut eingelebt?"

Ich dachte an Kalle, nickte aber trotzdem.
Frau Lorenz lächelte wieder.
,,Das ist schön zu hören. Seit Jonathan deinen Klassensprecherposten übernommen hat, ist es bei uns in der Klasse auch ein wenig lauter."

Jonathan war jetzt Klassensprecher?
Ich nickte aber nur.
Dann fiel mir ein, dass auch Frau Lorenz in den Plan gegen mich verwickelt gewesen war.
,,Ich muss dann auch zurück in die Klasse", sagte ich.

Frau Lorenz nickte.
,,Dann will ich dich nicht weiter aufhalten. Schönen Tag noch."

,,Ihnen auch."

Nachdenklich setzte ich mich auf meinen Platz.
War diese Aktion richtig gewesen?
Ich schloss die Augen.
Keine Ahnung. Und ausnahmsweise wollte ich es auch gar nicht wissen.

Am nächsten Tag war wieder Eishockeytraining und es lief tatsächlich gut.
Nur tauchte nach der Hälfte der Zeit ein altbekannter Jemand zusammen mit seinen Krücken auf.

,,Jonathan!", begrüßte Cora ihn überschwänglich und umarmte ihn.
,,Schön, dass du auch mal zu Besuch kommst!"
Jonathan lachte.

Auch die anderen Teammitglieder scharten sich nun um ihn, um zu fragen, wie es ihm ging.

Nur ich wusste nicht genau, was ich tuen sollte.
Ich war nicht sicher, ob Jonathan überhaupt wusste, dass ich ihn vertrat.
Zwar anfangs nicht ganz freiwillig, aber ich tat es.

Ich spielte mit dem Schläger ein paar Mal den Puck ins leere Tor, doch dann kam Cora und zog mich an der Hand vom Eis.

Ich wollte mich wehren, wäre dabei jedoch fast ausgerutscht.
,,Hey! Lass mich los!"

Aber Cora ignorierte mich.

,,Das hier ist deine Vertretung", sagte sie, nachdem sie mich vor Jonathan gezerrt hatte.

Ich trug noch den Helm und hatte den Kopf gesenkt, weswegen er mich vermutlich noch nicht erkannt hatte.

,,Nicht besonders gesprächig, der Neuzuwachs oder?", fragte Jonathan.

Er hatte mich also wirklich noch nicht erkannt.
Ich wusste nicht, ob mich das traurig machen sollte oder glücklich.

,,Du kennst sie sogar!", machte Cora weiter.
Jonathan zog die Augenbrauen zusammen und versuchte scheinbar durch den vergitterten Helm zu sehen.

,,Wirklich? Woher?"

,,Ich glaub, ihr seid oder wart Klassenkameraden."

Damit zog sie mir den Helm vom Kopf.
,,Darf ich vorstellen..."

,,Liz!"
Jonathan sah mich erstaunt an und ich sah zur Seite auf den Boden.
,,Elizabeth...", murmelte ich.

Cora grinste. ,, Genau. Siehst du, ihr kennt einander doch!"

Jonathan nickte. ,,Natürlich."
Aber darüber schien er heute genauso wenig glücklich zu sein wie ich.

Enttäuschte mich das etwa?
Die Gedanken an den Abend auf der Mauer schlichen sich in meinen Kopf.
Ich schüttelte ihn leicht und spürte wie ich wieder rot wurde.
Das war doch auch alles nur Intrige gewesen.

,,Liz, du bist so schweigsam heute."
Cora hielt immernoch meinen Helm im Arm, den ich ihr nun abnahm.
,,Sind wir nicht zum Trainieren hier und nicht zum Reden?"

Cora nickte und Dean, der gerade dazugekommen war, legte Jonathan die Hand auf die Schulter.

,,Und genau das solltet ihr jetzt wieder tuen. Ich hoffe die Spieltaktik sitzt, aber das wird sich jetzt ja zeigen. Abmarsch aufs Feld."

Ich zog meinen Helm wieder auf und sah aus dem Augenwinkel noch, wie Jonathan sich ernst an Dean wandte. In der Hand hielt er sein Handy und schien ihm ein Video zu zeigen.

Also hatten sie beschlossen, ihren Plan, genau wie Kalle seinen, vorzuziehen.

Fünf im KopfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt